Dienstvertrag oder Werkvertrag?

03.02.2000
Die Vertragsparteien waren sich im Wesentlichen einig. Nur wie der Projektvertrag heißen sollte, war noch nicht klar. Der Entscheider auf der Einkäuferseite bemerkte, es sei im Hause üblich, derartige Verträge als "Werkvertrag" zu bezeichnen. Der Verkäufer hatte aber bessere Erfahrungen mit der Überschrift "Dienstvertrag" gemacht. Mehr zu diesen beiden Vertragsarten weiß Volker Siegel*.

Projektverträge enthalten eine Fülle von Einzelregelungen und Einzelmaßnahmen, untergliedert in Planungsphase, Entwicklungsphase, Durchführungsphase. Sie sind daher schwer auf einen einzelnen Vertragstyp des Zivilrechts (vor allem BGB) zu vereinen. Der Grundsatz in §§ 241, 305 BGB sagt daher nur, dass zwischen den Parteien ein Vertrag bestehen muss, aufgrund dessen der Gläubiger berechtigt ist, vom Schuldner eine Leistung zu fordern.

Gerade bei Projektentwicklungsverträgen ist aber eher ein gemeinsames Produkt das Ziel. Daher wurde auch schon vorgeschlagen, Verträge als eine Gemeinschaft oder BGB-Gesellschaft anzusehen, vergleichbar mit der ARGE im Baubereich.

Viele Anwälte und Entwickler tendieren dazu, den Vertrag nicht nur unter dem Hauptvertrag eines einzelnen Vertragstyps zu gestalten, sondern den Vertrag unter Anlehnung an verschiedene Verträge unterschiedlich zu behandeln. Die Rechtsprechung tendiert dazu, ein möglichst einheitliches Bild zu erlangen und dann einen einheitlichen Vertragstyp zu finden, der auf das Projekt am besten passt. Die einzelnen Abweichungen werden dann, ebenfalls soweit wie möglich nach Vertragstypen sortiert, an allgemeinen Regelungen des BGB gemessen.

Die Überschrift über dem Vertrag sagt dabei gar nichts aus, sondern gibt nur einen Hinweis. Hier gilt "falsa demonstratio non nocet", also dass der Vertrag rechtlich so beurteilt, wie er auch inhaltlich von den Vertragspartnern gedacht und abgeschlossen wurde.

Gravierende Unterschiede

Die wesentlichen Vertragstypen des BGB sind dabei Dienstverträge (§§ 611 ff BGB) und Werkverträge (§§ 631 ff BGB). Zum Teil sind auch Kaufverträge (§§ 433 ff BGB) relevant. Die Unterschiede sind gravierend und gerade beim Einsatz von AGBs ist es wichtig, sich vor den Vertragsverhandlungen ein Bild von den einzelnen Vertragsarten zu machen.

Die Frage, ob Dienst- oder Werkvertrag am sinnvollsten ist, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Sie lässt sich aber über die Feststellung der unterschiedlichen Interessenlagen beantworten. Die unterschiedlichen Elemente eines Projektvertrags sind hier ebenfalls zu berücksichtigen. Daher kann es auch sinnvoll sein, das Projekt in Einzelverträge aufzugliedern. Das ist allerdings mit höherem Aufwand verbunden. Diese Aufgliederung sollte dann im Vertrag deutlich zum Ausdruck kommen.

Besonders wichtig ist die Unterscheidung zwischen Dienst- und Werkverträgen bei folgenden Einzelleistungen: Erstellen eines Pflichtenheftes, Projektleitung, Wiederherstellung oder Bearbeitung des Projekts, Fehlerbeseitigung, Einweisung und Schuldungsmaßnahmen sowie die Einrichtung einer Hotline.

Erfolg oder Bemühung?

Der grundlegende Unterschied zwischen Werk- und Dienstvertrag (siehe Kasten) besteht darin, dass beim Werkvertrag ein Erfolg, beispielsweise die Entwicklung eines Software-Programms geschuldet wird. Beim Dienstvertrag wird hingegen nur das "sich Bemühen" geschuldet.

Der Erfolg wiederum ist das, was vertraglich vereinbart wurde. Der Vertragsgegenstand bestimmt also im Wesentlichen den geschuldeten Erfolg. Je genauer mit anderen Worten dieser gefasst ist, desto weniger Nachfolgeprobleme ergeben sich, wenn das Projekt notleidend wird. Der geschuldete Erfolg ist aber auch wichtig, wenn es um Fehlerbeseitigung geht: Ein Fehler ist dann gegeben, wenn eine ungünstige Abweichung des Werks von dem, was geschuldet war, eintritt. Dieser Erfolg kann auch weit über das übliche technische Wissen hinausgehen.

Eindrucksvoll zeigte sich das im ersten Y2K-Urteil: Dort sollte der Werkunternehmer im Jahre 1991 eine elektronische Steuerung anbringen, von der den Vertragspartnern klar war, dass sie mehr als zehn Jahre halten sollte. Die DIN schrieb noch bis 1996 keine Y2K-Festigkeit vor. Trotzdem war der Erfolg der langdauernden Haltbarkeit des Programms entscheidend für die Frage, ob ein Fehler vorliegt oder nicht. Der Fehler lag hiernach vor, obwohl dies nach dem Stand der Technik nicht der Fall gewesen sein sollte.

Beim Dienstvertrag wird nur die Arbeitsleistung geschuldet, nicht der Erfolg. Das klingt auf den ersten Blick weniger streng, ist es aber in der Praxis nicht immer. Typischerweise stellen Dienstleister ihre besonderen Qualifikationen und Fähigkeiten werblich heraus. Damit aber müssen sie sich auch an diesen Fähigkeiten messen lassen. Von einem erfahrenen Ingenieur kann man daher eine überdurchschnittliche Leistung erwarten. Diese kann wie beim Werkvertrag über die allgemein gültigen Standards (zum Beispiel DIN-Normen) hinausgehen.

Entscheidend für den Vergütungsanspruch und den Beginn der Gewährleistungsfrist ist im Werkvertrag die Abnahme. Im Dienstvertrag gibt es die Abnahme ebenso wenig wie Gewährleistungsfristen, weil eben kein Erfolg geschuldet wird, sondern nur das Bemühen. Im Dienstvertrag ist die Vergütung in aller Regel mit Rechnungsstellung geschuldet. Kennzeichen für den Werkvertrag ist, dass der Werkunternehmer in aller Regel keinen Weisungen über die Art und Weise der Durchführung des Projekts unterliegt und sich jederzeit durch Erfüllungsgehilfen oder Subunternehmer unterstützen lassen kann. Im Dienstvertrag wird in aller Regel die persönliche Arbeitsleistung geschuldet.

Ein wichtiges Kapitel für den Dienstvertrag ist die sogenannte pVV. Hierunter versteht man eine Schlechtleistung des Dienstleistenden. Die pVV verjährt erst nach 30 Jahren. Die Gewährleistungsfrist des Werkunternehmers beträgt gesetzlich nur sechs Monate bis fünf Jahre in Sonderfällen (§ 638 BGB). Hier kann also der Werkvertrag sehr vorteilhaft sein.

Ergebnis

Der Projekttypus für Einzelleistungen in Projektverträgen kann oft variabel gestaltet werden. Es ist sinnvoll, hier im Einzelfall sorgfältig abzuwägen. In aller Regel werden Projekte in ihrer Gesamtheit als Dienst- oder Werkverträge zu gestalten sein.

*Volker Siegel ist Rechtsanwalt in München. E-Mail: v.f.siegel@gmx.de

Unterscheidung Dienst-/Werkverträge

Werkvertrag § 631 ff

- Geschuldet: Erfolg

- Abnahme

- Gewährleistung

-Verjährung

-Arten

- Vergütung

- Weisungsfreiheit

- Haftungsfragen

- Einsatz Subunternehmer

Dienstvertrag § 611 ff

- Geschuldet: Arbeitsleistung

- Vergütung

- Weisungspflichten

- Haftungsfragen

- Einsatz Subunternehmer

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