China wird auch für deutsche Händler und Einkäufer immer interessanter

25.05.2001
Wer im großchinesischen Raum Geschäfte machen möchte, kommt an Handelsorganisationen wie Cetra und TCA in Taiwan oder TDC in Hongkong nicht vorbei. Mit dem bevorstehenden WTO-Beitritt Chinas und Taiwans gewinnen die Wirtschaftsförderungsverbände zunehmend an Bedeutung.

Taiwan ist in den vergangenen 30 Jahren zwar zur vierzehnt-wichtigsten Handelsmacht aufgerückt, verfügt international aber kaum über direkte zwischenstaatliche Beziehungen. Vor diesem Hintergrund kommen dem halboffiziellen China External Trade Development Council (Cetra) und der Taipei Computer Association (TCA) nicht nur die Rolle als Handelsvermittler, sondern auch eine quasi-diplomatische Funktion zu.

Taiwans Wirtschaftsdiplomaten: Cetra und TCA

Cetra wurde 1970 gegründet und deckt als wichtigster Handelsverband der Insel alle Bereiche der taiwanischen Wirtschaft ab. Mit seinen mehr als 800 Mitarbeitern und knapp 40 Zweigstellen in Übersee, eine davon in Düsseldorf und eine in München, hat der Außenhandelsrat über sein International Sourcing Center (ISC) allein 1999 ausländischen Einkäufern Wirtschaftskontakte mit einem Handelsvolumen von 1,9 Milliarden Dollar vermittelt. Allerdings waren die kostenlosen ISC-Services bislang vornehmlich großen ausländischen Unternehmen vorbehalten. Taiwanische Firmen, die meisten davon klein bis mittel-ständisch, erhalten bei ihren internationalen Handelsbemühungen hingegen volle Unterstützung. Dazu gehören Informationsdienste, Marktforschung, Design-Förderung, Beratungsleistungen und die Organisation von Ausstellungen und Messebesuchen. Als nächste große Messe steht mit TCA als Co-Organisator vom 4. bis 8. Juni die Computex im Taipeher World Trade Center (TWTC) bevor.

TCA wurde 1974 als Non-Profit-Organisation gegründet und ist seitdem von 15 auf über 4.000 Mitglieder angewachsen, die fast 90 Prozent der taiwanischen IT-Industrie repräsentieren. Zu den Mitgliedern gehören so bedeutende taiwanische und internationale Unternehmen wie Acer, AMD, Asus, FIC, Gigabyte, IBM, Intel, Microsoft, Mitac, NEC und UMC. Eine wichtige Informations- und Einkaufsquelle ist der 1997 gestartete Internet-Service Computex Online.

Während weniger technologieintensive Unternehmen ihre Produktion mehr und mehr nach China verlagern, machen sich Regierung, Cetra und TCA dafür stark, dass Taiwans einheimische IT-Indus-trie in Richtung "Innovalue" geht. Innovalue heißt nicht nur die Hinwendung zu höherwertigen Produkten wie Information Appliances (IAs), TFT-Displays und Mobiltelefonen, sondern auch zu Integrationsservices. Dem WTO-Beitritt Chinas und Taiwans sieht Cetra-Vice-President Thomas Tsou positiv entgegen: "Langfristig ist das gut für uns und eine Herausforderung. Denn Konkurrenz belebt den Markt, und Taiwans Wirtschaft ist auch in China in einer sehr guten Ausgangsposition." Gerade erst hat Marktforscher MIC seine Wachstumsprognosen für Taiwans Hardware-Industrie von 14,9 auf null nach unten korrigiert. Gleichzeitig wurde erstmals offiziell bekannt, dass in den zurückliegenden 20 Jahren Kapital in Höhe von mehr als 84 Milliarden Dollar nach China geflossen ist, was Taiwan dort zu einem der wichtigsten Investoren macht.

TDC: Hongkong nutzt den First-Mover-Vorteil in China

Nach dem bevorstehenden Beitritt in die Welthandelsorganisation (WTO) soll sich das Handelsvolumen Chinas in den nächsten fünf Jahren mehr als verfünffachen. "Für Hongkong als First Mover nach der Öffnung Chinas vor 20 Jahren und dessen wichtigsten Handelsknotenpunkt sind das gute Nachrichten", erklärte Mitte letzter Woche Peter K. C. Woo, Vorsitzender des 1966 gegründeten Hong Kong Trade Development Council (TDC) in Frankfurt und München vor zahlreichen Vertretern der deutschen Wirtschaft. Der Hongkonger Wirtschaftsförderungsverband ist nicht nur einer der wichtigsten Messeveranstalter Asiens, sondern bietet mit seinem Cyber-Marktplatz internationalen Handelspartnern Kontakte zu mehr als 100.000 Firmen mit über 1,8 Millionen Hits pro Tag. Alle Firmen mit Hongkong-Niederlassung können sich registrieren lassen, somit erstreckt sich der Einfluss des TDC bis weit nach China und sogar nach Taiwan.

Mit Blick auf die wachsenden Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hongkong und Bayern ist für Woo klar: "Der B2B-Dialog zwischen Städten und Regionen wird immer wichtiger. Wir vom TDC kennen aber kein Big B oder Small B, sondern nur B. Jedes Unternehmen, ob klein oder groß, wird von uns gleich behandelt."

Mit einem Volumen von 400 Milliarden Dollar hat sich Hongkong in den letzten 22 Jahren von Platz 23 auf Platz zehn der bedeutendsten Handelsländer entwickelt. Handel macht 50 Prozent des Bruttosozialproduktes aus. 85 Prozent der arbeitenden Bevölkerung sind im Servicesektor beschäftigt, in China sind es noch nicht mal 40 Prozent. In den vergangenen 20 Jahren ist der China-Anteil am Hongkonger Handelsvolumen von sechs auf 35 Prozent gestiegen. Zugleich stellt Hongkong etwa die Hälfte aller ausländischen Investitionen in China. Was Woo das "Hongkonger Modell" und "Moving up the Value Chain" nennt, spricht ebenfalls für sich: 36 Prozent aller Hongkonger Hersteller sind als Markenhersteller positioniert, und mehr als 60 Prozent profitieren von Original Design Manufacturing (ODM). Zur Zukunft Hongkongs befragt, wenn sich Schanghai immer mehr zur zweiten großen Drehscheibe in China entwickelt, ist Woo zuversichtlich, dass die guten Beziehungen beider Städte zum gegenseitigen Nutzen sein werden. Der Zukunft Taiwans blickt der TDC-Vorsitzende vor dem Hintergrund der dort immer weiter abdriftenden Industrie jedoch eher skeptisch entgegen.

www.cetra.org.tw

www.computex.com.tw

mic.iii.org.tw

www.tdclink.net

www.tdctrade.com

ComputerPartner-Meinung:

Wirtschaft kennt keine Grenzen, besonders nicht in China. Wenn Taiwan und Hongkong es verstehen, ihren Heimvorteil weiter zu nutzen und noch auszubauen, haben sie vom WTO-Beitritt Chinas sicherlich nichts zu befürchten. Was sie anderen internationalen Inves-toren voraushaben, sind die gemeinsamen Wurzeln: Sprache, Mentalität und Kultur. Nicht umsonst füllen sich die Auftragsbücher der Taiwaner von Jahr zu Jahr immer mehr. Sollte Taiwan den Wandel zum innovativen Hightech-Land nicht schaffen und stattdessen die ganze Produktion nach China verlagern, sieht es für die einheimische Industrie jedoch schlecht aus. (kh)

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