Gerüchte um Schadt: Steckt der Computerhändler in der Krise?

30.05.1997
STUTTGART: Bei der Schadt Computertechnik GmbH scheint Sand im Getriebe. Nachdem der Computerhändler im vergangenen Jahr mit Erfolgsmeldungen auf sich aufmerksam machen konnte, reißen seit Beginn dieses Jahres die Spekulationen um eine finanzielle Schieflage des Unternehmens nicht ab.Was ist eigentlich wirklich bei Schadt los? Stimmt es, daß die Stuttgarter 70 Läden dichtgemacht haben?", fragt sich der Geschäftsführer eines Großdistributors. Tatsächlich kursieren seit einiger Zeit Gerüchte über massive Probleme des PC-Händlers in der Branche. So wird darüber diskutiert,

STUTTGART: Bei der Schadt Computertechnik GmbH scheint Sand im Getriebe. Nachdem der Computerhändler im vergangenen Jahr mit Erfolgsmeldungen auf sich aufmerksam machen konnte, reißen seit Beginn dieses Jahres die Spekulationen um eine finanzielle Schieflage des Unternehmens nicht ab.Was ist eigentlich wirklich bei Schadt los? Stimmt es, daß die Stuttgarter 70 Läden dichtgemacht haben?", fragt sich der Geschäftsführer eines Großdistributors. Tatsächlich kursieren seit einiger Zeit Gerüchte über massive Probleme des PC-Händlers in der Branche. So wird darüber diskutiert,

- ob die Übernahme der Escom Business GmbH für Schadt nicht ein paar Nummern zu groß war,

- ob sich die Schwaben nicht mit dem Kauf der Asscarfi-Geschäfte hoffnungslos verschuldet haben,

- warum Läden geschlossen werden müssen und

- warum Karstadt von Schadt die Nase voll und die Zusammenarbeit beendet hat.

Für einen Insider steht bereits fest: "Schadt kann es nicht gut gehen." Und Interfunk-Manager Wolfgang Lechner ist überzeugt: "Schadt hat das Gespür für gute Geschäfte verloren."

Jürgen Schadt hat für diese Kommentare nur ein müdes Lächeln übrig: "Die Gerüchte sind doch uralt", winkt der Vertriebsleiter des Stuttgarter Unternehmens ab. Zwar leide Schadt wie alle anderen Marktteilnehmer auch unter den extrem dünnen Gewinnmargen, aber im Prinzip würde das Geschäft "ohne extreme Tiefen oder Höhen" laufen.

In der Tat scheinen die Schwaben im Moment keinen Grund zum Klagen zu haben. Vor allem das vergangene Jahr kann sich von den Zahlen her sehen lassen. Der Umsatz schnellte im Geschäftsjahr 1996 um 71 Prozent von 285 auf 487 Millionen Mark hoch. "Schadt ist 1996 sehr stark gewachsen. Vor allem in SOHO-Bereich hat das Unternehmen erheblich zulegen können", beobachtete IDC-Analystin Doris Reisacher. Die Zahl der verkauften PCs der Eigenmarke Proline explodierte laut Dataquest im Vergleich zu 1995 von 66.000 auf rund 176.000 Stück (+167 Prozent). Damit stieß Schadt mit einem Marktanteil von 4,6 Prozent in die Topten der deutschen PC-Hersteller vor. Und auch das Jahr 1997 begann für den Händler durchaus vielversprechend. Im ersten Quartal verkaufte Schadt rund 54.000 PCs und liegt damit nach IDC-Berechnungen im deutschen PC-Markt hinter IBM auf Platz 6 (vgl. Grafik)

60 Filialen mußten geschlossen werden

Allerdings reiften nicht alle Blütenträume. So ging im Herbst vergangenen Jahres die Vertriebspartnerschaft mit Karstadt in die Brüche. Statt dessen verkauft die Warenhauskette nun Targa-PCs von Actebis. In der Stuttgarter Firmenzentrale ist man darüber aber nicht sonderlich traurig. "Karstadt wird von den Umsätzen, die dort getätigt werden, oft überschätzt", wiegelt Schadt ab. Eine solche Erfahrung hatte auch schon Escom mit Hertie machen müssen. Marktbeobachter bestätigen die Einschätzung: "Der Verkauf über Warenhäuser ist ein reines Verlustgeschäft," so ein Insider. Und auch bei Schadt selbst macht man sich ähnliche Gedanken. "Das Geschäft mit Hertie läuft nicht optimal. Davon haben wir uns mehr versprochen", ist Schadt enttäuscht. Daher werde man sich überlegen müssen, ob ein langfristiges Engagement bei Kaufhäusern sinnvoll sei.

Beendet wurde ebenfalls die Kooperation mit der Interfunk eG in Ditzingen. "Schadt fand die Zusammenarbeit mit uns zu streßig", zeigt sich Interfunk-Vorstand Peter Keller verständnislos. Daher würden die angeschlossenen Fachhändler nun direkt über das Fachhandelskonzept von Schadt beliefert.

Bitter war für die Schwaben die Aufgabe von rund 60 Geschäften. "Aufgrund des Zukaufs der Asscarfi-Filialen haben sich einige Shops nicht mehr gerechnet", begründet Schadt die Schließung. Und fügt bedauernd hinzu. "Manchmal muß man eben unattraktive Maßnahmen treffen." Damit reduzierte sich das Filialnetz auf etwa 140 eigene Shops, 34 Hertie-Häuser sowie rund 150 Fachgeschäfte der Unterhaltungselektronik-Kooperationen Interfunk und Ruefach. Trotzdem expandiere Schadt weiter, läßt der Vertriebschef wissen: "Pro Monat wollen wir eine Filiale eröffnen."

"Die großen machen die kleinen platt"

Recht gut soll es indes mit der Integration der Proline Business GmbH, der ehemaligen Escom Business GmbH, vorangehen. "Wir kehren dort zwar noch die Scherben zusammen, aber die Umstrukturierungen greifen", meint Prokurist Schadt. Ein wichtiger Schritt sei in diesem Zusammenhang die Umbesetzung der Unternehmensleitung gewesen. Statt Joachim Wacker, der "einvernehmlich" als Geschäftsführer abberufen wurde, verantworte nun der kaufmännische Leiter Jörg Espelhage das Geschäft im hessischen Bensheim.

Wie es letztendlich wirklich um den Computerhändler steht, ist schwer auszumachen. Von Schadt selbst ist nur ein lapidares "es könnte besser gehen" zu hören. Marktbeobachter hingegen haben die wahre Situation bei Schadt schon ausgemacht. "Der PC-Markt ist ein hartes Geschäft, in dem die großen die kleinen plattmachen".

Nur wer ordentlich Geld habe, könne überleben. Daran würde es Schadt fehlen. Vielleicht müssen sich die Schwaben irgendwann doch nach einem finanzkräftigen Partner umsehen. Kommentiert Schadt: "Eine starke Mutter im Rücken zu haben, ist nicht verkehrt." (sn)

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