Online-Antragssysteme

Akzeptanz lässt zu wünschen übrig

23.04.2010
Auch nach der Umsetzung ist die EU-Dienstleistungsrichtline vom Erfolg noch weit entfernt.

Seit Januar müssen Länder und Kommunen Dienstleistern aus dem EU-Ausland einen einheitlichen Ansprechpartner für die Durchführung von Verwaltungsverfahren zur Aufnahme ihrer gewerblichen Tätigkeit in Deutschland nennen. Die meisten Bundesländer haben die Mindestanforderungen der EU-Dienstleistungsrichtlinie fristgerecht erfüllt. Doch bisher fällt das Arbeitsaufkommen des einheitlichen Ansprechpartners (EA) noch gering aus - insbesondere bei Anträgen, die den EA auf elektronischem Weg erreichen.

Obwohl bundesweit hohe Investitionen in den Aufbau neuer Online-Antragssysteme geflossen sind, stößt der EA bei den Unternehmen, aber auch bei den Verwaltungsmitarbeitern selbst noch auf Akzeptanzprobleme. Das haben Marktbeobachtungen von Steria Mummert Consulting ergeben. Nun gilt es, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Früchte der Verfahrensumstellungen auch zu ernten. Dazu gehört vor allem eine Verbreiterung des Angebots. Denn je mehr Verfahren elektronisch abgewickelt werden können, desto größer die Kostenersparnisse bei den Unternehmen.

Will beispielsweise ein Italiener in Hamburg eine Bäckerei eröffnen, muss er sich seit Januar nur noch an einen Ansprechpartner in der Hamburger Verwaltung wenden, der ihn bei allen notwendigen Anträgen und Formalitäten für die gewerbliche Niederlassung in Hamburg unterstützt. Viel schwieriger wird es für den Italiener allerdings, wenn er nicht auf die Hansestadt festgelegt ist, sondern irgendwo in Deutschland eine Bäckerei errichten will oder dergleichen in mehreren Städten plant. Denn nun hat er aufgrund der föderalistischen Struktur in Deutschland die Auswahl unter hunderten einheitlicher Ansprechpartner mit teilweise unterschiedlichen Online-Angeboten. "Von einheitlichen Ansprechpartnern und IT-Strukturen ist Deutschland deshalb noch weit entfernt", sagt Christian Mohser, Principal Consultant bei Steria Mummert Consulting. "Um sich bestmöglich untereinander zu vernetzen und über IT-Standards Kosten für Doppelentwicklungen zu sparen, sind vereinheitlichte und aufeinander abgestimmte E-Government-Infrastrukturen in Deutschland anstatt einzelner heterogener Projekte in den Bundesländern anzustreben."

Bisher sind die Länder und Kommunen erst in der Lage, zehn bis 20 Prozent der Verwaltungsprozesse elektronisch abzubilden. Je mehr Verwaltungsprozesse über den EA und zudem elektronisch abgewickelt werden, desto größer die Kostenersparnis bei Unternehmen und Verwaltungen. So sind Einsparungen bei Firmengründungen von rund 280 Millionen Euro pro Jahr möglich, hat eine von Steria Mummert Consulting durchgeführte Studie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ergeben.

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