Auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern

24.06.1999

TAIPEH: Der Preiskampf der Scannerhersteller bekommt diesen nicht gut. Fast alle mußten trotz enormer Produktionszuwächse Verluste in Millionenhöhe wegstecken. Schon zeichnet sich eine Ausdünnung des Marktes ab. Und die Großen der Branche suchen fiberhaft nach neuen Geschäftsbereichen.Gewinner im Preiskrieg der Scannerhersteller war einzig und allein der Endverbraucher. Denn galten die Lesegeräte Anfang der 90er für viele noch als unerschwinglich, landeten sie im letzten Jahr für unter hundert Mark zwischen Milch und Süßigkeiten bei Aldi & Co. auf dem "Grabbeltisch". Selbst so gut klingende Namen wie Agfa, Hewlett-Packard und Linotype konnten sich dem Preisgefälle von 30 Prozent und mehr innerhalb des letzten Jahres nicht entziehen und mußten einen Großteil der Produktion nach Taiwan outsourcen.

Kein Wunder, daß die Insel als wichtigstes Herkunftsland für Marken- und OEM-Scanner allein 1998 ihren Marktanteil von 73 auf 91,2 Prozent ausbauen konnte. Die Margen blieben jedoch auf der Strecke und mit ihnen auch etliche kleinere Scannerhersteller. Wuchs das taiwanesische Produktionsvolumen laut dem taiwanesischen Wirtschaftsministerium im letzten Jahr um 60,1 Prozent, verzeichneten die Scannerhersteller im selben Zeitraum ein Umsatzminus von 11,2 Prozent. Schon jetzt konzentriert sich die Scannerproduktion zu rund 60 Prozent auf die fünf Großen Umax, Mustek, Plustek, Microtek und Primax. Und es gibt bereits Gerüchte, daß sich der eine oder andere dieser Scannerriesen durch ihre Billigangebote selbst vom Markt fegen könnte.

Diversifizierung tut Not

Im Mittelpunkt solcher Gerüchte steht Mustek, mit einem Marktanteil von 28 Prozent 1997 noch weltweit Nummer eins. David Tong, Managing Director und Geschäftsführer von Mustek Deutschland, wehrt ab: "Die Nummer eins vom Thron zu stoßen, das ist wohl immer das Ziel der anderen." Tong räumt ein, daß Mustek 1998 Verluste in Höhe von knapp 30 Millionen Mark wegstecken mußte. Andere wie Umax hätten jedoch noch mehr rote Zahlen geschrieben. Egal ob die "Verluste" besagten Unternehmens, wie Marketing-Manager Marc Nikolai betont, rein börsentechnischer Natur waren oder nicht, hat Umax schon im letzten Jahr begonnen, einen Fuß in andere Märkte zu setzten. So hatte der taiwanesische Markenhersteller plötzlich neben Scannern auch völlig artfremde Geräte wie Netzwerkprodukte und Notebooks im Portfolio.

Mustek folgte auf dem Fuß und überraschte Messebesucher der diesjährigen Computex in Taipeh mit einem Produktaufgebot von Digitalkameras, PC-Kameras, LCD-Projektoren und sogar mit einem ausgewachsenen DVD-Player fürs Heimkino. Bei dieser Produktvielfalt konnte man fast vergessen, daß es sich um einen Scannerhersteller handelt. Tatsächlich hat Mustek erkannt, daß mit Scannern der Einstiegsklasse kaum noch eine müde Mark zu machen ist. Daher will der Branchenriese in Zukunft nicht nur verstärkt auf höherwertige Modelle setzen, sondern auch verstärkt in Märkte einsteigen, wo er seine jahrelangen Erfahrungen im optischen Bereich gewinnbringend nutzen kann. Bis Ende nächsten Jahres sollen Tong zufolge bereits zehn Prozent der Umsätze aus den neuen Produktbereichen generiert werden. Bedenkt man allerdings, welche Anfangsschwierigkeiten Mustek bei der Einführung seiner Digitalkameras hatte, sind Zweifel angebracht, ob es ihm gelingen wird, gegen die Alteingesessenen Kamerahersteller zu bestehen. Denn rein über die Preisschiene Marktanteile zu gewinnen, könnte sich für Mustek als genauso verheerend erweisen wie bei den Scannern.

Umax indes mußte die Erfahrung machen, daß die Belieferung des Marktes mit artfremden Produkten in Deutschland zumindest nicht gerade von Erfolg gekrönt war. Und so besinnt man sich dort wieder verstärkt auf die Kernkompetenz: "Back to the Roots, Schuster bleib bei deinen Leisten", nennt Nikolai die neue, alte Strategie. (kh)

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