Bezugsberechtigte Person

Böses Erwachen bei Direktversicherungen



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Nach einem Urteil des BGH geht die Versicherungsleistung nach Tod der versicherten Person an den geschiedenen früheren Ehegatten. Von Hans-Georg Herrmann

Ein Arbeitgeber hatte für einen Arbeitnehmer im Zuge der betrieblichen Altersvorsorge eine Lebensversicherung in Form einer Direktversicherung abgeschlossen. Versicherungsnehmer war der Arbeitgeber, versicherte Person der Arbeitnehmer. Als bezugsberechtigte Person für die Leistungen aus der Versicherung war für den Fall des Todes des Arbeitnehmers der "verwitwete Ehegatte" angegeben.

Zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrages war der Arbeitnehmer verheiratet. Die Ehe wurde anschließend geschieden. Der Arbeitnehmer heiratete später erneut. Nach der Wiederheirat wollte der Arbeitnehmer wissen, wer die bezugsberechtigte Person für Leistungen nach seinem Tode ist. Ihm wurde mitgeteilt, dass er als begünstigte Person die verwitwete Ehegattin angegeben habe. Nach dem Tode des Arbeitnehmers kam nunmehr für die Witwe die böse Überraschung. Die Versicherungsleistung wurde nicht an sie, sondern an die erste, geschiedene Ehefrau des Arbeitnehmers ausgezahlt.

Nach dem Tode eines geschiedenen Ehegatten kann es für die zweite Ehefrau bei der Altersversorgung eine böse Überraschung geben.
Nach dem Tode eines geschiedenen Ehegatten kann es für die zweite Ehefrau bei der Altersversorgung eine böse Überraschung geben.
Foto: Thomas Firsching, Fotolia.de

Über diesen Fall hatte letztlich der Bundesgerichtshof mit dem Urteil vom 22.07.2015, Az. IV ZR 437/14, zu entscheiden. Während noch das zuständige Berufungsgericht der Auffassung war, dass der Begriff "verwitweter Ehegatte" die Person bezeichne, deren Ehepartner während einer bestehenden Ehe verstirbt, ist der Bundesgerichtshof der Auffassung, dass mit "verwitwetem Ehegatten" derjenige gemeint sei, mit dem der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung gegenüber der Versicherung verheiratet gewesen sei.

Wiederverheiratung unerheblich

Spätere Umstände, wie hier die Scheidung und die anschließende Wiederheirat, seien grundsätzlich unerheblich. Die Erklärung biete keinen Anhalt anzunehmen, dass der Arbeitnehmer damit zum Ausdruck bringen wolle, begünstigt solle nur die Person sein, die zum Zeitpunkt seines Todes mit ihm verheiratet sei. Die Entscheidung mag juristisch fundiert begründet sein. Ob der Arbeitnehmer seine Erklärung zur Bezugsberechtigung so verstanden wissen wollte und ob der Versicherer sie so verstehen musste, ist eine ganz andere Frage.

Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung kann nur jedem / jeder Arbeitnehmer/in, der im Zuge der betrieblichen Altersversorgung in den Genuss einer Direktversicherung kommt, nach Scheidung und Wiederheirat dringend empfohlen werden, gegenüber der Versicherung klarzustellen, wer nunmehr begünstigte Person im Fall seines Ablebens ist. Andernfalls droht der / dem Witwe/r ein böses Erwachen, wenn die Versicherungsleistung nicht an ihn / sie, sondern den geschiedenen Ehegatten ausgezahlt wird.

Infos und Kontakt: Rechtsanwalt Hans-Georg Herrmann ist Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V., www.mittelstands-anwaelte.de

Rechtsanwalt Hans-Georg Herrmann, Rechtsanwaltspraxis Dr. Thalhofer, Herrmann & Kollegen, Geibelstraße 1, 66121 Saarbrücken, Tel.: 0681 968640, E-Mail: herrmann@rechtsanwaltspraxis.com, Internet: www.rechtsanwaltspraxis.com

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