Freundlichkeit als Unternehmensphilosophie

16.09.1999

MÜNCHEN: Visionäre sind rar in der IT-Branche. Zwei von ihnen haben sich offenbar gefunden und im vergangenen Jahr die Münchner "Friendlyway AG" gegründet. Ihre Produkte wirken futuristisch, die Unternehmensphilosophie scheint betont asiatisch.Die Zukunft gehört den multifunktionalen Produkten. Beispielsweise der intelligenten Schuhsohle. Die kommuniziert beim Betreten eines Gebäudes mit dessen Rechner und sorgt dafür, daß Sie mit Ihrer Lieblingsmusik beschallt und vom virtuellen Pförtner mit Namen begrüßt werden. Oder dem Kundenregal, das Sie dezent anspricht, sobald Sie länger vor einem Produkt verweilen, und Ihre Fragen nicht nur versteht, sondern auch noch ausgesprochen höflich beantwortet.

Zugegeben, das mit der Schuhsohle ist nur ein Gedanke in Anlehnung an ein entsprechendes IBM-Projekt - das gesprächige Kundenregal und der Begrüßungscomputer hingegen sind längst Realität aus Unterföhring. Erdacht und entwickelt von Andreas Stütz und Klaus Trox, den Gründern der hier ansässigen "Friendlyway AG". Im vergangenen Jahr schmissen die beiden Hardware- und Multimediaspezialisten ihre gut bezahlten Jobs und machten sich mit der Idee vom "freundlichen Produkt" selbständig. Mit einem 16köpfigen Mitarbeiterteam erfinden sie futuristisch angehauchte Systeme, die den Unternehmensgründern zufolge nur das eine Ziel verfolgen: Der Kunde soll sich zufriedenstellend beraten und umsorgt fühlen.

Die denkenden Dinge des Alltags

Den Münchnern haben es dabei vor allem die sogenannten "Living Objects" angetan, die "denkenden" Dinge des Alltags. Jüngstes Beispiel ist die von Friendlyway realisierte Multimedia-Küche, die mit einem hochintegrierten PC, einem Touchscreen und einer genormten Schnittstelle zu allen Hausgeräten zum Living-Objekt wurde. Vom Arbeitsplatz Küche können hier alle im Haus vernetzten Systeme gesteuert werden: Garage, Heizung, Jalousien, Wasch- und Kaffeemaschine. Die Münchner haben in den letzten neun Monaten 18 Patente angemeldet.

Das Geheimnis der Living-Objekts sind vollwertige und hochminiaturisierte PCs. Es gibt sie schon ab der Größe einer Zigarettenschachtel mit oder ohne Display. Diese werden in Gegenstände des Alltags eingebaut. Ein besonderes Augenmerk legt

Friendlyway dabei auf die einfache, möglichst intuitive Nutzung der Produkte. Daher kommen bei Friend-lyway-Systemen neben Touchscreens auch Sprach- und Handschriftenerkennung zum Einsatz, die die Dateneingabe und Bedienung auch für PC-Neulinge erleichtern sollen.

Erste Erfolge, die sich auch in den Bilanzen niederschlagen, kann das junge Unternehmen mit seiner Friend-Call-Technologie vorweisen. Hier verleiht die Integration von Informations- und Kommunikation-stechnologien sowie Spracherkennung den Gegenständen die Fähigkeit, über sich selbst zu informieren. Damit lernen Autos in Verkaufsräumen das Sprechen, Produktregale empfehlen den Kunden bestimmte Produkte. Die Grundig AG wird mit dem System künftig ihre Ware präsentieren, BMW die Technologie zur Präsentation von Neufahrzeugen auf internationalen Messen und in Autohäusern nutzen.

Serienreif sind auch ein Informationssystem, das dank eines Infrarotsensors sogar auf die Gestik des Benutzers reagiert, und der Begrüßungscomputer, der Gäste in Unternehmen oder Hotels begrüßt. "Mit diesem System können sogar ganze Hotels betrieben werden", begeistert sich Stütz. Vielversprechend ist seiner Meinung auch der neue Designerterminal, der für Präsentationen in Unternehmen oder als virtuelle Shopfiliale geeignet ist. Die Angebotspalette des Unternehmens ist breit gefächert: Friendlyway berät, konzeptioniert und entwickelt auf Wunsch kundenspezifische Hard- und Softwarelösungen, liefert, installiert, vernetzt und wartet die Systeme. Die Produkte kann der Kunde kaufen, mieten oder leasen.

Das Unternehmen hofft für dieses Jahr auf einen Umsatz von acht Millionen Mark. Im darauffolgenden Geschäftsjahr sollen es 16 Millionen sein und in vier bis fünf Jahren werde man die 100-Millionen-Grenze überschreiten, hofft Stütz. Dann soll auch die Zahl der festangestellten Mitarbeiter auf 50 ansteigen. "Jetzt sind wir ein kleines, wendiges Team mit vielen guten Ideen. Das ist unser Kapital".

Zu den freien Mitarbeitern im In- und Ausland zählen Elektronik-Ingenieure, Informatiker, Radio- und Fernsehtechniker, Kaufleute, Juristen, Designer und sogar Mediziner. Mit ihrer Hilfe wollen die Münchner zunächst den europäischen, später auch den amerikanischen und den asiatischen Markt erobern. Unterstützung erhofft man sich auch von den hiesigen IT-Fachhändlern, über die das neueste Friendlyway-Produkt vertrieben werden soll: Der "Friend-Office", ein durchgestylter Tischcomputer, "für Kunden, die das PC-Beige nicht mehr sehen können", so Stütz. Doch Schönheit hat bekanntlich ihren Preis: In diesem Fall 6.999 Mark. Deswegen will man auch nur Fachhändler ansprechen, die ohnehin ein recht anspruchsvolles Sortiment führen: "Unser Gerät ist eben eine Art Bang & Olufsen unter den PCs."

Schlagzeilenverdächtig ist auch das neueste Forschungsprojekt von

Friendlyway: Die AG entwickelt derzeit expansive Smart Cubes, mit denen sich Gegenstände dreidimensional "materialisieren" lassen. "Diese Cubes stellen, wie in den ersten Tagen der Computergrafik, Gegenstände in groben Pixeln dar, nur eben in materiell vorhandenen dreidimensionalen Pixeln", erklärt Stütz.In einem nächsten Schritt sollen die Smart Cubes auch Schattierungen in den Grundfarben annehmen können. Das Ergebnis dürfte mit den Holo-Deck aus den Startrek-Filmen vergleichbar sein. Weitere Informationen unter www.

friendlyway.de. (mf)

Auf zu neuen Ufern: Friendlyway will den PC aus seinem Gehäuse locken und in alltägliche Gegenstände integrieren.

Friendlyway-Gründer Andreas Stütz und Klaus Trox: "Wir sind ein kleines, wendiges Team mit vielen guten Ideen. Das ist unser Kapital."

Zur Startseite