Wer fälscht, fliegt raus

20.07.2006
Von Barth 
Wie jedes andere Vertragsverhältnis können auch Arbeitsverträge unter bestimmten Umständen angefochten werden. Gefälschte Arbeitszeugnisse können hierfür ein Grund sein, so Rechtsanwältin Judith Barth.

Um die Anfechtung eines Arbeitsvertrags zu begründen, müssen bestimmte Gründe vorliegen. Ein Grund kann der Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Arbeitnehmers sein (§ 119 Abs. 2 BGB). Der Arbeitgeber muss sich also über eine Eigenschaft des Arbeitnehmers geirrt haben, die ihm dauerhaft anhaftet (Beispiel: Alter, Sachkunde, Vorstrafen - nicht aber Schwangerschaft).

Eine Anfechtung kann auch wegen arglistiger Täuschung erfolgen (§ 123 BGB). Eine Anfechtung wegen Täuschung kommt in Betracht, wenn der Arbeitnehmer bei Vertragsschluss wichtige Informationen, für die eine Offenbarungspflicht besteht, zurückhält oder zulässige Fragen des Arbeitgebers falsch beantwortet. Hierbei muss für den Arbeitnehmer erkennbar sein, dass die falsche oder nicht gegebene Information für die Entscheidung über die Einstellung ausschlaggebend ist. Außerdem muss die Einstellung auf den durch die Täuschung hervorgerufenen Irrtum zurückzuführen sein.

Wird ein Arbeitsvertrag angefochten, so ist das Arbeitsverhältnis von Anfang an nichtig. Für die rechtlichen Konsequenzen ist zu unterscheiden, ob das Arbeitsverhältnis bereits in Vollzug gesetzt wurde oder nicht. Ist es noch nicht in Vollzug gesetzt, ist es schlicht von Anfang an unwirksam. Nach Invollzugsetzen kann das Arbeitsverhältnis nicht mehr rückwirkend beseitigt werden. Das Arbeitsverhältnis gilt erst ab dem Zeitpunkt der Anfechtungserklärung als beendet.

Hat der Arbeitnehmer bei seiner Einstellung gefälschte Zeugnisse vorgelegt, rechtfertigt dies auch nach langen Jahren der Zusammenarbeit eine Anfechtung des Arbeitsverhältnisses.

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hatte über den Fall eines Arbeitnehmers zu entscheiden, der jahrelang als "technischer Aufsichtsbeamter" bei seinem Arbeitgeber in verantwortlicher Position beschäftigt war. Nach langen Jahren der Zusammenarbeit erfuhr der Chef, dass der Mitarbeiter bei seiner Einstellung gefälschte Diplomzeugnisse vorgelegt und sein Ingenieurstudium tatsächlich nie abgeschlossen hatte.

Als diese Tatsachen ans Licht kamen, focht der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis sofort wegen arglistiger Täuschung bei Vertragsschluss an und bekam vor dem Landesarbeitsgericht Recht, obwohl der Mitarbeiter argumentierte, die Anfechtung verstoße gegen Treu und Glauben, da er viele Jahre zur vollen Zufriedenheit seines Chefs seinen Dienst versehen habe. Vor dem Hintergrund seiner erfolgreichen Berufsausübung müssten sein - unstreitig - fehlender Hochschulabschluss und die Fälschung seiner Diplome in den Hintergrund treten.

Das sah das Gericht anders. Grundsätzlich könne ein Anfechtungsgrund zwar angesichts einer erfolgreichen Berufsausübung so weit in den Hintergrund treten, dass er eine Anfechtung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr rechtfertige. Im konkreten Fall war aber von besonderer Bedeutung, dass der Angestellte an besonders verantwortungs- und vertrauensvoller Position im Unternehmen beschäftigt war. Hätten Dritte von den Umständen erfahren, so hätte die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einem unzumutbaren Reputations- und Glaubwürdigkeitsverlust beim Arbeitgeber geführt. Dies sei unzumutbar gewesen.

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