Online-Shopping 2015

Frust statt Lust beim Online-Kauf

Ronald Wiltscheck widmet sich bei ChannelPartner schwerpunktmäßig den Themen Software, KI, Security und IoT. Außerdem treibt er das Event-Geschäft bei IDG voran. Er hat Physik an der Technischen Universität München studiert und am Max-Planck-Institut für Biochemie promoviert. Im Internet ist er bereits seit 1989 unterwegs.
Deutsche Online-Händler enttäuschen ihre Kunden. 48 Prozent der Online-Käufer sind frustriert, weil sie negative Erfahrungen mit der Lieferung von Online-Bestellungen in den letzten zwölf Monaten gemacht haben.

Was unterscheidet die erfolgreichen Webshop-Betreiber von den eCommerce-Loosern? Das wollte das Softwarehaus JDA und der Logistik-Spezialist Centiro genauer wissen. Beide Unternehmen haben den Marktforscher YouGov Plc. beauftragt, eine Befragung unter Online-Käufern durchzuführen.

Für die Auswertung wurden zwischen dem 24. bis 30. April 2015 genau 2.042 repräsentativ ausgewählte erwachsene Verbraucher aus Deutschland befragt. Die Erhebung erfolgte online. Die Zahlen sind gewichtet und repräsentativ für alle Deutschen älter als 18.

Viele Kunden beklagen sich über Probleme bei der Zustellung der online bestellten Artikel.
Viele Kunden beklagen sich über Probleme bei der Zustellung der online bestellten Artikel.
Foto: JDA Software/Centiro

Der aus dieser Befragung hervorgegangen "JDA/Centiro Customer Pulse Report" zeigt die deutlich gestiegenen Service-Erwartungen der Kunden. So werden Händler nun gezwungen, in die Verbesserung ihres Omni-Channel Fulfillment zu investieren, um Bestellungen effizient und profitabel zu erfüllen.

Je mehr sich der Online-Handel etabliert, desto weniger Fehler verzeihen die Kunden. Sie wechseln bei bestehenden Problemen zu anderen Anbietern, die ihnen eine bessere Auswahl an Lieferoptionen und einen faireren, bequemeren Umgang mit Retouren bieten.

Kunden erwarten perfekten Service ohne zusätzliche Kosten

Online-Lieferungen kommen oft zu spät, meinen 48 Prozent der befragten Kunden. So finden Kunden statt des Pakets oft (45 Prozent) nur eine "nicht zustellbar"-Benachrichtigung im Postkasten, obwohl sie eigener Aussage zur Folge zu Hause waren. Jeder vierte Online-Shopper (ärgerte sich in den letzten zwölf Monaten über beschädigte (24 Prozent) oder gar nicht gelieferte Ware (26 Prozent).

Die Schonzeit der Online-Händler ist vorbei. Haben die Kunden die logistischen Startschwierigkeiten der Online-Bestellung noch verziehen, legen die erfahrenen Online-Shopper heute jede Abweichung auf die Goldwaage.

Das hat Folgen für den Handel. Frustrierte Kunden sind bereiter denn je, beim nächsten Kauf den Shop zu wechseln. Fast zwei Drittel, nämlich 65 Prozent der Befragten, beabsichtigen nach einer misslungenen Liefererfahrung für ihren nächsten Einkauf den Anbieter zu wechseln. Nur 23 Prozent halten ihrem Anbieter im Netz die Treue.

"Click & Collect": Selbstabholung als Service

23 Prozent der Befragten haben die Selbstabholung im Laden für ihre Online-Bestellung in den letzten zwölf Monaten in Anspruch genommen. Das liegt unter dem Anteil, den der Service in anderen Ländern erreicht.

"In Großbritannien ist der Handel weiter mit seinen Prozessen. Es gibt weit mehr Anbieter für 'Click & Collect' und die Kunden nutzen es dort auch intensiver", berichtet Dirk Homberg, Handelsexperte bei JDA Software.

Die Hauptbeweggründe deutscher Kunden die Selbstabholung zu wählen, sind in erster Linie das Einsparen von Versandkosten (49 Prozent) und die Bequemlichkeit (30 Prozent). Fast jeder Vierte (23 Prozent) befürchtet jedoch sein Paket über den Versand nicht zu erhalten und bevorzugt die Selbstabholung - kein gutes Zeugnis für die Lieferqualität der deutschen Online-Händler.

Hausaufgaben für den stationären Handel

"Click & Collect ist noch sehr neu in Deutschland. Viele Händler feilen noch an den Prozessen", urteilt Homberg. Obwohl es heute für den Handel überlebenswichtig ist, den Kunden Omni-Channel Shopping-Erlebnisse zu ermöglichen, laufen die Prozesse bei den Händlern noch lange nicht rund.

19 Prozent der Selbstabholer beschweren sich über lange Wartezeiten. 18 Prozent können die gewünschte Bestellung doch nicht abholen, da die Ware bereits ausverkauft war. Und weitere 15 Prozent beklagen die Unfähigkeit des Personals, ihre Bestellung in den neuen Systemen zu finden.

Dirk Homberg sieht sofortigen Handlungsbedarf beim stationären Handel: "Der stationäre Handel steht vor einem Problem - seit Jahren brechen die Umsätze ein. Click & Collect ist die Chance, die Kehrtwende einzuläuten, vom Umsatzwachstum des Online-Handels zu profitieren und seine Rolle im Omni-Channel zu finden."

Das funktioniert laut Homberg aber nur dann, wenn der Kunde reibungslose Abläufe erlebt. Dazu benötigt der stationäre Einzelhandel mehr denn je zuvor ein integriertes Supply Chain-Netzwerk. "Jeder Kunde, der einmal umsonst in den Laden kommt, ist ein verlorener Kunde", so der JDA-Manager weiter.

Kunden denken schon beim Einkauf an die Rückgabe

Während Verbraucher sich mit Zunahme des Omni-Channel-Handels daran gewöhnen, ihre Einkäufe zu tätigen, wo, wie und wann sie möchten, ist es nur allzu verständlich, dass sie diese Flexibilität auch erwarten, wenn es um Retouren geht. 78 Prozent der Befragten legen großen Wert auf den Umgang mit Retouren.

Dabei hat der Online-Kunde sehr konkrete Vorstellungen, wie der Rücksendeprozess gestaltet sein soll. Ein häufiger Grund für Unzufriedenheit stellt für viele Kunden den Aufwand dar, um die Ware zurückzuschicken (18 Prozent), aber noch störender sind die Kosten, wenn Kunden selbst für eine Rücksendung bezahlen müssen (26 Prozent).

Weitere 16 Prozent hatten Schwierigkeiten, überhaupt Informationen über die Rückgabemöglichkeiten zu finden und zehn Prozent sind frustriert, weil sie die online gekaufte Ware nicht im Laden zurückgeben konnten.

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