Eine interessante Alternative: der Vertriebvon IT-Remarketing-Produkten

29.01.2004
Der Verkauf von gebrauchten und wieder aufbereiteten IT-Produkten ist in den USA bereits seit Jahren ein fester Bestandteil des Marktes. In Deutschland steckt IT-Remarketing noch in den Kinderschuhen und wird von Kunden, aber auch von Verkäufern mit Misstrauen beäugt. Die GS Datentechnik GmbH in Unterschleißheim bei München ist ein Distributor, der sich ausschließlich auf die Wiedervermarktung von ITK-Produkten spezialisiert hat. Von ComputerPartner-Redakteurin Beate Wöhe

Stolze Neubesitzer eines Gebrauchtwagenschnäppchens werden oft mit einem Schulterklopfen bewundert. Ganz anders sieht es aus, wenn ein Manager erzählt, dass sich die Firma 200 Gebraucht-PCs angeschafft habe. Dafür erntet er im besten Fall ein mitleidiges Lächeln und erhält den gut gemeinten Tipp, er solle sich schon mal nach einem neuen Job umsehen.

"Wir haben damit zu kämpfen, dass das Image gebrauchter IT-Geräte in Deutschland noch sehr schlecht ist", bestätigt ein Mann, der seit Jahren mit diesem Geschäft seine Brötchen verdient: Ralf Schweitzer ist General Manager des Remarketing-Distributors GS Datentechnik GmbH. Ursprünglich startete das Unternehmen als Systemhaus und Hersteller von Storage-Systemen. Im Laufe der Zeit häufte sich allerdings ein ansehnlicher Bestand an zurückgenommenen Gebrauchtgeräten an. "Dann stand das IT-Equipment erst einmal bei uns herum, bis wir begannen, neue Käufer dafür zu suchen", erzählt Schweitzer über die Anfänge des neuen Geschäftsmodells.

Der Kunde kann gleichzeitig Lieferant sein

Heute hat der Remarketing-Distributor 70 Mitarbeiter, eine Lagerfläche von 20.000 Quadratmetern und einen Warendurchfluss von rund 500.000 Einheiten pro Jahr. Eingekauft und verkauft wird alles, was mit IT und TK zu tun hat. Egal, wie alt und welche Marke. "Am besten eignet sich Remarketing für Produkte, die zwischen zweieinhalb und drei Jahre alt sind. In diesem Alter lohnt es sich noch für den Verkäufer. Danach haben die Geräte einen rapiden Preisverfall", erklärt Schweitzer. Überwiegend werden der GSD A-Brand-Produkte angeboten, die im Verkauf "oft bis zu 20 Prozent mehr Umsatz bringen, als No-Name-Geräte", so Schweitzer weiter.

Neben angekauften Produkten von Firmenkunden handelt der Distributor außerdem mit so genannter "Secondhand Generation Hardware". Dabei handelt es sich zwar um Neuware, die die GSD von Herstellern und Distributoren einkauft, deren Produktzyklus aber abgelaufen ist, sodass sie in Deutschland nicht mehr über die normale Distribution vertrieben werden darf. "Diese Produkte verkaufen wir ins Ausland, vorwiegend nach Afrika und Osteuropa", sagt Schweitzer. Die GSD hat keine ausländischen Niederlassungen. Bestehende Großabnehmer kaufen die Ware auf und vertreiben sie weiter an Endkunden.

Die in- und ausländischen Kunden der GSD sind breit gestreut. Wobei die Bezeichnungen Kunde und Lieferant bei einem Remarketing-Distributor ineinander verschwimmen. Bei einem Großunternehmen, das der GSD in regelmäßigen Abständen ihr gesamtes IT-Equipment verkauft, spricht der Disti von einem Kunden, der aber gleichzeitig Lieferant ist.

Außerdem sorgt die Kooperation mit fünf deutschen Leasinggesellschaften dafür, dass der Warenstrom nicht abreißt. Richtig spannend wird es, wenn ein Lieferant/Kunde die Warenlieferung nicht sofort schätzen lässt und das Geld kassiert, sondern er die Geräte auf Kommission an die GSD gibt. Ähnlich einem Broker beobachtet der Distributor dann die Marktpreise und verkauft die Ware zum richtigen Zeitpunkt zum besten Preis. Vor allem bei hochwertigen Sun- oder Mainframe-Systemen sei diese Variante für den Lieferanten oft lukrativer. "Das macht das Remarketing aus", sagt Schweitzer "Hier braucht man richtige Fachleute, die den Markt beobachten."

Die eigentlichen Kunden, die Gebrauchtgeräte von der GSD kaufen, sind überwiegend ausländische Großkunden oder Ladenketten, die sich auf Gebraucht- und Secondhand-Ware spezialisiert haben. In Deutschland gehen die Geräte über den Fachhandel häufig an Institutionen, Schulen oder öffentliche Einrichtungen. Derzeit hat die GSD rund 2.000 IT-Fachhandelskunden, für die der Distributor bei einem Mindestbestellwert von 150 Euro auch von seiner üblichen Palettenbelieferung abweicht.

Für die Gebrauchtgeräte gibt die GSD ein Jahr Gewährleistung. Allerdings habe es bisher nur einen geringen Prozentsatz an Reklamationen gegeben, sagt Schweitzer.

Die Marge für den Fachhändler "hängt von seinem Verhandlungsgeschick ab", sagt der GSD-Chef. Da es für den Endkunden schwieriger sei, Preisvergleiche anzustellen, kann sich der Händler seine Marge frei generieren. Zudem könne sich ein Wiederverkäufer durch den Verkauf von Remarketing-Artikeln in seiner Region ein Alleinstellungsmerkmal schaffen.

Auch ein Blick in die Lagerhallen der GSD lässt schnell erkennen, dass das Remarketing-Geschäft anders ist als die herkömmliche Distribution: Wo im üblichen ITK-Großhandel palettenweise Geräte in bunten Originalverpackungen im Wareneingang stehen, stapeln sich in Unterschleißheim nackte Drucker, PCs und Bildschirme, denen im günstigsten Fall eine Folie vor das Display geklebt wurde.

Um die eingegangenen Geräte für die folgende Prozedur vorzubereiten, wird jedes einzelne mit Seriennummer erfasst und bekommt eine eigene ID-Nummer. Dieser Barcode enthält Informationen wie Hersteller, Typ, genaue technische Ausstattung, Lieferant, Eingangsdatum und den aktuellen Bearbeitungsstatus des Gerätes innerhalb des Lagers. Pro Tag erhalten etwa 2.000 Geräte diese Durchlaufnummer. Nach der Erfassung geht es zur Grobreinigung, bei der auch alte Inventaraufkleber oder Hanuta-Bildchen entfernt werden.

Ist beispielsweise ein PC von den ersten Altlasten befreit, geht es ab in die nächste Halle. Dort überprüfen etwa 15 Mitarbeiter jedes Gerät auf seine Funktionsfähigkeit und testen, ob noch sichtbare Daten vorhanden sind. In manchen Fällen reicht jedoch "format c:" nicht aus und der Kunde verlangt eine unwiederbringliche Löschung der Daten. Das bewerkstelligt GSD entweder nach dem amerikanischen oder dem etwas schärferen deutschen Standard. "Es kam auch schon vor, dass Kunden ihre Daten selbst unwiederbringlich gelöscht haben, indem sie mit dem Hammer die Festplatte zerstört hatten", erzählt Schweizer schmunzelnd. Hat der PC die zweite Station durchlaufen, wird das Ergebnis "nicht funktionierend", "teilweise funktionierend" oder "funktionierend" in der Geräte-ID hinterlegt.

Dann wandert er auf eine der nach Art und Spezifikation der Geräte getrennten Paletten. "Durch diese genaue Trennung erreichen wir bessere Verkaufspreise", sagt Schweitzer. Allen Geräten, die es nicht beim ersten Anlauf auf diese Paletten geschafft haben, steht noch ein Umweg über die Reparaturabteilung bevor.

Wie der gebrauchte PC auf Verkauf getrimmt wird

Dort überprüfen die Mitarbeiter mit Unterstützung einer Software auch, ob es wirtschaftlich sinnvoll ist, eine Reparatur vorzunehmen. Ist der Reparaturaufwand gering, werden beispielsweise defekte Speicherbausteine oder ein abgeschnittenes Kabel aus dem Ersatzteile-Pool ersetzt. Lohnt es sich nicht mehr, wird das Gerät ins Ausland verkauft, wo einige Kunden durch geringere Stundenlöhne trotzdem noch ihr Geld damit verdienen können.

Hat der PC auch die Krankenstation überstanden und ist jetzt wieder voll funktionsfähig, darf er sich zu seinen Kollegen auf seine vorerst letzte Palette gesellen. Hier bleibt er, bis die Palette mit gleichen Modellen voll ist - längstens aber 14 Tage. Die fertig kommissionierte Palette kommt dann in das Hochregallager zum Warenausgang. Dort warten die Geräte dann so lange, bis entweder ein ausländischer Kunde sie mit dem Lkw abholt oder ein Fachhändler sie sich per UPS zusenden lässt.

Meinung der Redakteurin

Die GSD GmbH hat vor Jahren aus ihrer Not mit vielen Altgeräten ihr neues Geschäftsmodell erkannt und umgesetzt. Es ist auch für Fachhändler eine Überlegung wert, sich mit der Idee des Vertriebs von gebrauchten Geräten auseinander zu setzen. Vor allem Kommunen, öffentliche Einrichtungen und Schulen könnten für solches Equipment gute Abnehmer sein.

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