Fujitsu/Siemens:

24.06.1999

Gegensätze ziehen sich an, heißt es so schön. In persönlichen Beziehungen mag das dem Miteinander die rechte Würze verleihen - im Geschäftsleben allerdings wächst sich die Gewöhnungsphase oft zu einem Desaster aus. Es reicht ein Blick hinüber zu der eigenwilligen Verbindung von Compaq und Digital. Dort war das Erwachen nach der Hochzeit ein ziemlich bitteres, und bis heute haben die fixe Compaq und der schwere Brocken DEC ihre Integrationsschwierigkeiten nicht im Griff, Compaq schwächelt (siehe Beitrag auf Seite 10).Nun schlittern Fujitsu und Siemens Hand in Hand in die gleiche Richtung. Der japanische Leichtfuß Fujitsu und der deutsche Bolide Siemens - zumindest ein gewaltiger Kulturschock für beide Seiten ist vorgezeichnet. Winfried Hoffmann, Europa-Chef des japanischen Unternehmens, allerdings gibt sich blauäugig wie ein frischgetrauter Bräutigam: Nein, er rechnet nicht mit größeren Integrationsschwierigkeiten wie bei Compaq und Digital. Nein, ein Wachstumsstopp sei nicht abzusehen, im Gegenteil. Und nein: Interne Machtrangeleien seien nicht wahrscheinlich, schließlich sei das Joint-Venture ein 50:50-Abkommen, auch was die personelle Situation in den Geschäftsleitungsetagen betreffe. Eine emanzipierte Beziehung, sozusagen.

Nun glaubt aber niemand, der Winfried Hoffmann kennt, daß er auch nur entfernt zur Naivität neigt. Und schon gar nicht, daß der Managementprofi, der sich in mühsamer Kleinarbeit in die Spitzenliga des Computergeschäftes hinaufgearbeitet hat, nun leichtfertig das Heft aus der Hand geben wird. Weder die Fans in seiner Händlergemeinde und schon gar nicht die Skeptiker aus den Reihen der Siemens-Partner. "Für uns weht es jetzt ganz schön kalt rein", schwant so manchem altgedienten Siemens-Händler. Denn Hoffmann, so heißt es, war vor allem an der Computerfertigungsstätte in Augsburg interessiert: Sein Werk in Sömmerda platzt bereits aus allen Nähten, und die Fertigung in England mußte er dichtmachen, weil nichts klappte. Ansonsten habe er mit der Siemens-Kultur nichts am Hut und sei aggressiv weltmarktorientiert. Was er auch noch nie bestritten hat. Und da hapert es bei Siemens - und bei seinen Partnern. Die deutschen Platzhirsche haben es einfach nicht verstanden, ihr Geschäft über die Kontinente hinaus auszuweiten. Deshalb, so fürchtet manch Siemens-Händler, gehe es ihm nun an den Kragen, da er nicht über die von Fujitsu gewünschten Kontakte nach "draußen" verfüge.

Überhaupt ist die Stimmung unter den Handelspartnern eher gereizt - und das, obwohl die Gerüchte über die anstehende Verbindung der beiden Unternehmen schon seit geraumer Zeit blühten. Fujitsu-Händler sorgen sich darum, sich "demnächst mit den Bürokraten von Siemens herumplagen zu müssen". Sie fürchten um die Beweglichkeit und Aggressivität ihres japanischen Lieferanten. Und die Siemens-Partner bangen um ihre angestammten Pfründe und den Verlust ihrer Ansprechpartner. "Siemens muß - das haben sie ja schon lange angekündigt - massenweise Leute entlassen", so ein Siemens-Händler. "Das hat Siemens-Chef von Pierer meiner Ansicht nach jetzt elegant auf das neue Unternehmen abgewälzt. Und unter der Rigide von Winfried Hoffmann wird da sicherlich ohne Rücksicht auf Verluste ausgekehrt - auch im Partnerbereich." Hoffmann wiederum, immer noch in Jubellaune, versichert sinngemäß: Es werde keine Kannibalisierung geben, weder bei den Vertragspartnern noch bei der Händlerverwandtschaft.

Im Gegenteil, derzeit sieht er hauptsächlich die "Synergieeffekte". Wenn ihn da die Liebe nicht blind macht...

Ute Dorau

udorau@computerpartner.de

Zur Startseite