Die E-Business-Aktivitäten der deutschen Industrie

11.10.2001
Die E-Business-Euphorie der deutschen Industrie ist einer gewissen Ernüchterung gewichen. Viele Projekte erwiesen sich als zu teuer, zu personalintensiv und zu riskant. Doch in letzter Zeit stellt sich wieder ein wenig Optimismus ein.

Anfangs noch recht zögerlich, haben sich in den vergangenen Jahren viele deutsche Industrieunternehmen mit Bravour ins E-Business gestürzt. In der Praxis stellte sich jedoch bald Ernüchterung ein. Denn die meisten Internetprojekte erwiesen sich # anders als zuvor kalkuliert # als langwierig, teuer, personalintensiv und riskant. Folglich haben viele Firmen ihr E-Business-Engagement zurückgefahren oder diesbezügliche Pläne vorerst auf Eis gelegt. Wie sehr das Vertrauen in das E-Business gelitten hatte, zeigt sich auch an den starken Kursverlusten am Neuen Markt.

Derweil sind viele deutsche Industrieunternehmen, was die Möglichkeiten und den Return on Investment (ROI) von E-Business betrifft, zu einer realistischeren Einschätzung gelangt. Dementsprechend hat sich das Stimmungsbild in jüngster Zeit wieder leicht zum Positiven gewandelt. Das ist das Ergebnis einer Studie der Hamburger Integra GmbH, europäischer Anbieter von Internet- sowie E- und M-Commerce-Lösungen.

Ein Grund für diesen Sinneswandel ist sicherlich, dass sich die meisten Industrieunternehmen mittlerweile von der Vorstellung verabschiedet haben, Investitionen in E-Business würden sich direkt in höheren Umsätzen niederschlagen. Kundenbindung, die Optimierung der internen Prozesse und der Vorsprung gegenüber den Wettbewerbern rücken stattdessen immer mehr in den Vordergrund der Überlegungen.

Wie eine Punkteskala von eins bis vier zeigt, stufen Großunternehmen und Konzerne (GUK) den Wert ihrer E-Business-Anwendungen in der Regel deutlich höher ein als die kleinen und mittelständischen (KMU), von denen viele bei ihren Aktivitäten erst am Anfang stehen (siehe Tabellen). Entsprechend hoch ist bei ihnen auch der Anteil eines eigenen E-Business-Ressorts, das bisher allerdings nur bei 50 Prozent aller deutschen Industrieunternehmen vorhanden ist.

Niedriger Integrationsgrad

20 Prozent der von Integra befragten 171 Unternehmensverantwortlichen gaben an, dass E-Business fester Bestandteil ihrer Firmenstrategie ist. Aber nur sechs Prozent sind der Meinung, dass die vollständige Integration ihrer E-Business-Anwendungen in allen Unternehmensbereichen schon abgeschlossen sei, 22 Prozent rechnen damit in spätestens zwei Jahren. 59 Prozent stufen den Grad der Integration für den heutigen Zeitpunkt als sehr niedrig ein. Will man den Plänen der Industrie glauben, soll dieser Anteil in den nächsten zwei Jahren allerdings auf etwa 16 Prozent deutlich schrumpfen.

75 Prozent der deutschen Industrieunternehmen blickten in den ersten Jahren der Implementierung ihrer E-Business-Anwendungen auf eine Reihe von Problemen zurück, nur vier Prozent hatten nach eigenen Aussagen mit überhaupt keinen Schwierigkeiten zu kämpfen. Fast 80 Prozent bezeichneten den Einsatz ihrer E-Business-Anwendungen in den ersten beiden Jahren als nicht oder kaum profitabel. Dabei hatten die Unternehmen, die ein eigenes E-Business-Ressort eingerichtet haben, offensichtlich mit weniger Komplikationen zu kämpfen als jene, welche die Aufgabe - wie es noch oft üblich ist - auf ihre IT-Abteilungen abgewälzt haben.

Auf Systempartner wird meist noch verzichtet

Wie hemdsärmelig viele Unternehmen an E-Business herangegangen sind, zeigt auch Folgendes: Knapp 60 Prozent der deutschen Industriebetriebe haben bisher darauf verzichtet, sich einen Dienstleister oder Systempartner ins Boot zu holen. Nur etwa zehn Prozent sprechen von einer richtungsweisenden Partnerschaft. Dabei sind mehr als 80 Prozent der deutschen In-dustrieunternehmen aus dem Lager der KMU und der GUK überzeugt davon, dass die strategische Beratung durch einen externen Dienstleister durchaus sinnvoll wäre.

Zu den wichtigsten Anforderungsprofilen eines möglichen Dienstleisters oder Systempartners befragt, fielen die Antworten unterschiedlich aus. Bei den Großunternehmen und Konzernen zählen Projekterfahrung mit anderen Industrieunternehmen und Branchenkenntnisse, bei den KMUs steht das Preis-Leistungs-Verhältnis im Vordergrund der Überlegungen.

Auch wenn E-Business in der deutschen Industrie wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird, gibt es noch viele Skeptiker wie etwa den Chef eines großen deutschen Pharmakonzerns, der sagte: "Bringen Sie mir den Beweis für einen ordentlichen Return on Investment, und ich investiere in E-Business."

www.integra-europe.de

ComputerPartner-Meinung:

Sei es zur besseren Kundenbindung oder nur deshalb, weil die anderen es auch machen: An E-Business kommt langfristig kein Unternehmen vorbei. Übertriebene Erwartungen wie in der Hochphase des Internet-Hypes zu setzen ist sicherlich ebenso falsch wie den Kopf hängen zu lassen, wenn sich nicht gleich ein vernünftiger Return on Investment einstellt.

Viele Probleme, denen sich die Unternehmen anfangs gegenüber sahen, hätten durch die Einbindung von kompetenten Beratern und Systempartnern sicherlich vermieden werden können. Am wichtigsten ist jedoch, dass E-Business nicht nur zum Fall für die IT-Abteilung erklärt wird, sondern einschließlich Geschäftsleitung alle Unternehmensbereiche erfasst und auch in den Köpfen der Mitarbeiter verankert wird. (kh)

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