Fachkräftenotstand in der ITK-Branche

Warum berufsbegleitende Weiterbildung so wichtig ist

15.11.2010
20.000 offene Stellen können derzeit nicht besetzt werden. Interview mit Prof. Jürgen Otten

Prof. Dr. Jürgen Otten, Dekan für Informatik an der Wilhelm Büchner Hochschule, nimmt in einem Interview Stellung zur jüngsten Untersuchung des Bitkom. Der Verband veröffentlichte am 14.6.2010 die Ergebnisse aus einem aktuellen Vergleich der Beschäftigtenzahlen der größten Industriezweige der deutschen Wirtschaft. Das Ergebnis: Die IT- und Telekommunikationsbranche ist der zweitgrößte Arbeitgeber; derzeit arbeiten knapp 850.000 Menschen in diesem Bereich. Allerdings hält der dramatische Fachkräftemangel weiter an: 20.000 offene Stellen können momentan nicht besetzt werden.

Herr Professor Otten, wie kann man denn den Fachkräftemangel endlich in den Griff bekommen?

Antwort Prof. Otten: Im Kampf gegen den Fachkräftemangel fordert BITKOM u. a. die Modernisierung des Bildungssystems. In der Tat ist Bildung ein zentraler Faktor, allerdings müssen wir die Berufstätigen noch viel intensiver mit einschließen. Hier schlummern enorme Potenziale, denn diese Menschen verfügen über einen enormen Erfahrungsschatz. Der Wirtschaft ist das leider immer noch nicht ausreichend bewusst.

Die Liberalisierung des Hochschulzugangs war zumindest schon ein erster Schritt in die richtige Richtung. Inzwischen sind ein Drittel unserer Studierenden beruflich Qualifizierte bzw. Techniker und Meister. Damit liegen wir als private Hochschule weit über dem Schnitt der staatlichen Hochschulen. Unsere Erfahrungen sind sehr positiv: Studierende ohne Abitur unterscheiden sich hinsichtlich Studiendauer und -erfolg nicht von ihren Studienkollegen mit traditioneller Studienberechtigung.

Sie setzen also auf das Studium ohne Abitur?

Antwort Prof. Otten: Nicht ausschließlich. Auch Berufstätige, die sich nach der Hochschulreife für eine Ausbildung in einem IT-Beruf entschieden haben, bringen ideale Voraussetzungen für ein Bachelor-Studium in Informatik, Angewandter Informatik oder Technischer Informatik mit. Für Informatiker, die bereits über einen ersten akademischen Abschluss verfügen, bietet sich ein Master-Studiengang beispielsweise in Medien- oder Wirtschaftsinformatik an. Berufstätige brauchen allerdings nicht immer gleich ein komplettes Studium, um sich für weitere Aufgaben zu qualifizieren. Hier müssen die Hochschulen noch viel kreativer werden.

Auch mit Kurzprogrammen kann Wissen und Kompetenz erweitert bzw. vertieft werden. Für Informatiker denke ich etwa an fachlich orientierte Angebote zu modernen Softwaretechniken oder im Bereich Informations- und Informationssystemmanagement. Oder an Kurzstudiengänge, in welchen sie ihr bereits vorhandenes IT-Know-how um betriebswirtschaftliches Wis-sen ergänzen. Das Ergebnis könnte dann ein Bachelor-Abschluss z.B. in den Bereichen Wirtschaftsinformatik oder Wirtschaftsingenieurwesen sein.

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