Gewinnwarnungen üben kaum noch zusätzlichen Druck aus

08.03.2001
In Anbetracht der unsicheren Ertragslage der Unternehmen bleibt auch die Entwicklung der PC-Aktien unsicher. Als positiv kann vermerkt werden, dass die Umsatz- und Gewinnwarnungen die Kurse nicht mehr stark unter Druck setzen.

Nach einer kurzen Schrecksekunde zogen so gut wie alle führenden Hardware-Papiere wieder kräftig an. Grund: Die Börse nahm an, dass die schlechten Nachrichten ausgestanden sind. Anlass dafür waren die Compaq-Zahlen, die besser waren als erwartet. Das Unternehmen arbeitet intensiv an der Verbesserung seiner Gewinnmarge. Der Börsenkurs hält sich trotz mancher Ausrutscher vergleichsweise gut. Apple hat für das erste Quartal nachdrücklich einen Gewinn avisiert.

Auftrieb verliehen vor allem das ansprechende vierte Quartal und der positive Ausblick von Branchenprimus IBM. Die "relative Stärke" des Börsenkurses von Big Blue im Vergleich zu anderen großen Hardware-Papieren ist nicht zu übersehen (siehe Tabelle). Analysten gehen von einem Gewinnwachstum von zwölf Prozent für 2001 aus, wozu auch ein günstigerer Dollarkurs beitragen könnte, welcher der gesamten US-Computer-Industrie zugute käme.

"Unser breites Portfolio sollte uns im Vergleich mit unseren Wettbewerbern in eine gute Position bringen", sagte Firmenchef Louis Gerstner bei der Vorstellung der Bilanz. Nicht nur die Breite des Angebots, auch die internationale Ausrichtung auf Großkunden, die weiter ins Internet investieren, habe IBM das Schicksal der Konkurrenten erspart.

IBM liegt gut im Rennen

Sogar das Geschäft mit den Großrechnern ist profitabel. Ein neuer Produktzyklus hat hier für den Schub gesorgt. Die hohe Nachfrage nach dem neuen Z-900-Großrechner übersteigt derzeit die Lieferkapazitäten von IBM. Großrechner selbst machen zwar nur noch drei Prozent des Umsatzes aus. Da aber die Gewinnmargen in diesem Geschäftsbereich hoch sind und damit lukrative Verkäufe von Software und Serviceangeboten einhergehen, hängen doch rund 40 Prozent des Ergebnisses von den Großrechnern ab.

Die HP-Aktie dürfte sich dank der Marktführerschaft bei Tintenstrahl- und Laserdruckern sowie des relativ gut wachsenden PC-Geschäftes positiv entwickeln. Am interessantesten ist der Angriff von HP auf Sun Microsystems auf dem Gebiet der Unix-Server durch seinen neuen Superdome-Computer. Die Vorbestellungen von Superdome haben angeblich die Erwartungen übertroffen.

Auch Gateway gibt sich kämpferisch. Preissenkungen sollen Marktanteile holen. "Wir werden eine aggressive Preispolitik betreiben und die Kostenstruktur straffen", erklärte der Vorstand.

Dennoch bleibt die Lage ein wenig unübersichtlich. Selbst im traditionell umsatzträchtigen vierten Quartal konnte der PC-Markt in 2000 nicht wie sonst zulegen. Insgesamt flacht die Nachfrage mit Ausnahme der Dritte-Welt- und Schwellen-Länder ab.

Dell ist derzeit für die Börse unberechenbar

Noch im vergangenen Herbst wurde pro Dell-Aktie für 2001 ein Gewinn in Höhe von 1,15 Dollar vorhergesagt. Zur Zeit gehen die Prognosen von 0,80 bis 0,95 Dollar Ergebnis pro Aktie aus; erneute Revidierungen würden nicht überraschen. Ob der Dell-Kurs sein gegenwärtiges Niveau um die 23 Dollar behaupten kann, ist kaum zu sagen. Der Höchstkurs mit 59 Dollar datiert vom ersten Quartal des vergangenen Jahres. 1996 stand das Papier bei 0,60 Dollar. Der immer noch gewaltige Kursspeck ist das Ergebnis eines explosiven Ertrags- und Umsatzwachstums, mit dem es jetzt aber vorbei ist. Die Stimmung für Computer-Hardware-Papiere dürfte im Jahresverlauf öfters wechseln.

Die gleichen Börsenregeln gelten für Apple, Compaq, Gateway und die taiwanische Acer Computer. Die Acer-Aktie stürzte von fast 13 Euro Anfang vergangenen Jahres bis auf 2,55 Euro Ende Dezember 2000 ab. Zuletzt konnte sich das Papier auf über fünf Euro kräftig erholen. Als einer der führenden PC-Hersteller produziert Taiwans größtes Industrieunternehmen neben eigenen Produkten Computer für die beiden Branchenriesen IBM und Dell. In diesem Geschäftszweig hatte man im abgelaufenen Jahr herbe Verluste eingefahren: IBM hatte Aufträge gekürzt, Dell seine Bestellungen um einige Wochen verzögert. Entsprechend schlecht werden die Zahlen für das Gesamtjahr 2000 ausfallen. Jedoch sind die Wachstumsaussichten im Fernen Osten überdurchschnittlich gut. Acer will in den wichtigen chinesischen Städten insgesamt mehr als 1.000 Verkaufsstellen einrichten. In China betrug das Umsatzwachstum 2000 stolze 200 Prozent. Schon im kommenden Halbjahr werde sich die finanzielle Lage deutlich aufhellen, meint die Unternehmensführung.

Compaq ist weltweit immer noch Branchenprimus

Weltweit bleibt Compaq nach den Zahlen von Dataquest mit einem Marktanteil von 12,8 Prozent Branchenkönig, Dell rangiert mit 10,8 Prozent auf Rang zwei. Auf den nächsten Plätzen folgen HP, IBM sowie NEC, Gateway und Apple. In Europa rangiert Fujitsu Siemens hinter Compaq auf Platz zwei. Die mit viel Vorschusslorbeeren gestartete deutsch-japanische Kombination hat zuletzt Anteile verloren.

Das Investmenthaus Bear Stearns läutete mit einem "Manifest für den Wandel die Alarmglocke für den PC-Markt". Die Analysten schlagen eine drastische Konsolidierung vor, um die Überproduktionskrise der Branche abzumildern, bevor die Unternehmen sich gegenseitig zugrunde konkurrieren. Dell sollte das PC-Geschäft von IBM übernehmen und Gateway kaufen. Compaq haben die Experten als Übernahmeobjekt für Hewlett-Packard ausersehen. Apple sollte zumindest seinen Power-PC fallen lassen und sich ins Intel-Lager schlagen. So könnte dann die Übernahmephantasie die Kurse beflügeln. (kk)

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