Garantiefall Notebook: Bei welchen Herstellern darf der Händler selbst Hand anlegen?

13.02.2003
Viele Hersteller sehen es gar nicht gern, wenn ein nicht zertifizierter Fachhändler im Falle einer Garantiereparatur Handan ihre Geräte legt. Andere wiederum trauen den IT-Fachhändlern mehr technische Fähigkeiten zu. Im schlimmsten Fall erlischt die Herstellergarantie, und das kann für den Fachhändler teuer werden.

Wer kennt das nicht: Der Kunde kommt nach einem Jahr mit dem kaputten Notebook unter dem Arm und will es in fünf Minuten repariert haben. In dieser Situation war auch ein IT-Fachhändler aus Hessen, dessen Kunde ihm sein Sony-Vaio-Notebook entgegenhielt. Der Käufer hatte wohl nicht die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Sony gelesen, in denen unter Absatz 5 geschrieben steht: "Die vorliegende Garantie gilt nicht für: [...] (F) Versuchte Instandsetzung durch andere Personen oder Firmen als eine autorisierte Sony-PC-Serviceeinrichtung [...]".

Japanische Edelschmieden sind eigen

Dieser Passus lässt keine Fragen offen. "Die Sony-Vaio-Notebooks dürfen nur unsere 'Value Added Service Partner' reparieren, die sich durch entsprechende Schulungen zertifiziert haben", kommentiert Jörn Taubert, GeneralManager Information Technology Products, diesen Fall. Ein Fachhändler, der diese Zertifizierung nicht hat, könne sich über das Sony-Kundenhandbuch auf derHomepage des Herstellers genau darüber informieren, wie in einem Garantiefall zu verfahren sei. Es gibt nun einmal diese Zertifizierung, und der Fachhandel muss dies akzeptieren, so Taubert. "Es geht einfach nicht, dass jeder einfach außerhalb dieses Programms repariert", nimmt der Sony-Manager klar Stellung. Sony wolle kontrolliert und mit überzeugten Partnern wachsen, und "diese Partner beobachten wir und suchen sie uns aus".

In das gleiche Horn bläst Notebook-Hersteller Toshiba. Hier muss der Fachhändler mindestens zwei von Toshiba zertifizierte Techniker vorweisen und darüber hinaus ein gewisses Vertriebspotenzial beziehungsweise eine bestimmte Anzahl von Reparaturen pro Monat vorweisen. "Für unsere Fachhändler bieten wir ein bundesweites flächendeckendes Netz mit mehr als 100 Servicepartnern. Für Fachhändler, die nicht service-autorisiert sind und einen vertriebsneutralen Servicepartner benötigen, haben wir so genannte Depotservicepartner autorisiert", erklärt Dirk Lohmann, Direktor Customer Care bei der Toshiba Europe GmbH. Denn auch bei Toshiba heißt die Regelung ganz klar: Sobald eine nicht autorisierte Person die Reparatur vorgenommen hat, erlischt die Herstellergarantie.

In unserem Fall brachte jedoch, den AGBs des Herstellers zum Trotz, der Endkunde sein Sony-Vaio-Notebook zu seinem Fachhändler, um das Gerät, das sich noch innerhalb der verlängerten Drei-Jahres-Garantie befand, reparieren zu lassen. Dieser stellte fest, dass die Festplatte zwar defekt, aber einige Daten noch zu lesen waren. Da der Kunde das Notebook beruf-lich nutzte, bat er um schnellstmögliche Reparatur und um eventuelle Wiederherstellung von noch rekonstruierbaren Daten.

Wäre der Kunden mit einem Acer-Notebook gekommen, hätte die Reparatur für den Händler kein Problem dargestellt. "Bei der speziell für unsere Fachhändler eingerichteten Hotline kann der Partner im Garantiefall eine Austauschplatte bestellen und uns dafür das defekte Teil nach der Reparatur zurücksenden", erklärt Jens Hermann, Operation-Manager bei Acer.

Auch bei Hewlett-Packard sei ein solcher Fall laut Unternehmenssprecherin Eleonore Körner unproblematisch. Natürlich habe auch HP ein "Authorized-Support-Programm", bei dem sich Fachhändler als Servicepartner zertifizieren können. Dennoch sei es auch einem nicht zertifizierten Partner möglich, eine defekte Platte an den Hersteller zu senden und im Austausch einen Ersatz zu erhalten. "Wir haben jedoch die Erfahrung gemacht, dass sich die Zertifizierung auszahlt. Neben einer schnelleren und problemlosen Reparatur profitiert der Partner folglich auch vom Service und der Kundenbindung", meint die HP-Unternehmenssprecherin.

In der Zwickmühle zwischen Kunde und Hersteller

Um seine Kundenbindung durch eine zügige Reparatur weiter auszubauen, rief in unserem Fall der Fachhändler bei Sony an, um eine neue Festplatte im Garantieaustausch zu erhalten. Der Teamleiter von "Sony Vaio Link" teilte ihm jedoch mit, dass das Vaio-Notebook im Garantiefall direkt zum Hersteller eingeschickt werden muss. Der Fachhändler war in der Zwickmühle, denn dass diese Reparatur rund zwei Wochen dauern würde, konnte er seinem Kunden nicht verständlich begründen. "Bisher hatten wir im Rahmen unserer Möglichkeiten sämtliche Garantiefälle selbst repariert", erzählt er. Und außerdem habe er im vergangenen Jahr auch mehr als nur ein Sony-Notebook verkauft.

Kurz gesagt, der Firmenchef entschied sich dann, eine neue Festplatte gegen Berechnung zu bestellen und diese auf eigene Verantwortung einzubauen. Der Kunde war glücklich, dass ihm sein Fachhändler innerhalb von zwei Arbeitstagen sein Notebook mit neuer Festplatte und einem Teil seiner Daten wieder zurückgab.

Ein Happy End, möchte man meinen, wenn - ja wenn der Händler nicht auf der alten Festplatte und den Kosten für die Austauschplatte sitzen bleiben würde. So hätte es ihm auch bei IBM passieren können. Big Blue bietet zwar eine Service-Zertifizierung für Server und Desktop-PCs an. "Notebooks und Monitore müssen jedoch grundsätzlich eingeschickt werden", sagt Unternehmenssprecher Stefan Pieper. Die Reparaturzeit betrage im Allgemeinen jedoch nur fünf Werktage.

Zertifizierung kostet Geld

Bei Fujitsu Siemens Computers legt der Hersteller ebenfalls Wert auf geschulte Partner. "Unsere Vertriebspartner können einen Service-Partnervertrag abschließen. Diese Qualifizierung sollte einmal jährlich erneuert werden", erklärt Peter Siegel, Leiter Service-Partner-Management, bei FSC. Nicht zertifizierte Fachhändler könnten aber dennoch kleine Reparaturen durchführen. Wenn das Gerät sachgemäß repariert worden sei, erlösche dadurch die Herstellergarantie nicht. Dennoch sei es gerade im Notebook-Bereich wichtig, sich immer auf dem Laufenden zu halten, sagt Siegel.

Für einen Fachhändler, der nicht auf einen Brand fokussiert ist, bedeutete dies jedoch Schulungen bei mehreren Herstellern. Die Kosten hierfür bewegen sich zwischen 250 und 780 Euro. Eine elegante und für den Handel unproblematische Lösung ist hier die Kontaktaufnahme mit einem Servicepartner, der die Reparatur mit dem Segen des Herstellers durchführen darf.

ComputerPartner-Meinung:

Am Beispiel eines einfachen Garantiefalles bei einem Notebook sieht man die unterschiedlichen Standards der Hersteller. Nicht zertifizierte Fachhändler sollten sich in jedem Fall bei der Hersteller-Hotline über die Vorgehensweise informieren, um nicht die entstandenen Kosten übernehmen zu müssen. Doch es gilt: Lieber dem Kunden zwei Wochen Reparaturzeit zumuten, als auf einer erloschenen Herstellergarantie und eventuell daraus folgenden Kosten sitzen zu bleiben. (bw)

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