Ebay: des Handels Konkurrent oder Vertriebskanal mit Zukunft?

09.10.2003
Christian Meyer cmeyer@computerpartner.de

Während halb Deutschland der Ebaymania frönt und immer mehr Menschen Dachböden und Kellerabteile nach auktionswürdiger Ware durchforsten, fragt sich der IT-Handel, ob auch er seine Produkte im virtuellen Auktionshaus unter den Hammer bringen soll. Ebay Deutschland hat sich immerhin zum zweitgrößten Online-Marktplatz der Welt aufgeschwungen. 19 Millionen Besucher tummeln sich mittlerweile dort - eine immens große Zielgruppe also. Besonders gern angesteuert wird die Kategorie "Computer". Alle zwei Minuten wird über Ebay ein PC-System verkauft, ebenfalls alle zwei Minuten ein Notebook und alle 20 Minuten wird ein TFT-Monitor versteigert. Ähnlich sieht es bei Digitalkameras, Handys und PDAs aus - Deutschlands Konsumenten hat das Ebay-Fieber voll erwischt.

Professionelle Händler sind bis dato aber kaum im Online-Auktionshaus auszumachen, 95 Prozent aller Transaktionen gehen auf die Konten von Privatanwendern oder Kleingewerbetreibenden. Das ist auch den Ebay-Verantwortlichen längst aufgefallen. Verstärkt wollen sie nun auch den professionellen IT-Handel ansprechen und ihn davon überzeugen, dass Ebay nicht Konkurrent, sondern Freund ist. Um dem Fachhandel das Engagement schmackhaft zu machen, führte der Betreiber des elektronischen Marktplatzes deswegen vor einiger Zeit ein zusätzliches Angebotsformat ein: Den Verkauf von Produkten zum Festpreis. Der durchschlagende Erfolg ist dennoch ausgeblieben - der professionelle Handel ziert sich nach wie vor. Dafür gibt es Gründe. Klar ist: Wer bei Ebay seine Produkte anbieten will, muss bereit sein, sich auf einen gnadenlosen Preiskampf einzulassen. Die hohe Transparenz auf dem Marktplatz führt systembedingt dazu, dass der Konsument nur noch ein einziges Kaufkriterium kennt: den niedrigsten Preis. Alles andere interessiert ihn nicht. Beratung ist hier kein Pfifferling wert und ohnehin kaum zu leisten. Wer hier also Geld verdienen will, muss auf den Cent genau kalkulieren können - und es auch wollen. Wer seine Einkaufskonditionen nicht auswendig kennt, ratlos ist, welche Kosten Logistik und die Ebay-Tantiemen verursachen, hat sich schnell verrechnet und bleibt auf seiner Ware sitzen.

Dennoch gibt es einige IT-Händler, die als Powerseller erfolgreich ihren Lebensunterhalt mit Ebay verdienen. Es sind jene, die viel Lernwillen mitbringen und viel Zeit in eine permanente Analyse des Marktes stecken. Sie spüren Marktlücken auf, erkennen Trends frühzeitig und haben vielleicht selbst eine Logistikkette aufgebaut, die mitunter bis in die Produktionsstätten in Asien reicht. Gut läuft auch der Verkauf von Gebrauchtwaren und IT-Raritäten - Ebay haftet eben immer noch der Ruf eines Flohmarktes an.

Ob Ebay sein Ziel, mehr angestammte Händler ins Netz zu locken, schnell erreichen wird, hängt letztlich auch davon ab, ob diese ihrerseits lukrative Einkaufsquellen bei Ebay finden. Das ist bis jetzt nicht der Fall. Kaum einer der Distributoren bietet bisher dort seine Ware an. Vielmehr dominieren palettenweise Restposten, Insolvenzware und Ramsch das Angebot bei Ebay Pro - der Auktionsplattform für Wiederverkäufer. Erst wenn auch hier die Profis Einzug gehalten haben, wird der professionelle IT-Handel Ebay als zusätzlichen, weil durchgängigen Vertriebskanal nutzen.

Zur Startseite