Deutscher PC-Markt behauptet sich knapp - hohe Verluste bei HP

08.05.2003
Im ersten Quartal 2003 konnte sich nach den vorläufigen Zahlen von IDC der deutsche PC-Markt mit einem kleinen Minus von 1,1 Prozent knapp behaupten. Vor allem die weiterhin starke Notebook-Nachfrage war für das relativ gute Ergebnis verantwortlich.

Im ersten Quartal 2003 wurden in Deutschland insgesamt 1.768.082 Rechner verkauft. Das sind etwa 20.000 Geräte oder 1,1 Prozent weniger als im Vorjahresquartal. Ein deutliches Plus von fast 22 Prozent im Notebook-Bereich sowie ein Zuwachs von 12 Prozent bei den Intel-basierenden Servern glichen fast das Minus von 8,6 Prozent bei den Desktops aus, sodass der Markt insgesamt nur 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal verlor.

Wie schon in den vorangegangenen Quartalen gehört Acer mit einem Plus von knapp 58 Prozent zu den Gewinnern der Saison. Vor allem der extrem starke Auftritt im Notebook-Segment bescherte den Taiwanern massiven Auftrieb. So verfünffachte Acer seinen Marktanteil im Segment Consumer-Notebooks von 2,9 Prozent auf 11,4 Prozent. Im Business-Bereich konnte das Unternehmen seinen Anteil immerhin von 6,5 auf 11,7 Prozent fast verdoppeln. Aber auch Marktführer FSC sowie Direktanbieter Dell und Aktionsanbieter Medion legten über alle Formfaktoren ein zweistelliges Plus hin. FSC punktete dank seiner Lidl-Aktion besonders deutlich bei den Consumer-Notebooks mit einem Plus von 169,7 Prozent. Aber auch im Business-Segment zeigten die Bad Homburger mit fast 30 Prozent Plus einen deutlichen Aufwärtskick.

Anders sah es jedoch bei HP und Actebis aus. Beide verloren über ein Drittel ihrer Marktanteile. Actebis musste vor allem im Desktop-Bereich massiv Federn lassen, sowohl im Consumer-Segment (minus 39,9 Prozent) als auch im Business-Bereich, in dem die Soester sogar knapp 70 Prozent verloren.

Die höchsten Einbußen erlitt jedoch HP - und zwar vor allem im Endkundenmarkt. Hier brach der Desktop-Verkauf um schmerzliche 90,2 Prozent ein, auch bei den Notebooks sah es mit minus 64,9 Prozent düster aus. Karola Bode, Director Category Management & Marketing, will erst gar nicht das schlechte Abschneiden beschönigen. "Wir versuchten, den Consumer-Bereich von der Basis her zu konsolidieren, und haben bei den Retailern kein Fettnäpfchen ausgelassen", gibt sie unumwunden zu. Die Belieferung der Retailer sollte von Grund auf geändert werden, was diesen aber gar nicht passte. Erst vor gut drei Wochen hat sich die oberste HP-Leitung geeinigt, doch alles beim Alten zu belassen. Aber der Schaden war schon angerichtet. Für das nächste Quartal erwartet Bode jedoch wieder einen positiven Trend, da man ebenfalls einige wichtige produktionstechnische Veränderungen durchgesetzt habe.

Aber auch im Business-Bereich zeigten sich die Böblinger nicht von ihrer erfolgreichsten Seite. Einer der möglichen Gründe für das durchgehend schlechte Ergebnis hat etwas Pikantes an sich und wird noch lange Auswirkungen auf die deutschen Marktzahlen und -anteile haben. Marktforscher wie IDC fragen für ihre Quartalszahlen immer nach dem Sell-in im jeweiligen Land. Dabei werden neben den Direktverkäufen oder Lieferungen an die Retailer die Abgabemengen an die deutschen Distributoren aufgeführt. Das klingt einfach, da jedes Gerät eine Produktnummer hat, an der man erkennen kann, ob es sich um ein Gerät für England, Frankreich oder eben den deutschsprachigen Raum handelt. Aber genau hier liegt die Besonderheit des deutschen Marktes. An der Produktnummer kann man nur erkennen, ob es sich um ein deutschsprachiges Produkt handelt. Dabei wird jedoch kein Unterschied zwischen Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz gemacht. Und kaum ein Disti hat eigene Lager in den umliegenden Ländern. Wenn man als Hersteller nun nicht manuell und mit viel Aufwand von den Distis die jeweiligen Abverkaufszahlen nach Österreich und in die Schweiz erfragt und diese aus seinen Verkaufszahlen herausrechnet, liegen die an IDC gemeldeten Zahlen höher, als sie tatsächlich sind. Und genau diese Rechnerei hat Compaq in der Vergangenheit nicht durchgeführt, HP anscheinend sehr wohl, und die neue HP rechnet seit Anfang des Jahres auf der Grundlage einer dritten Methode ebenfalls die Verkäufe nach Österreich und in die deutschsprachige Schweiz heraus. Und damit wird die Schieflage laut Bode noch drastischer, als sie tatsächlich ist, da HP zusätzlich zum angespannten Markt gegen den Vergleich mit fiktiven Zahlen der (Compaq-)Vergangenheit kämpfen muss.

www.idc.com

ComputerPartner-Meinung

Das Beispiel HP zeigt deutlich, dass der PC-Markt nicht allein von der Kundennachfrage beziehungsweise der gesamtwirtschaftlichen Situation abhängt, sondern sehr stark von der konsequenten und transparenten Partnerschaft zwischen Hersteller und Handel. Selbst kleinste Verstimmungen in diesem empfindlichen Gefüge können einen König stürzen, wie die Böblinger Dependance des erfolgsverwöhnten Weltmarktführers derzeit in Deutschland schmerzhaft erfährt. (go)

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