Fernabsatzgesetz erfordert Aktualisierung der AGB

23.11.2000
Vor rund einem halben Jahr trat das neue Gesetz über Fernabsatzverträge in Kraft. Unternehmer müssen nun schnellstens die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ihrer Web-Shops an die verbraucherschützenden Versandregeln anpassen - sonst drohen Abmahnungen durch Wettbewerber oder Verbraucherschutzverbände und Streitigkeiten mit Kunden, warnt Jürgen Klass*.

Im Prinzip gelten im Internet-Handel die gleichen Vorschriften wie im klassischen Handel. Oberstes Gebot ist es, das Kleingedruckte transparent zu halten. Der Kunde muss ohne weiteres verstehen können, was in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (FernAbsG) steht. Außerdem dürfen die AGB nicht geltendem Recht widersprechen.

Gerade im Internet hat es sich nun eingebürgert, den Inhalt der AGB von Konkurrenten zu übernehmen beziehungsweise Musterfassungen der Branchenverbände zu verwenden. Beide Wege sind nicht zu empfehlen. Der Unternehmer sollte seine AGB auf alle Fälle an das eigene Geschäft und dessen Besonderheiten individuell anpassen. Hinzu kommt, dass die Umsetzung des Fernabsatzgesetzes in die Praxis kein leichtes Unterfangen ist und deshalb juristischer Beistand unumgänglich sein wird. Das Abschreiben oder Kopieren eventuell veralteter AGB stellt also kein Patentrezept dar.

Vertrauen in neue Absatzmethode schaffen

Eine Anpassung der Geschäftsbedingungen an das Fernabsatzgesetz ist vor allem unter zwei Aspekten notwendig: Das Gesetz sieht im Wesentlichen umfassende Informationspflichten des Unternehmers und ein großzügiges Widerrufsrecht des Verbrauchers vor. Damit soll eine Grundlage dafür geschaffen werden, dass Verbraucher mehr Vertrauen in die neuen Absatzmethoden und Kommunikationstechniken entwickeln können und dadurch das Umsatzpotential im Fernabsatz weiter ausgeschöpft werden kann. Insofern profitieren auch die Online-Shops von den neuen Regelungen.

An dieser Stelle sollen nicht alle Einzelheiten des neuen Gesetzes über Fernabsatzverträge vorgestellt werden. Dies geschah bereits an anderer Stelle (siehe ComputerPartner 30/00, Seite 36). Neben der AGB-Überarbeitung ist wichtig, dass Verkaufsprospekte, die vor dem 1. Oktober 2000 hergestellt worden sind und den gesetzlichen Anforderungen nicht genügen, nur noch bis zum 31. März 2001 aufgebraucht werden dürfen (§ 6 Abs. 2 FernAbsG). Die Firmen tun gut daran, die verbleibende Schonfrist nicht auszureizen, sondern sich schon jetzt mit neuem Prospektmaterial auf den Markt zu begeben. Schließlich ist dies auch eine Frage des zeitgemäßen und fortschrittlichen Auftretens in der Öffentlichkeit.

Gefahr kostenträchtiger Auseinandersetzungen

Letztlich muss zur Kenntnis genommen werden, dass sich das Bild des Verbraucherprivatrechts in Deutschland seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes grundlegend gewandelt hat. Wer dies ignoriert, läuft Gefahr, in kostenträchtige Auseinandersetzungen verwickelt zu werden. Zwar enthält das Gesetz zahlreiche Redaktionsversehen, unschöne Formulierungen und unterlassene Klarstellungen, doch wird dies bestimmte Gruppierungen (Verbraucherschutzvereine, Gewerbevereine, IHKs, Handwerkskammern) nicht daran hindern, bei Verletzung verbraucherschützender Vorschriften einen Unterlassungsanspruch vor Gericht geltend zu machen. Ein solcher Anspruch kann im Verbandsklageverfahren verfolgt werden (§ 22 AGB-Gesetz).

Die ganze Problematik wird in den nächsten Jahren noch an Schärfe gewinnen, wenn erst einmal die Europäische Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in innerstaatliches Recht umgesetzt worden ist. Dies muss bis Ende 2001 geschehen. Die genannte Richtlinie sieht unter anderem die Verlängerung der Verjährung vor: Während die Gewährleistungsfrist für neue Güter zwei Jahre betragen soll (bisher: sechs Monate), wird im Gebrauchtgüterbereich eine Verkürzung des geplanten Zeitraumes von zwei Jahren auf ein Jahr angedacht. Das letzte Wort darüber ist in diesem Punkt freilich noch nicht gesprochen. Die Neuerungen werden, bezogen auf das Vertrags- und Gewährleistungsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch, dramatische Dimensionen erreichen. Unwirksame AGB werden deshalb auch künftig mögliche Stolpersteine für erfolgreiche Geschäftsabschlüsse sein, wenn keine rechtzeitige Aktualisierung erfolgt. Aus strategischen und Marketing-Gründen empfiehlt es sich unter Umständen, die künftigen Neuerungen in den Shop-Bedingungen und Verkaufsprospekten schon heute vorwegzunehmen.

*Jürgen Klass ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Dr. Klüver, Dr. Klass & Kollegen, München, Leipzig, Bad Endorf. www.anwalts-team.de

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