"24 Monate Garantie" – aber nur mit Glück!"

14.10.2002
Zum viel diskutierten Thema Garantie erreichte uns folgender Beitrag des Kölner Journalisten Andreas Klein. Der Autor beleuchtet die beiden Problemfälle „Garantie nach Insolvenz des Fachhändlers" und „Eingekauft im Ausland - wer garantiert?" Zum 1. Januar 2002 wurde das Schuldrecht, und damit auch die gesetzlichen Regelungen zur Gewährleistung – welche im Volksmund fälschlich als „Garantie" bezeichnet wird – neu gefasst. Seit diesem Zeitpunkt gilt eine gesetzliche Gewährleistungsfrist von 24 Monaten auf alle Gebrauchsgüter. Auf den ersten Blick eine feine Sache: Alle in dieser Zeit anfallenden Reparaturen an den neuen Geräten müssen vom Fachhändler kostenlos behoben werden, wahlweise durch Reparatur oder Austausch. Was passiert aber, wenn der Fachhändler, bei dem der Kunde die Ware erworben hat, zwischenzeitlich seinen Laden aufgegeben hat? Wir haben uns dieser, aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage sicherlich nicht unbedeutenden, Frage angenommen und mussten dabei erstaunlicherweise feststellen, dass die „gesetzliche Gewährleistungsfrist von 24 Monaten ab Kaufdatum" alles andere als eine sichere Bank ist! Denn nur der Fachhändler, bei welchem der Kunde das Produkt gekauft hat, ist gegenüber dem Kunden zu dieser Gewährleistung verpflichtet – der Hersteller bzw. der Importeur der Ware kann jedoch jegliche Gewährleistung für das Produkt in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (kurz AGB) ausschließen. Dies bedeutet für den Endverbraucher, dass – sollte in der Zwischenzeit der Fachhändler, warum auch immer, sein Geschäft aufgegeben haben – ein defektes Geräte nicht kostenlos repariert wird, und zwar auch dann, wenn sich das Gerät noch in der gesetzlichen Gewährleistungsfrist von 24 Monaten befindet! Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Hersteller gegenüber seinen Vertragspartnern (Großhandel, Distribution und/oder Fachhandel) jegliche Garantieleistungen ausschließen kann. Normal sind jedoch sechs bzw. zwölf Monate, in denen sich der Hersteller freiwillig (!) gegenüber seinem Vertragspartner zur kostenlosen Reparatur der Ware verpflichtet. Diese sogenannte Herstellergarantie, gilt z. B. auch für Endverbraucher, d. h. der Endverbraucher kann sich innerhalb der vom Hersteller eingeräumten Zeit wahlfrei an diesen oder seinen Fachhändler zwecks Reparatur des defekten Gerätes wenden – der Haken hierbei ist jedoch, dass der Endverbraucher a) gar nicht wissen kann, wie lange die Herstellergarantie eigentlich läuft undb) beim Kauf der Ware vielleicht sogar ein Gerät erwirbt, welches jedwede Herstellergarantie bereits verloren hat. Dieses ist z. B. bei Lagerware (d. h. der Fachhändler unterhält ein eigenes Warenlager, in dem er die Waren des Vorlieferanten zwischenlagert) der Fall: Gewährt der Hersteller eine Herstellergarantie von z. B. sechs Monaten und die Ware erreicht erst sieben Monate nach Herstellung – denn ab da gilt die Herstellergarantie (!) – den Endverbraucher, ist diese Ware bereits „aus der Garantie". (Der Rechtsanspruch gegenüber dem Fachhändler bleibt natürlich davon unberührt!) .„Die zweijährige Gewährleistungsfrist gilt nur gegenüber dem Händler, bei dem der Kunde die Waren kauft.", unterstreicht der Berliner Rechtsanwalt Niko Härting. „Geht der Händler pleite, so nützen dem Kunden die neuen Bestimmungen nichts." Und weiter: „In vielen Branchen sind Herstellergarantien üblich. ... Ob der Hersteller eine Garantie gibt und wie weit die Garantie reicht, ist gesetzlich aber nicht reglementiert." Härting brachte sogar noch eine neue Variante ins Spiel: Was passiert, wenn die Ware im Ausland gekauft wurde? Bei einem Autokauf im Ausland z. B. ist der Käufer immer derjenige, der über den Tisch gezogen wird – egal wie günstig das Angebot ist! Denn auch hier gilt: Die Autohersteller sind bei einem eventuellen Defekt nur zu einer kostenlosen Reparatur verpflichtet, wenn das Auto direkt beim Hersteller gekauft wurde. Hatte beim Verkauf der Ware aber ein Händler seine Finger im Spiel, so ist der Hersteller zur kostenfreien Reparatur nicht verpflichtet! Der Ansprechpartner in diesem Fall ist der Händler, bei dem das Auto gekauft wurde – und so wird das Schnäppchen, bei dem man vielleicht 2.000 Euro gespart hat, schnell zur (Transport)-Kostenfalle. Dieses Beispiel gilt selbstverständlich auch für jedes andere im Ausland gekaufte Produkt. Verbraucherschützer Kurt Isenburg von der Verbraucherzentrale NRW (Düsseldorf) erklärte hierzu: „Das angesprochene Problem mit der gesetzlichen Gewährleistungsfrist ist noch viel komplizierter, als von Ihnen angenommen! In den ersten sechs Monaten der Gewährleistungsfrist muss der Fachhändler nachweisen, dass das gekaufte Produkt bei der Übergabe frei von Mängeln war. Ab dem 7. Monat jedoch wird diese Beweislast umgekehrt und der Kunde muss nachweisen, dass das Produkt bei der Übergabe bereits defekt war. Wenn der Fachhändler aber nachweisen kann, dass das Gerät bei der Übergabe in Ordnung gewesen ist und der nun vorliegende Mangel aufgrund der Nutzung des Produktes aufgetreten ist, ist die Gewährleistungspflicht des Fachhändlers aufgehoben. Es tritt dann eventuell eine Herstellergarantie in Kraft, welche aber vom Hersteller ohne gesetzliche Grundlage gewährt wird. Wie lange diese Herstellergarantie läuft und welchen Umfang diese Herstellergarantie hat, ist dabei Sache des Herstellers bzw. Importeurs der Ware." Unser Resümee: Das neue Gewährleistungsrecht, welches dem Endverbraucher von der Bundesregierung und der EU als „verbraucherfreundliche Neuregelung" angepriesen wurde, ist in Wirklichkeit eine Mogelpackung. Heute muss man noch zusätzlich Angst darum haben, dass der Fachhändler die gesetzliche Gewährleistungszeit von 24 Monaten übersteht und/oder das Produkt die 24 Monate ohne Mangel überlebt – ansonsten ist man nämlich ziemlich alleine gelassen. (wl)

Zum viel diskutierten Thema Garantie erreichte uns folgender Beitrag des Kölner Journalisten Andreas Klein. Der Autor beleuchtet die beiden Problemfälle „Garantie nach Insolvenz des Fachhändlers" und „Eingekauft im Ausland - wer garantiert?" Zum 1. Januar 2002 wurde das Schuldrecht, und damit auch die gesetzlichen Regelungen zur Gewährleistung – welche im Volksmund fälschlich als „Garantie" bezeichnet wird – neu gefasst. Seit diesem Zeitpunkt gilt eine gesetzliche Gewährleistungsfrist von 24 Monaten auf alle Gebrauchsgüter. Auf den ersten Blick eine feine Sache: Alle in dieser Zeit anfallenden Reparaturen an den neuen Geräten müssen vom Fachhändler kostenlos behoben werden, wahlweise durch Reparatur oder Austausch. Was passiert aber, wenn der Fachhändler, bei dem der Kunde die Ware erworben hat, zwischenzeitlich seinen Laden aufgegeben hat? Wir haben uns dieser, aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage sicherlich nicht unbedeutenden, Frage angenommen und mussten dabei erstaunlicherweise feststellen, dass die „gesetzliche Gewährleistungsfrist von 24 Monaten ab Kaufdatum" alles andere als eine sichere Bank ist! Denn nur der Fachhändler, bei welchem der Kunde das Produkt gekauft hat, ist gegenüber dem Kunden zu dieser Gewährleistung verpflichtet – der Hersteller bzw. der Importeur der Ware kann jedoch jegliche Gewährleistung für das Produkt in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (kurz AGB) ausschließen. Dies bedeutet für den Endverbraucher, dass – sollte in der Zwischenzeit der Fachhändler, warum auch immer, sein Geschäft aufgegeben haben – ein defektes Geräte nicht kostenlos repariert wird, und zwar auch dann, wenn sich das Gerät noch in der gesetzlichen Gewährleistungsfrist von 24 Monaten befindet! Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Hersteller gegenüber seinen Vertragspartnern (Großhandel, Distribution und/oder Fachhandel) jegliche Garantieleistungen ausschließen kann. Normal sind jedoch sechs bzw. zwölf Monate, in denen sich der Hersteller freiwillig (!) gegenüber seinem Vertragspartner zur kostenlosen Reparatur der Ware verpflichtet. Diese sogenannte Herstellergarantie, gilt z. B. auch für Endverbraucher, d. h. der Endverbraucher kann sich innerhalb der vom Hersteller eingeräumten Zeit wahlfrei an diesen oder seinen Fachhändler zwecks Reparatur des defekten Gerätes wenden – der Haken hierbei ist jedoch, dass der Endverbraucher a) gar nicht wissen kann, wie lange die Herstellergarantie eigentlich läuft undb) beim Kauf der Ware vielleicht sogar ein Gerät erwirbt, welches jedwede Herstellergarantie bereits verloren hat. Dieses ist z. B. bei Lagerware (d. h. der Fachhändler unterhält ein eigenes Warenlager, in dem er die Waren des Vorlieferanten zwischenlagert) der Fall: Gewährt der Hersteller eine Herstellergarantie von z. B. sechs Monaten und die Ware erreicht erst sieben Monate nach Herstellung – denn ab da gilt die Herstellergarantie (!) – den Endverbraucher, ist diese Ware bereits „aus der Garantie". (Der Rechtsanspruch gegenüber dem Fachhändler bleibt natürlich davon unberührt!) .„Die zweijährige Gewährleistungsfrist gilt nur gegenüber dem Händler, bei dem der Kunde die Waren kauft.", unterstreicht der Berliner Rechtsanwalt Niko Härting. „Geht der Händler pleite, so nützen dem Kunden die neuen Bestimmungen nichts." Und weiter: „In vielen Branchen sind Herstellergarantien üblich. ... Ob der Hersteller eine Garantie gibt und wie weit die Garantie reicht, ist gesetzlich aber nicht reglementiert." Härting brachte sogar noch eine neue Variante ins Spiel: Was passiert, wenn die Ware im Ausland gekauft wurde? Bei einem Autokauf im Ausland z. B. ist der Käufer immer derjenige, der über den Tisch gezogen wird – egal wie günstig das Angebot ist! Denn auch hier gilt: Die Autohersteller sind bei einem eventuellen Defekt nur zu einer kostenlosen Reparatur verpflichtet, wenn das Auto direkt beim Hersteller gekauft wurde. Hatte beim Verkauf der Ware aber ein Händler seine Finger im Spiel, so ist der Hersteller zur kostenfreien Reparatur nicht verpflichtet! Der Ansprechpartner in diesem Fall ist der Händler, bei dem das Auto gekauft wurde – und so wird das Schnäppchen, bei dem man vielleicht 2.000 Euro gespart hat, schnell zur (Transport)-Kostenfalle. Dieses Beispiel gilt selbstverständlich auch für jedes andere im Ausland gekaufte Produkt. Verbraucherschützer Kurt Isenburg von der Verbraucherzentrale NRW (Düsseldorf) erklärte hierzu: „Das angesprochene Problem mit der gesetzlichen Gewährleistungsfrist ist noch viel komplizierter, als von Ihnen angenommen! In den ersten sechs Monaten der Gewährleistungsfrist muss der Fachhändler nachweisen, dass das gekaufte Produkt bei der Übergabe frei von Mängeln war. Ab dem 7. Monat jedoch wird diese Beweislast umgekehrt und der Kunde muss nachweisen, dass das Produkt bei der Übergabe bereits defekt war. Wenn der Fachhändler aber nachweisen kann, dass das Gerät bei der Übergabe in Ordnung gewesen ist und der nun vorliegende Mangel aufgrund der Nutzung des Produktes aufgetreten ist, ist die Gewährleistungspflicht des Fachhändlers aufgehoben. Es tritt dann eventuell eine Herstellergarantie in Kraft, welche aber vom Hersteller ohne gesetzliche Grundlage gewährt wird. Wie lange diese Herstellergarantie läuft und welchen Umfang diese Herstellergarantie hat, ist dabei Sache des Herstellers bzw. Importeurs der Ware." Unser Resümee: Das neue Gewährleistungsrecht, welches dem Endverbraucher von der Bundesregierung und der EU als „verbraucherfreundliche Neuregelung" angepriesen wurde, ist in Wirklichkeit eine Mogelpackung. Heute muss man noch zusätzlich Angst darum haben, dass der Fachhändler die gesetzliche Gewährleistungszeit von 24 Monaten übersteht und/oder das Produkt die 24 Monate ohne Mangel überlebt – ansonsten ist man nämlich ziemlich alleine gelassen. (wl)

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