"Grabenkriege und eine falsche Umsatzpolitik sind schuld am Ende von F&W"

13.01.2000
Anfang Dezember 1999 haben sich in der Braunschweiger Hansastraße für immer die Tore von Frank & Walter geschlossen. ComputerPartner-Mitarbeiter Karl Fröhlich unterhielt sich mit Frank-&-Walter-Mitbegründer Uwe Walter über die Gründe für den Niedergang des Unternehmens.

WALTER: Ich habe ein Fax über das Ende von F&W erhalten, und ich war nicht sonderlich davon überrascht, weil dies schon 1996 oder 1997 hätte passieren müssen und nicht erst so spät in 1999. Meinen Informationen zufolge soll der Gesamtverlust, einschließlich aller ausstehender Zahlungen, über 200 Millionen Mark betragen. Dieser wäre nie so hoch ausgefallen, wenn schon frühere Anzeichen ernster genommen worden wären. Ich habe nur noch sehr wenige Freunde, die bei F&W arbeiten. Wenn ich ihre Situation im Nachhinein betrachte, muss ich sagen, dass dort eine chaotische Organisation geherrscht hat und falsche Marktprognosen, schwaches Management sowie fehlende Richtlinien ihnen das Leben nicht leicht gemacht haben. Letztendlich ist es nicht möglich, irgend etwas zu beweisen. Dieses Ende kommt jedoch nicht von ungefähr, und die Gesellschaft litt unter selbstsüchtiger Gier und interner (CHS) Konkurrenz, ausgetragen auf den Schultern der Finanzen von F&W.

Demnach war CHS nicht der erhoffte starke Partner für F&W?

WALTER: CHS erzeugte auf höherer Ebene Konkurrenz innerhalb der gleichen Gruppe in Deutschland, und viele dieser sehr persönlichen Gefechte verursachten sinnlose Rang und Machtkämpfe mit dem Ergebnis, dass das CHS-Management das Ende von F&W als Ziel im Auge hatte. Wenn alle zusammen als Team gearbeitet hätten, würde F&W nun in guter Verfassung dastehen. Ich glaube, die persönlichen Prestigekämpfe richteten den größten Schaden an.

Warum haben Sie Frank & Walter seinerzeit verlassen?

WALTER: Es war mir unmöglich, weiterhin ernsthaft mit Carsten Frank zusammenzuarbeiten. Er benutzte die Firma unter anderem, um persönliche Publicity zu gewinnen, ohne Rücksicht auf die Kosten. Hätte er sein Augenmerk nur auf das Wohl des Unternehmens konzentriert, würde F&W jetzt viel besser dastehen.

Ich glaube, er hat innerhalb von CHS gleichgesinnte Kopien seiner selbst getroffen, die allesamt mehr ihrem eigenen Spiegelbild verbunden waren, das sie in ihrer Macht badend zeigte, oder die zumindest glaubten, dass dies der Fall sei. Aber um die Festigung und das Wachstum einer Firma zu erreichen, ist persönliche Aufopferung im Hinblick auf das reine Wohlergehen des Unternehmens vonnöten.

Was waren Ihrer Ansicht nach die größten geschäftlichen Fehler, die bei F&W gemacht wurden?

WALTER: Einer der großen Fehler war die Umsatz-Philosophie von Carsten Frank. Seine Vorstellung war, dass der Umsatz die Hauptsache darstellte, völlig ungeachtet des Gewinns. Wenn zum Beispiel 100.000 Harddisks fast zum Einkaufspreis verkauft wurden, brachte das leicht 50 Millionen Umsatz, ein Gewinn wurde dabei unter dem Strich nicht erzielt. Diese Einstellung erzeugte zwar im Verkaufsbereich beachtlich hohe Zahlen, in der Bilanz schlug sie jedoch traurig zu Buche.

Ein Unternehmensberater mit Namen Dr. Aschendorf wurde zu der Zeit, als ich noch bei Frank & Walter war, ein enger verbündeter von Carsten Frank. Er verstärkte seinen Einfluss so sehr, dass Entscheidungen hinter meinem Rücken getroffen wurden, die ich als firmenschädigend bezeichnen würde.

Das "Intrigen-Duo", die Umsatz-Philosophie und einige andere Gründe führten letztendlich zu meinem Entschluss, meine Firmenanteile zum 1. Januar 1991 zu verkaufen.

CHS hat eine ähnliche Philosophie, und so haben sich die "Umsatz-Philosophen" vereinigt. Dass dieser Weg mit zum Untergang führen würde, kam aber scheinbar niemanden in den Sinn.

Obwohl gesunder Gewinn der eigentliche Sinn eines Unternehmens sein sollte, beeindrucken die meisten Leute beachtliche Umsatzzahlen viel mehr. Selbst Banker, die es besser wissen müssten, schielen allzu oft nur auf die Umsätze und sind geblendet von ihnen.

Sich nur auf Umsatzzahlen zu konzentrieren, ist einer der größten Fehler, die ein Unternehmen machen kann. Das ist töricht, dumm und engstirnig, aber es passiert heutzutage immer noch tagtäglich, obwohl wir uns dem neuen Jahrtausend nähern.

Es gibt Gerüchte, die besagen, dass Carsten Frank bis zu 70 Millionen Mark seines Privatvermögens verloren hat.

WALTER: Da Carsten Frank mit CHS-Aktien bezahlt wurde und, soweit ich weiß, er sie auch eine Weile behalten hat, vermute ich, dass er 90 Prozent daran verloren hat. Ich glaube, der Verkaufspreis war damals 2,2 Millionen Aktien zu je 18 Dollar. Da mir kein nennenswerter Verkauf seiner Aktien bekannt ist, erscheint die genannte Zahl durchaus realistisch.

Die finanziellen Verluste der Aktionäre sind insgesamt sehr hoch. Der Aktienkurs von CHS (www.chse. com), einst über 30 Dollar (10/ 1997), betrug zuletzt 0,7 Dollar (11/1999).

WHO IS WHO?

<b>Uwe Walter</b>

Zusammen mit Carsten Frank gründete Uwe Walter, damals 28-jährig, 1988 die Frank & Walter GmbH in Braunschweig. Bereits drei Jahre später verließ er das Unternehmen und kehrte auch gleich seiner deutschen Heimat den Rücken, um nach Hongkong auszuwandern. Der Selfmade-Millionär investiert heute sein Geld in TechnologieUnternehmen und realisiert zusammen mit Partnern 3D-Grafik-Art-Projekte.

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