Oktoberfest-Netztest

Der beste Anschluss für die Wiesn

Dr. Harald Karcher ist freier Autor in München. Er testet mobile Geräte vom Handy bis zum Laptop und mobile Netze von WLAN bis zu LTE.

E-Plus verspricht bis zu 42 MBit/s

Das Datennetz von E-Plus war über sechs Stunden fast nonstop eine Katastrophe. Der DL-Durchschnitt lag bei 0,87 MBit/s, der UL-Mittelwert bei 0,12 MBit/s. Dagegen schafften O2, Telekom und Vodafone das Vielfache, siehe Tabellen und Grafiken. Wir haben allerdings nur die Datenleistung und nicht die Telefonie getestet, weil der Datendurchsatz für Internet-affine Smartphone-User immer wichtiger wird und sich auf der Wiesn von Jahr zu Jahr etwa verdreifacht. Das Telefonievolumen dagegen bleibt weitgehend unverändert, genau wie der Konsum von Ochsen, Bier und Hühnchen.

Die Ping-Messungen schwankten mit E-Plus extrem, von passablen 113 bis zu schrecklich langen 2245 Millisekunden. Das Mittel daraus liegt bei lahmen 394 Millisekunden. Allerdings brachen 13 von 32 Messungen schon zusammen, bevor ein Ping alias Daten-Round-Trip überhaupt komplett zustande kam. Diese Total-Flops sind im obigen Mittelwert gar nicht enthalten, denn mit welcher Pingzeit sollte man den Mittelwert konkret berechnen, wenn so ein abgerissener Ping erst gar nie fertig wird? Kurzum: Es war eine Qual, im Wiesn-Hotspot von E-Plus zu Surfen und zu messen.

Einzige Ausnahme: Kurz vor 17 Uhr hatten wir am Löwenbräuzelt ein paar ordentliche Downloads zwischen drei und sieben MBit/s. Der große Rest lag aber unter 1 MBit/s, meist sogar unter 0,1 MBit/s. Die offiziellen 42 MBit/s waren also nicht einmal ansatzweise zu erkennen.

Spätere Stichproben gegen 19 und 20 Uhr brachten an gleicher Stelle, nämlich am Löwenbräuzelt, null Datendurchsatz mit E-Plus. Okay, es ist bekannt, dass alle Netze auf der Wiesn gegen 19 Uhr stark unter Druck geraten. Aber die anderen drei Netze fielen auch in der Mobilfunk-Rushhour nicht gleich ins Koma.

Warum floppt der E-Plus-Hotspot?

Kurz vor dem Wiesn-Start 2013 erklärte E-Plus-Pressesprecher Jörg Borm auf Anfrage: "Über insgesamt 11 Mobilfunkstandorte auf und neben dem Gelände stellt die E-Plus-Gruppe die Versorgung der Wiesn auch in diesem Jahr sicher… Erstmals ist es den Besuchern möglich, mit HSPA+ im Dual Cell-Modus und damit mit bis zu 42 MBit/s direkt von der Wiesn ins mobile Internet zu gehen". Das klingt gut! Doch warum haben wir dann so geringe Messwerte? Wir meinen, zwei Schwachpunkte im Hotspot-Design von E-Plus zu erkennen:

  • E-Plus lässt offen, wie viele E-Plus-Stationen denn nun wirklich innerhalb (!) des Festgeländes stehen, und wie viele neben dem Gelände? Vodafone zum Beispiel hat 12 UMTS-Standorte, plus GSM, plus LTE innerhalb (!) der Wiesn 2013 aufgebaut, dazu kommt eine starke 2G-3G-4G-Versorgung rund um das Festgelände: Da ist es schwer vorstellbar, wie E-Plus es schaffen will, die Wiesn überwiegend von außerhalb des Geländes zu versorgen.

  • Die Freischaltung von HSPA+ im Dual Cell-Modus in einem derart Traffic-intensiven Hotspot ist ein riskantes Unterfangen. Andere Netzbetreiber versuchen eher das Gegenteil, nämlich den Dual-Cell-Modus just auf der Wiesn weitgehend zu vermeiden.

O2 im Wiesn-Check: Wie Phönix aus der Asche

Das O2-Netz überraschte mit großartigen Messwerten auf der Wiesn. Zwischen 16 und 17 Uhr kamen an der Käfer Schänke, am Weinzelt und am Löwenbräuzelt satte Downloads von circa 20 bis 50 MBit/s aus der Luft auf unser Nokia Lumia 925 herunter. In diesem Zeitabschnitt lag die O2-Performance im Durchschnitt nur knapp hinter dem starken Vodafone-Netz. Von 17 bis 19 Uhr ging der O2-Daten-Durchsatz zwar nach unten, aber nicht so tief wie bei den anderen drei Netzbetreibern. Auch nach 19 Uhr lagen die O2-Werte über denen von E-Plus, Telekom und Vodafone, siehe Grafiken. Im DL-Durchschnitt schaffte O2 satte 33,85 MBit/s, gefolgt von Vodafone mit 25,98 MBit/s, Telekom mit 7,81 MBit/s und E-Plus mit 0,87 MBit/s.

Warum ist der O2-Hotspot heuer so stark? O2 hat die LTE-Netz-Kapazität zur Wiesn 2013 im Vergleich zum Vorjahr glatt verdreifacht, und zwar von zwei auf sechs LTE-Stationen, erklärt Pressesprecher Markus Göbel. Das spürt man auch auf Schritt und Tritt. Hinzu kommt die Vermutung, dass O2 bislang deutlich weniger LTE-Abonnenten als Telekom und Vodafone unter Vertrag hat. Damit kann O2 vorerst noch viel neue LTE-Kapazität auf wenige User verteilen. Das neue Netz ist noch schön leer, da bleibt für jeden Einzelnen viel Durchsatz übrig. Da LTE im ersten Jahr bei O2 zudem keinen Aufpreis kostet, ist das zurzeit ein interessantes Angebot, sofern man sich in einem LTE-versorgten Gebiet aufhält.

Telekom im Wiesn-Check: Wirkt wie gebremst

Letztes Jahr kam das iPhone 5 pünktlich zur Wiesn 2012 auf den deutschen Markt. Damit bekamen wir in der Münchener Altstadt auf Anhieb über 40 MBit/s und ein paar Tage später über 70 MBit/s aus dem LTE-1800-Netz der Telekom. Das Festgelände selber war 2012 noch nicht so stark mit LTE versorgt. Passend zur Wiesn 2013 kam heuer das iPhone 5s ebenfalls pünktlich in die deutschen Läden. Also konnten wir auch anno 2013 das gefragteste Handy der Welt mit einer SIM-Karte für das schnellste, deutsche LTE-Netz stolz in der Lederhosen auf die Wiesn tragen. Umso größer die Verwunderung: Kein einziger DL-Test ging heuer auf der Wiesn mit dem iPhone 5s über 9 MBit/s hinaus, kein einziger Upload knackte die 3-MBit/s-Marke. Von "bis zu 100 MBit/s" des Telekom Complete Comfort XXL Tarifes waren unsere Messwerte weit entfernt.

Immerhin waren die Durchsätze in allen 32 Messungen mit dem iPhone 5s aber extrem stabil: Der mittlere DL lag bei stabilen 7,81 MBit/s, der mittlere UL bei 2,26 MBit/s mit ebenfalls extrem geringen Abweichungen. Die Pingzeit war mit 49 Millisekunden im Mittel sogar sehr flott. Deshalb fühlten sich die mäßigen Durchsatzwerte beim Surfen dennoch ganz passabel an. Auch bei den Kontrollmessungen außerhalb der Wiesn, am Karlsplatz und am Marienplatz, wirkte das iPhone 5s bei den DL- und UL-Messungen wie abgebremst.

Immerhin konnte sich das Telekom-iPhone 5s überhaupt schon in das LTE-Netz einloggen. Das 5s von O2 dagegen ließ zur gleichen Zeit nur 3G und noch kein LTE zu. Erst nach Abschluss der Mess-Tour bekam das 5s von O2 ein Update der Netzbetreiber-Einstellungen über die Luft, mit denen LTE dann erstmals auf dem o2-iPhone 5s aktiviert wurde. Bei einer letzten Stichprobe am vergangenen Sonntag kamen mit dem 5s von O2 dann vereinzelt sogar DLs bis zu 55 MBit/s.

Warum kommen keine 150 MBit/s?

Eigentlich müsste der Telekom-Hotspot zur Wiesn 2013 ja vor Kraft und Speed nur so strotzen, denn "…auf dem Oktoberfest 2013 betreiben wir zehn LTE-Antennen-Standorte. Den Datenverkehr führen wir über das eigene Glasfasernetz ab", erklärt Dr. Markus Jodl, Leiter Kommunikation Region Deutschland, Corporate Communications, Deutsche Telekom AG. Daneben seien noch acht GSM- und ebenfalls zehn UMTS-Standorte auf dem Festgelände installiert.

Warum kommt also nicht mehr Speed? Hat die Telekom jetzt schon so viele LTE-Abonnenten im Netz, dass für den einzelnen LTE-User kaum mehr als 8 MBit/s übrig bleiben? Hat die Telekom den ganzen Wiesn-Hotspot so stark parametrisiert, dass dort kein Einzelner auch nur mal kurzfristig ganz viel LTE-Speed bekommen kann? Oder hat die Telekom zur Wiesn-Zeit vielleicht sogar ganz München parametrisiert? Denn auch am Karlsplatz, am Marienplatz und bei Stichproben im östlichen Bogenhausen kam das iPhone 5s im LTE-Modus ebenfalls kaum über 8 MBit/s hinaus.

Der Autor wundert sich über die unerwartet schwachen Messwerte mit dem Telekom-Equipment, denn schon seit über einem Jahr hatte die Telekom in unseren Netz-Vergleichstests doch immer das schnellste LTE-Netz. Außerdem hat ein Samsung Galaxy S4 schon im Sommer 2013 auf dem Marienplatz Spitzenwerte von 106 MBit/s aus dem LTE-1800-Netz der Telekom gezogen. Dass die Telekom mit LTE viel mehr als 8 MBit/s kann, steht außer Zweifel.

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