"Die Gefühle sind gemischt - aber die Lage ist nicht problematisch"

18.10.2001
Die geplante Fusion der Konzerne Hewlett-Packard und Compaq wirkt sich negativ auf das Tagesgeschäft aus: Einige Händler berichten von kurzfristigen Auftragsstornierungen und Abatzproblemen. Die Lage wird sich schnell beruhigen, glauben indes die Analysten.

Die Geschäfte laufen derzeit nicht besonders gut. Hewlett-Packard-Chefin Carleton Fiorina räumte vor kurzem eine "Verlangsamung" der Verkäufe ein, Compaq gab eine Gewinnwarnung heraus. Beide Unternehmen betonen, die Umsatzeinbrüche hätten nur wenig mit der Bekantgabe der Fusionsabsichten zu tun. Denn auch die Terroranschläge in New York hätten sich negativ auf die Stimmung ausgewirkt. "Verbraucher und Kunden sind wie angewurzelt stehen geblieben", sagte Fiorina.

Wurzeln schlagen bei ihm höchstens die Geräte von Compaq, kontert Michael Notowitz, IT-Händler aus Düsseldorf: "Meine Kunden kaufen zur Zeit einfach nichts mehr von denen." Selbst die treuesten Kunden möchten lieber erst die weitere Entwicklung abwarten, bevor sie in Geräte investieren, die es vielleicht bald gar nicht mehr gibt. Stattdessen weichen sie auf Konkurrenten wie Dell aus. "Das will ich denen eigentlich gar nicht verkaufen. Aber Dell kämpft mit extremsten Preisen, da kriegen Sie die Geräte teilweise um 40 Prozent billiger. Außerdem haftet an denen noch kein Negativimage."

Das offizielle Schweigen des Übernahmekandidaten sei auch nicht gerade förderlich fürs Geschäft: "Von Compaq habe ich bisher kein Wort dazu gehört, wie es in Zukunft weitergehen soll", ärgert sich Notowitz. "Was soll ich denn da meinen Kunden erzählen?"

Notowitz ist kein Einzelfall. Europaweit berichten Partner der Computergiganten Compaq und Hewlett-Packard von massiven Problemen. Das Marktforschungsunternehmen Context hat 150 Partner in Europa zur aktuellen Lage befragt. Die Stimmung sei schlecht, berichten die Marktforscher, die Geschäfte sind wegen der möglichen Fusion ins Stocken geraten. So gab jeder Achte an, dass bereits nach der ersten Absichtserklärung Kunden ihre Aufträge kurzfristig storniert hätten. Vor allem die Compaq-Partner habe es schwer getroffen, die Kundschaft sei verunsichert. Fast alle Umfrageteilnehmer befürchten deshalb weitere Umsatzeinbrüche.

"Die Gefühle sind gemischt, aber die Lage ist nicht problematisch", meint ein Augsburger Netzwerkspezialist. Seine Kundschaft habe sich zwar auch nach dem aktuellen Stand der Dinge erkundigt, aber auf die Idee, einen Auftrag zu stornieren, sei bei ihm noch keiner gekommen. "HP und Compaq bleiben nun mal die Besten im Markt." Allerdings bietet der Augsburger von jeher schon beide Marken an. "Da ändert sich nicht viel. Im Gegenteil: Ich glaube, wir werden von dieser Sache profitieren."

Großteil der Händler bietet beide Produktlinien an

So sieht das auch Lorenz Eberle von Compubase: "Die Händlerwelt wird von dieser Fusion nicht erschüttert werden." Nach Erhebungen des IT-Datenbank-Anbieters gibt es in Deutschland derzeit beispielsweise 2.906 IT-Händler, die Notebooks, Desktops, Server und Workstations von Hewlett-Packard beziehungsweise Compaq verkaufen. 1.421 (48,9 Prozent) von ihnen haben bereits heute beide Marken im Programm. Bei Servern liegt die Überschneidungsquote sogar bei mehr als 60 Prozent. "Den anderen kommt die lange Übergangszeit zugute", glaubt Eberle.

Ein wenig skeptischer sieht Jörg Eberling von der Losekann GmbH in Heidelberg die aktuelle Lage. Er habe noch keine negativen Auswirkungen gespürt, aber: "Wenn HP die Marke Compaq wirklich platt macht, fände ich das sehr bedenklich." Denn zu einer Monokultur sei es dann nur noch ein kleiner Schritt: "Die Geschichte mit Microsoft zeigt deutlich, wo dann die Gefahren liegen."

Der Chef eines Kölner Systemhauses bezeichnet die Fusion als eine Frage des Geldes: "Uns interessiert vor allem, wie es mit den Zertifi-zierungen weitergeht. Das ist schließlich wieder mit Investitionen verbunden. Da sollte sich Hewlett-Packard entsprechend kulant zeigen", fordert der Manager.

Tony Lock, Analyst bei Bloor Research, glaubt nicht, dass sich die Partner wirklich Sorgen um ihre Zukunft machen müssen: "Natürlich gibt es derzeit viel Unsicherheit und Zweifel." Langfristig werde es aber keine echten Probleme für die Partner geben, schließlich hätten beide - Hewlett-Packard und Compaq - angekündigt, ihren indirekten Kanal ausbauen zu wollen. Bloor: "Es gibt zwar Überschneidungen in einigen Bereichen, aber Fakt ist doch, dass beide Unternehmen Umsatz machen wollen. Vielleicht werden sie ihre PCs künftig unter einer Marke vertreiben, aber eins ist sicher: Sie wollen sie auch weiterhin verkaufen."

Auf Gartners ITXPO-Symposium in Orlando bemühte sich HP-Chefin Fiorina indes, die massiven Zweifel am Erfolg der Fusion von Hewlett-Packard und Compaq zu zerstreuen. Es gebe bereits eine klare Produktstrategie für die vereinte Company. Dieser Plan soll in etwa einem Monat vorgestellt werden, wenn die Behörden ihre Zustimmung zur Fusion gegeben haben. In einem Gespräch mit dem IDG-News-Service kündigte Fiorina auch ein "Investment Protection Program" für die Kunden an, die noch vor dem Abschluss der Fusion Produkte von einem der beiden Unternehmen kaufen.

Gleichzeitig räumte sie ein, dass trotz der Bemühungen mit Sicherheit nicht alle Produkte der beiden Firmen die Fusion überleben werden. Das Problem der Namensfindung für die gemeinsame Firma scheint inzwischen auch offiziell gelöst: Wie bereits von vielen Analysten vermutet, soll sie Hewlett-Packard heißen, einzelne Produktlinien sollen aber nach wie vor unter dem Compaq-Label laufen. Die Händler sollen ebenfalls auf dem Weg zur neuen Company betreut werden: "Wir haben einen umfassenden Integrationsplan und jetzt schon viel strategische Arbeit getan. Und unser Ziel wird es sein, unseren Händlern Roadmaps geben zu können, wie sie die Produkte langsam überführen können", so Fiorina.

Wie die künftige Konzernstrategie in Deutschland aussehen wird, steht allerdings noch in den Sternen: "Frühestens zur Cebit" könne man mit konkreten Vorgaben aus den USA rechnen, so ein Insider, bis dahin sei alles andere "reine Spekulation".

www.hewlett-packard.de

www.compaq.de

ComputerPartner-Meinung:

Beide Hersteller haben das gleiche Problem: Die amerikanische Konzernleitung interessiert sich wenig für die Probleme ihrer "Kolonien". Anders lässt sich nicht erklären, dass beispielsweise der deutsche HP-Chef Heribert Schmitz Berichte über Produktstrategien als Gerüchte abtut, die dann am nächs-ten Tag von Fiorina prompt als Tatsache bestätigt werden. Die Konkurrenz freut sich: Nicht nur Dell, auch Fujitsu Siemens hofft inzwischen öffentlich, verunsicherte Kunden und Mitarbeiter bald für sich gewinnen zu können. (mf)

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