Europäischer Gerichtshof zum Herstellerkartell

Berater haftet für Beihilfe zum Kartell



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Beteiligt sich eine Beratungsfirma aktiv und in voller Kenntnis der Sachlage an der Durchführung oder Überwachung eines zwischen Herstellern bestehenden Kartells, greift die Haftung.

Ein Beratungsunternehmen kann für eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG verantwortlich gemacht werden, wenn es sich aktiv und in voller Kenntnis der Sachlage an der Durchführung oder Überwachung eines zwischen Herstellern bestehenden Kartells beteiligt. Darauf verweist so der Wormser Fachanwalt für Strafrecht Jürgen Möthrath, Präsident des Deutschen Strafverteidiger Verbandes (DSV) e. V. mit Sitz in Worms, unter Hinweis auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes - EUGH, Urteil vom 22.10.2015, AZ: C-194/14 P.

Zusammenkünfte m Rahmen eines Kartells werden häufig von externen Beratern organisiert. Diese sollten auf die Haftungbestimmungen achten.
Zusammenkünfte m Rahmen eines Kartells werden häufig von externen Beratern organisiert. Diese sollten auf die Haftungbestimmungen achten.
Foto: FotolEdhar - Fotolia.com

Hintergrund dieser Entscheidung ist eine Klage eines Beratungsunternehmens aus der Schweiz. Gegen dieses hatte die EU-Kommission im Rahmen der angefochtenen Entscheidung zwei Geldbußen nach Art. 81 Abs. 1 EG in Höhe von jeweils 174.000,00 € festgesetzt.

Zusammenkünfte organisiert

Nach den Feststellungen des Gerichts hatte das Beratungsunternehmen mehrere Zusammenkünfte zwischen Unternehmen organisiert, die das Kartell gebildet hatten. Bei diesen Treffen waren die Verantwortlichen des Beratungsunternehmens anwesend und auch aktiv beteiligt, indem sie die Liefermengen der betreffenden Güter erfasst und den Herstellern zur Verfügung gestellt haben. Das Beratungsunternehmen war zudem gegen Entgelt auch als Vermittler in Streitfragen des Kartells tätig.

Das Verhalten des Beratungsunternehmens sei damit Teil der Bemühungen des Kartells, sowohl in Bezug auf die zugrunde liegenden Absprachen, als auch deren Umsetzung. Hierbei habe das Beratungsunternehmen in voller Kenntnis der in Rede stehenden wettbewerbswidrigen Ziele gehandelt.

Der EUGH bestätigt die Anwendbarkeit des Art. 81 Abs. 1 EG auch auf Beratungsfirmen, auch wenn diese nicht im selben Markt tätig sind, wie die Kartellbeteiligten. Es führt hierzu aus:

"Nach gefestigter Rechtsprechung des Gerichtshofs bezieht sich nämlich der Wortlaut von Art. 81 Abs. 1 EG allgemein auf alle Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen, die - sei es in horizontalen oder vertikalen Beziehungen - den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt verfälschen, unabhängig davon, auf welchem Markt die Parteien tätig sind, und unabhängig davon, dass nur das Geschäftsverhalten einer der Parteien durch die Bedingungen der in Rede stehenden Vereinbarungen betroffen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile LTM, 56/65, ECLI:EU:C:1966:38, S. 358, Consten und Grundig/Kommission, 56/64 und 58/64, ECLI:EU:C:1966:41, S. 492 und 493, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, ECLI:EU:C:1983:158, Rn. 72 bis 80, Binon, 243/83, ECLI:EU:C:1985:284, Rn. 39 bis 47, und Javico,C 306/96, ECLI:EU:C:1998:173, Rn. 10 bis 14)."

Auch der weitere Versuch des Beratungsunternehmens, eine Herabsetzung der Geldbuße auf einen lediglich symbolischen Betrag zu erreichen, schlug fehl.

Der EUGH bestätigte auch hier die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1/2[2] 003 Art. 23 ("Geldbußen") Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) durch die EU-Kommission.

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