Vertriebstraining, Teil 2

Full Metal Sales oder Powerselling mit Wertschöpfung

Lars Wegner schreibt darüber, wie sich Verkaufsprozesse professioneller gestalten lassen. Er ist UTAX-Vertriebstrainer und spezialisiert auf den Verkauf von erklärungsbedürftigen Gütern. Dafür hat er mehrere Trainer-Ausbildungen durchlaufen und sich auf strukturiertes Verkaufen und Kommunikationstechniken spezialisiert. UTAX schult und zertifiziert als Anbieter von Druck- und Kopiersystemen sowie Software für das Dokumentenmanagement  den Bürotechnik-Fachhandel. Quartalsweise finden Basistrainings für den Vertrieb statt, die Lars Wegner durchführt. Als Experte von IDG und passionierter Cineast nutzt er in seinen Seminaren gern Filmzitate und Geschichten von der Leinwand, um die Teilnehmer zu aktivieren und ihnen Analogien zu den Trainingsinhalten anzubieten.

 

 

Warum im Vertrieb ein Trick durchschaut wird und Mehrwert durch Leistung bleibt.

In einem meiner letzten Seminare sprach ich mit einigen Teilnehmern über den Streifen "The Wolf of Wallstreet". Kaum ein Verkäufer, der nicht eine Mischung aus Bewunderung und Faszination für den Hauptcharakter empfindet. In dem gesellschaftskritischen Film über den Finanzdienstleister-Boom Ende der 80er Jahre wird ein äußerst erfolgreicher Verkäufer von Wertpapieren porträtiert. Sein Stil, die Menschen mitzureißen, die für ihn arbeiten, hat tatsächlich etwas geradezu Magisches.

Gute Verkäufer können Menschen durchaus rhetorisch so beeinflussen, dass sie etwas tun, was sie eigentlich gar nicht wollen. Aber nur dann, wenn sie ihnen keine Zeit lassen, die Entscheidung zu überdenken.
Gute Verkäufer können Menschen durchaus rhetorisch so beeinflussen, dass sie etwas tun, was sie eigentlich gar nicht wollen. Aber nur dann, wenn sie ihnen keine Zeit lassen, die Entscheidung zu überdenken.
Foto: Gabriel Blaj - Fotolia.com

Mit Worten hypnotisieren

Der Mann "überzeugt" seine Mitarbeiter durch aufputschende und rhetorisch perfekt modellierte Reden davon, dass Reichtum das einzige Ziel im Leben sei. Folglich ist jedes verkäuferische Mittel recht, um dieses Ziel zu erreichen – und so fallen dann auch die Verkaufsgespräche aus. Als Zuschauer kann man der Faszination kaum entfliehen, mit der Kunden durch rein sprachliche Mittel zum Kauf teilweise wertloser Wertpapiere überredet werden. Ein "Nein" wird nicht akzeptiert. Die Formulierungen haben etwas Hypnotisches, die Kunden werden abgezockt und die Verkäufer sonnen sich in Geld und Erfolg. Das Ziel ist der Reichtum der Verkäufer. Der Kunde ist die Beute, ein blödes Opfer, das auch noch verhöhnt wird.

Ironischerweise erinnern mich die Ansprachen des Protagonisten zeitweise an den Kriegsfilm "Full Metal Jacket", der unter anderem die Ausbildung junger Rekruten für den Vietnamkrieg beschreibt. Der Drill-Sergeant nutzt viele farbenfrohe Metaphern, heizt seinen Leuten rhetorisch richtig ein und verspricht ihnen auch einen"'Lohn", den sie aus der menschenunwürdigen Behandlung ziehen werden: Heldentum, fairen Umgang und ein höhere Wahrscheinlichkeit zu überleben.

Das Hauptproblem: Es funktioniert

Das Hauptproblem an solchen Vertriebsansätzen ist, dass sie leider funktionieren. Sie können Menschen durchaus rhetorisch so beeinflussen, dass sie etwas tun, was sie eigentlich gar nicht wollen. Aber nur dann, wenn Sie ihnen keine Zeit lassen, die Entscheidung zu überdenken. Also vor allem im privaten Konsum oder bei der Terminvereinbarung. Dafür müssen Sie allerdings oft mit einer hohen Stornoquote, Beschwerden und wenig qualifizierten Terminen leben. Im Endeffekt bedienen Sie also die Statistik.

Aber wie sieht es bei Investitionsgütern in der ITK-Branche aus? Sie können sich einen Termin "erdrücken", klar. Aber was dann? Der Kunde wird nicht sofort entscheiden, sich mehrere potenzielle Geschäftspartner anhören und in Ruhe und eventuell auch nach objektiven Kriterien urteilen. Und die Chance auf Objektivität haben Sie sich wahrscheinlich schon verbaut, weil der Kunde merkt, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zugeht.

Die Alternative: Überzeugen Sie den Kunden wirklich

Die Alternative ist: Sie entscheiden sich von Anfang an dafür, den Kunden wirklich zu überzeugen, indem Sie auf Klarheit und echte Wertschöpfung setzen.

Dazu ein paar Tipps:

1.Überlegen Sie, was Sie, Ihre Leistungen und Ihr Unternehmen eigentlich wirklich vom Wettbewerb differenziert. Vielleicht müssen Sie sich dafür mit einigen Kollegen unterhalten und dieses Thema zum Mittelpunkt Ihres nächsten Vertriebsmeetings machen.

2. Welchen potenziellen Nutzen haben Kunden davon, mit Ihnen und niemand anderem zusammenzuarbeiten? Denken Sie nicht nur an Kostenvorteile, sondern auch an qualitative Aspekte wie die Verbesserung von Arbeitsabläufen oder Kundenzufriedenheit.

3. Suchen Sie sich die geeigneten Kunden, die vermutlich genau die Probleme haben, die Sie lösen können.

4. Suchen Sie aus Ihrem Portfolio ähnliche Referenzkunden und beschreiben Sie, was genau das Problem dieses Kunden war und wie er von Ihren Leistungen profitiert hat. Am besten in Form von Fakten, das heißt mit Zahlen wie Euro oder Prozent.

5. Rufen Sie die zuvor selektierten Neukunden an, beschreiben Sie Ihnen die Erfolgsgeschichte eines Referenzkunden und lassen Sie Ihre Gesprächspartner entscheiden, ob sich ein Termin lohnen könnte. Wenn Ihre Story gut ist, dann wird der Kunde von selbst "Ja" sagen.

6. Bleiben Sie dran, wenn es beim ersten Mal nicht funktioniert. Vielleicht war es nur der falsche Tag, Zeitraum oder Ansprechpartner.

Abschließend noch ein Hinweis: Sollten Sie zu dem Schluss kommen, dass Ihre Leistung eigentlich nutzlos, überteuert und nicht anders als die vom Wettbewerb ist, dann machen Sie es so wie der Wolf of Wallstreet. Aber übertreiben Sie es bitte nicht, denn dem Realvorbild des Protagonisten hat sein Geschäftsmodell eine Haftstraße von drei Jahren eingebracht. Und die ist nur deshalb so mild ausgefallen, weil er zuvor seine Mittäter an die Justiz verpfiffen hat.

Haben Sie Teil 1 der Serie verpasst? Sie finden diesen Beitrag hier. (bw)

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