BBE-Trend-Forum: Handel im Jahr 2000, Zukunftsvisionen einer Handelsberatung

20.06.1997
KÖLN: Die Unternehmensberatung BBE hatte Mitte Juni nach Köln eingeladen, um ein Zukunftsszenario für Handelsformen im Jahr 2000 zu entwerfen. Am Ende kam ein bunter Trend-Mischmasch und jede Menge Binsenweisheiten dabei heraus. Am Interessantesten blieb der Meinungsaustausch mit den Tagungsgästen aus den verschiedenen Branchen.Eine buntgemischte Truppe von mehr als 450 Teilnehmern fand sich am 11. Juni 1997 zum 2. BBE-Trend Forum im Kölner Maritim-Hotel ein. Die Kongreßbesucher stammten aus allen nur erdenklichen Branchen. Von A wie "Annes Wäschestübchen" bis Z wie "Zwilling-Bestecke" reichte die illustre Gästeliste. Sie alle wollten sich über das Thema "Handel und Verbraucher im 21. Jahrhundert - Was bringt das Jahr 2010?" informieren. Eingeladen hatte die BBE-Unternehmensberatung GmbH, die ihren Sitz in der rheinischen Domstadt hat und sich selbst als "der Beratungsspezialist im Handel" bezeichnet.

KÖLN: Die Unternehmensberatung BBE hatte Mitte Juni nach Köln eingeladen, um ein Zukunftsszenario für Handelsformen im Jahr 2000 zu entwerfen. Am Ende kam ein bunter Trend-Mischmasch und jede Menge Binsenweisheiten dabei heraus. Am Interessantesten blieb der Meinungsaustausch mit den Tagungsgästen aus den verschiedenen Branchen.Eine buntgemischte Truppe von mehr als 450 Teilnehmern fand sich am 11. Juni 1997 zum 2. BBE-Trend Forum im Kölner Maritim-Hotel ein. Die Kongreßbesucher stammten aus allen nur erdenklichen Branchen. Von A wie "Annes Wäschestübchen" bis Z wie "Zwilling-Bestecke" reichte die illustre Gästeliste. Sie alle wollten sich über das Thema "Handel und Verbraucher im 21. Jahrhundert - Was bringt das Jahr 2010?" informieren. Eingeladen hatte die BBE-Unternehmensberatung GmbH, die ihren Sitz in der rheinischen Domstadt hat und sich selbst als "der Beratungsspezialist im Handel" bezeichnet.

Die Beleuchtung konjunktureller Rahmenbedingungen, Trends und strategische Ansätze für den Handel nach der Jahrtausendwende hatte BBE-Geschäftsführer Ulrich Eggert den Interessenten in seinem Einladungsschreiben versprochen. "Das Jahr 2010 soll unser Stichpunkt sein - das sind nur noch 14 Jahre, gerade doppelt so viele wie der Fall der Mauer hinter uns liegt", so der BBE-Marketier in bekannt plakativer Formulierungsweise. Mit entsprechend erwartungsvollen Gesichtern saßen die Kongreß-Besucher im Auditorium.

Ob die hohen Ansprüche der Teilnehmer am Ende erfüllt wurden, ist fraglich. Während die einen den Blick über den brancheneigenen Tellerrand als positiv bewerteten, störten sich andere aufgrund der Branchenvielfalt daran, daß sie bei der Dauerberieselung durch die BBE-Referenten nur nach dem Gießkannen-Prinzip bedient wurden, sprich: daß nur wenige Teile der umfangreichen Präsentationen für sie interessant und relevant waren. Hinzu kommt die Tatsache, daß die BBE-Manager die Tagung natürlich auch und in erster Linie für die Vermarktung ihrer eigenen Produkte und Dienstleistungen nutzten und immer wieder auf Studien, Bücher und Seminare aus dem Hause mit den drei Buchstaben hinwiesen. "Werbeveranstaltung", moserten die Kritiker und störten sich dabei vor allen Dingen an der Seminargebühr von 845 DM (645 DM für BBE-Kunden).

Doch wer will dem BBE-Management den Versuch verdenken, sich selbst ins beste Licht zu setzen, wo doch Verkaufen ihr täglich Brot ist. Und man muß den Herren zugute halten, daß sie Fleißarbeiter sind. Für die Szenarien der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wurden mit Sicherheit Berge von Datenmaterial ausgewertet, die am Ende einen guten Überblick über die zu erwartende Entwicklung gaben.

Hyperwettbewerb und Mini-Zielgruppen

Zu den Inhalten: Spitzenreiter in der Branchenentwicklung im Handel bis zum Jahr 2000 ist nach Erhebungen des BBE eindeutig der PC-Markt, der mit 28 Prozent weit über dem Durchschnitt wächst (Deutschland gesamt: 4,5 Prozent), der Markt für Büromaschinen entwickelt sich nach den Prognosen der Marktforscher mit drei Prozent Steigerung weitaus schwächer, aber immer noch weitaus besser als die Unterhaltungselektronik (0,8 Prozent). Bei den Trends ist vor allem der vom BBE vorausgesetzte "Hyperwettbewerb" zu nennen, der die IT-Branche ja bereits jetzt erfaßt hat.

Durch Online-Medien wird fast jede Ware versandhausfähig; größte Gefahr für den Fachhandel ist dabei die Industrie, die sich laut BBE zunehmend selbst "als Händler zurückmelden wird" und auf Direktvertrieb und Controlled Distribution setzt. Hinzu kommt der immer schwieriger einzuschätzende Kunde, der sich nicht mehr so leicht katalogisieren läßt ("der Single", "der Rentner"), sondern ein Höchstmaß an Individualität für sich in Anspruch nimmt, wodurch sich der Markt in unendlich viele kleine Zielgrüppchen unterteilt (sogenanntes "segment of one"). Ob allerdings die Vision des BBE in Kraft tritt, daß sich das Wohnzimmer zur Jahrtausendwende "in eine mediale Schaltzentrale" verwandelt, bleibt abzuwarten. Denn noch hat sich außer der Umschalttaste an der Fernbedienung kein Multimedia-Instrument in den Wohnstuben durchsetzen können - weder PC/TV-Kombinationen, noch Pay-TV, wie die zahlreichen gescheiterten Pilotprojekte bewiesen haben.

Und hier zeigen sich auch die Schwächen der BBE-Analysten. Die Zukunftsprognosen wirken neben der soliden Datenauswertung für die aktuelle Bestandsaufnahme oft wie Kaffeesatzleserei mit einem moralinsauer erhobenen Zeigefinger, wenn etwa BBE-Chef Eggert über die gesellschaftlichen Folgen des Internet schwadroniert und darauf hinweist, daß "das Leben nicht unbedingt angenehmer wird dadurch". Und man braucht sich dann auch nicht zu wundern, wenn Seminarteilnehmer die Kompetenz des BBE in Sachen Neue Medien in Zweifel ziehen, nachdem sich die angekündigte Multimedia-Show über Ladenkonzepte als ein lahmer Vortrag mit Unterstützung von Dias und einem Tageslichtprojektor mit schlecht belichteten Folien erweist, auf denen in den letzten Reihen kaum noch etwas erkennbar war. Oder waren auf dem Foto eines von einem Nobel-Architekten durchgestylten "Schuhgeschäftes" in Neapel tatsächlich nur zwei Paar Schuhe zu sehen?

Doch zurück zu den Trends: Beim Konsumentenverhalten (natürlich basierend auf dem neuen Buch von Ulrich Eggert "Konsumententrends", Metropolitan-Verlag, 78 DM) geht der BBE unter anderem von drei Grundtypen der deutschen Konsumbevölkerung aus: Der klassische Schnäppchenjäger ist in der Regel über 40, hat ein Einkommen von unter 4.000 Mark, er hat viel Zeit zum Einkaufen und ist - oh, Wunder! - preisorientiert. Der Qualitätskäufer hingegen ist zwischen 20 und 39 Jahre alt, hat ein höheres Gehalt als

sein Konsumenten-Kollege Herr Schnäppchen, der immer den Sonderangeboten hinterherhechelt. Dritte Kategorie ist der Smart Shopper, er ist stark Preis-Leistungs-orientiert, ebenfalls zwischen 20 und 39 und verdient weniger als 4.000 Mark.

Bei der Einsortierung in diese Verhaltensmuster hat der BBE unter anderem eine Studie von Grey zugrunde gelegt. Und hier zeigt sich auch gleich eine weitere Schwäche: Die einzelnen Trend-Szenarien liegen zum Teil meilenweit auseinander, sie sind immer ein bißchen falsch und immer auch ein bißchen richtig, so wie Klischées eben nun mal sind. Ob mit "Segment of one" oder der 3-Kategorien-Shopper-Theorie, der BBE bewegt sich damit immer auf der sicheren Seite und kann am Ende von sich behaupten, die Entwicklung schon 1997 vorhergesagt zu haben - egal welche.

Fach-Discounter auf dem Vormarsch

Die Branchenrelevanz von Fachdiscountern wird laut BBE bis zum Jahr 2010 im PC-Bereich von 27 auf 35 Prozent steigen (vgl. Grafik), der Anteil von Discountern in der Unterhaltungselektronik bewegt sich von 28 auf 40 Prozent, nimmt also stärker zu. Dabei blieb das vielbeschworene Zusammenwachsen der beiden Märkte offenbar unberücksichtigt, das zu einer Sortimentsvermischung und damit zu einer starken Vermischung der beiden Discount-Formen führen dürfte.

Sehr optimistisch sehen die BBE-Experten die Entwicklung der Haushaltssättigung bei Multimedia-Produkten in Deutschland (vgl. Grafik). Bis zum Jahr 2010 sollen nach Meinung der Marktforschung 80 Prozent aller Haushalte über PCs verfügen, davon 75 Prozent mit Netzwerk- beziehungsweise Internet-Anschluß.

Für das Marktfeld "Bürowirtschaft" (PBS, Bürotechnik, PC; Marktvolumen 1996: 35,2 Milliarden Mark) erwartet der BBE wie bereits erwähnt vor allem für den PC-Sektor große Wachstumschancen. "Grundsätzlich sind Strukturveränderungen feststellbar, die zu Lasten des traditionellen Bürofachhandels gehen", so der BBE. Doch die Experten haben für den durch Versender und Fachmärkte bedrängten Fachhandel als Fazit noch eine nette Binsenweisheit als Ratschlag parat: "Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit". (gut)

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