UPDATE2: Heidelberger Druck sieht weiterhin schwieriges Umfeld

18.07.2008
(NEU: Weitere Aussagen Vorstand, Aktienkursverlauf)

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Von Alexander Becker

DOW JONES NEWSWIRES

MANNHEIM (Dow Jones)--Der Vorstandsvorsitzende der Heidelberger Druckmaschinen AG erwartet kurzfristig keine Besserung des zuletzt schwierigen Geschäfts. CEO Bernhard Schreier verwies am Freitag auf der Hauptversammlung des MDAX-Konzerns auf die "sehr schlechte" Branchenstimmung auf dem für das Unternehmen mit Abstand größten Einzelmarkt Deutschland. Vor den Aktionären verteidigte der Manager zwar die von zahlreichen Analysten als unzureichend bezeichneten Restrukturierungspläne, deutete aber zugleich eine mögliche Ausweitung dieser Maßnahmen an.

Heidelberger Druck hatte in den vergangenen Monaten wiederholt mit schwachen Zahlen enttäuscht. Im Frühjahr belasteten zwei Gewinnwarnungen innerhalb von wenigen Wochen das Vertrauen in das Management und in der Folge auch den Aktienkurs. In der vergangenen Woche musste das Unternehmen dann erneut unter den Erwartungen von Analysten und Investoren liegende Erstquartalszahlen 2008/09 melden.

Die Heidelberger-Aktie befindet sich angesichts der wiederholten Enttäuschungen seit Monaten in einem nachhaltigen Sinkflug. Das Papier verlor seit Jahresbeginn mehr als die Hälfte seines Wertes und entwickelte sich damit deutlich schlechter als der MDAX, der im gleichen Zeitraum lediglich um 15% nachgab.

Die Ausführungen des Managements auf der Hauptversammlung stießen bei den Investoren am Freitag auf negative Resonanz. Nach einem deutlichen Kurssturz am Morgen erholte sich die Aktie im weiteren Handelsverlauf wieder. Am Mittag notierte das Papier 3% im Minus bei 11,07 EUR. Zuvor hatte die Heidelberger-Aktie am Berichtstag bei 10,58 EUR oder einem Tagesverlust von 7,4% den tiefsten Stand seit dem Börsengang 1997 markiert.

Das Unternehmen habe viel Vertrauen vor allem bei den Investoren und den Analysten eingebüßt, hatte Schreier zuvor bereits in seiner Rede eingeräumt. "Und wir haben dafür harsche Kritik einstecken müssen. Diese Kritik ist angekommen und wir haben unsere Lehren daraus gezogen", so Schreier. Dieses verloren gegangene Vertrauen wolle Heidelberger Druck "durch die konsequente Umsetzung unserer Strategie und des Maßnahmenprogramms zur Kostenreduzierung wieder zurückgewinnen".

Dabei dürften sich die Rahmenbedingungen in der Branche zunächst nicht wesentlich verbessern. Das jüngste Quartal habe bereits ein deutliches Bild der Schwierigkeiten gezeichnet, mit denen sich Heidelberger Druck "im aktuellen Branchen- und Konjunkturumfeld auch mittelfristig konfrontiert" sehen werde, sagte der Manager. "Von der Marktseite her erwarten wir keine allzu großen Veränderungen der Rahmenbedingungen", sagte Schreier mit Blick auf die kurzfristigen Aussichten und die von Experten erwartete Abkühlung der Weltkonjunktur.

Darüber hinaus rechnet der Vorstandsvorsitzende in den kommenden Monaten weder mit einer signifikanten Veränderung bei den Wechselkursen zu Gunsten des Unternehmens noch mit einem spürbaren Rückgang der Rohstoff- und Energiepreise.

In der Druckindustrie gilt die Preislage nach wie vor als angespannt, und steigende Rohstoffkosten sind von den Konzernen meist nur schwer an die Kunden weiterzugeben. Zudem belastet die Unternehmen aus der Eurozone die Aufwertung der Gemeinschaftswährung. Anders als die boomende Maschinenbauindustrie kämpfen die Druckmaschinenhersteller auch mit strukturellen Problemen. Der Markt in den Industrieländern gilt als beinahe gesättigt.

Schreier verwies darauf, dass die Druckmaschinenhersteller ein konjunktureller Frühindikator für den Maschinenbau allgemein sind. "So wie sich Heidelberg entwickelt, wird sich auch der gesamte Maschinenbau entwickeln", so der Manager. "Wir wissen, wo die Konjunktur hingeht".

Auf dem für Heidelberger Druck wichtigsten Einzelmarkt Deutschland herrsche derzeit eine "sehr schlechte Stimmung" in den Druckereien, führte Schreier mit Verweis auf eine entsprechende Untersuchung des Bundesverbands Druck und Medien an. So sei der Stimmungsindikator hier zuletzt "regelrecht abgestürzt" und liege bei einem so negativen Wert wie seit Juli 2005 nicht mehr. Deutschland macht bei Heidelberger Druck etwa 15% des Jahresumsatz von zuletzt 3,67 Mrd EUR im Geschäftsjahr 2007/08 aus.

Heidelberger Druck hatte mit den Erstquartalszahlen ein Maßnahmenpaket als Reaktion auf die anhaltende Branchenschwäche angekündigt. Damit sollen die Kosten gesenkt und die Erlöse gesteigert werden. Mit kleineren Produktionsverlagerungen in die USA, die Slowakei und nach China sowie durch Abbau von rund 500 Stellen sollen die Kosten bis 2011 um rund 100 Mio EUR sinken. Die Erlösseite soll unter anderem durch eine stärkere Konzentration auf die wachsenden Schwellenländer und den Ausbau des konjunkturunabhängigeren Geschäfts mit Service und Verbrauchsmaterialien gestärkt werden.

Die meisten Analysten hatten sich kritisch zu dem Maßnahmenpaket geäußert. Sal.Oppenheim-Analyst Jürgen Wagner bezeichnete das Restrukturierungsprogramm als "nicht aggressiv genug". Nach Einschätzung von Andreas Willi, Analyst bei JP Morgan, bleiben die Pläne hinter dem zurück, was nötig wäre, um die Profitabilität des Unternehmens wieder herzustellen. JP Morgan hatte ihr Rating nach den Erstquartalszahlen auf "Underweight" von zuvor "Neutral" gesenkt.

CEO Schreier verteidigte nun jedoch seine Pläne vor den Aktionären. Auf mittlerer Sicht würden die angekündigten Maßnahmen dazu beitragen, die Kosten- und Erlösstruktur und damit auch das Ergebnis "spürbar zu verbessern", sagte der Manager. Ungeachtet der in vielerlei Hinsicht schwierigen Rahmenbedingungen sei er sicher, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben, so Schreier.

Schreier kündigte aber an, das Restrukturierungsprogramm gegebenenfalls auch ausweiten zu können. Sollten sich die Rahmenbedingungen zum Jahresende deutlich verändern, würde das Unternehmen "eine Phase zwei des Maßnahmenpakets einleiten". Bislang habe Heidelberger Druck aber noch keine Visibilität, wie sich die Rahmenbedingungen bis zum Jahresende entwickeln würden, bekräftigte Schreier frühere Aussagen.

Der Vorstand arbeite derzeit aber bereits an "Schubladenplänen", um entsprechend auf solche Entwicklungen reagieren zu können. Nähere Ausführungen dazu machte Schreier nicht.

Webseite: http://www.heidelberg.com - Von Alexander Becker, Dow Jones Newswires, +49 (0)89 5521 40 30 industry.de@dowjones.com DJG/abe/jhe/brb

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