9. Linux-Tag in Karlsruhe

01.07.2004
Genau 16.175 Interessierte besuchten den diesjährigen Linux-Tag in Karlsruhe, gegenüber 2003 ist dies ein Rückgang um 17 Prozent. Von ComputerPartner-Redakteur Dr. Ronald Wiltscheck

Offenbar ist auch die Open-Source-Veranstaltung "Linux-Tag" im Mainstream angekommen. So blieb zwar auch in diesem Jahr das Interesse an quelloffener Software stark, aber die Besucheranzahl nahm ab. Für den Veranstalter war der Grund hierfür leicht gefunden: Erstmals wurde die Messe um einen Tag vorverlegt und fand von Mittwoch bis Samstag statt.

Dafür wurde mit 170 Ausstellern, darunter auch vielen kommerziellen IT-Firmen, ein neuer Messerekord erreicht. Die Präsentationsfläche nahm gegenüber 2003 um 15 Prozent zu. So waren auch die am Linux-Tag teilnehmenden Unternehmen mit der Publikumsresonanz zufrieden.

Gleich am zweiten Messetag gab Red Hat bekannt, das ursprünglich von Sistina entwickelte und dann kommerziell vertriebene Global File System (GFS) unter GPL (General Public License) zu stellen. Damit setzt der Linux-Anbieter sein Vorhaben um, nach dem Erwerb der Software-Company Ende 2003 sämtliche Sistina-Produkte als Open Source verfügbar zu machen.

Das "Behörden-Desktop"-System

Das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und die Jülicher Firma Credativ haben in Karlsruhe das im Rahmen des Projektes zur Erprobung von Open Source Software (EPROSS) entwickelte Behörden-Desktop-Modell vorgestellt. Diese Client-Plattform ist eine Erweiterung der Debian-Distribution: unter anderem mit der grafischen Benutzeroberfläche KDE 3.2.2, dem Webbrowser Mozilla 1.5 und der Bürosoftware Open Office.org 1.1.1. Hinzu kommt das elektronische Kommunikationsprogramm "KMail" - Viren- und Spamschutz eingeschlossen. Eine persönliche Firewall schützt die einzelnen Behörden-Desktops.

Lösungen für die Öffentliche Hand

Weiterhin eine wichtige Säule des Linux-Tages bleibt der Behördenkongress. In vier parallelen Tracks präsentierten Anwender, unter anderem der Deutsche Bundestag, die Max-Plank-Gesellschaft, die Stadt München und die Deutsche Bahn, was man bereits heute alles mit quelloffener Software bewerkstelligen kann. Aber auch Hersteller und Dienstleister waren beim "Behördentag" mit von der Partie. So demonstrierte etwa Peter Ganten, wie seine Firma, die Univention GmbH (www.univention.de), die komplette Server-Infrastruktur bei der Oldenburgischen Landesbank auf Linux migrierte.

Erwin Tenhumberg, Produkt Marketing Manager bei der Sun Microsystems, referierte über das Open-Office.org-Projekt. Nathan Saunders, für Linux verantwortlicher Produktmanager bei Hewlett-Packard, enthüllte Details über HPs Linux-Referenz-Architektur, die höhere Skalierbarkeit und Leistungsfähigkeit bieten soll, als Produkte der Mitbewerber.

Erstmals wagte sich auch Microsoft in die Höhle des Löwen. Zwar fiel der Microsoft-Stand mit vier Mann recht klein aus, aber: Wegen der zunehmenden Konkurrenz alternativer Software habe sich Microsoft gezwungen gesehen, nach Karlsruhe zu kommen und Lösungen vorzustellen, mit denen die verschiedenen Betriebssysteme verbunden werden können, so Linux-Tag-Sprecher Andreas Gebhard.

Meinung des Redakteurs

Mit der Streichung des Sonntags als Messetag versuchen die Linux-Tag-Organisatoren ihrer Veranstaltung ein wenig mehr Business-Touch zu verleihen. Doch eine rein an Geschäftskunden orientierte Open-Source-Messe gibt es bereits; es ist die LinuxWorld Ende Oktober in Frankfurt. Da kann man den Linux-Tag-Machern nur empfehlen: "Schuster, bleib bei deinen Leisten!" Im konkreten Fall: "Kümmert euch um die Community!"

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