Techniker - Hand aufs Herz

Haben "Zahlenmenschen" Angst vor Innovationen?

18.11.2009

Ohne Mitstreiter geht es nicht

Aber alleine können Unternehmensführer ihre Unternehmen auch nicht in Richtung Zukunft führen. Sie brauchen Mitstreiter.

Kraus: Ja. Deshalb sollten Unternehmensführer ihre Mitarbeiter immer wieder in eine kreative Unruhe versetzen. Zum Beispiel, indem sie für diese erlebbar machen, was in den Märkten wirklich "abgeht" - unter anderem aufgrund der Dynamik, die die Schwellenländer entfalten. Denn Menschen ruhen sich gerne auf ihren früheren und aktuellen Erfolgen aus. Deshalb müssen sie immer wieder in einen Zustand der kreativen Unruhe versetzt werden. Wichtig ist auch, innovative Mitarbeiter zu ermutigen und zu belohnen, selbst wenn ihre Initiativen eher magere Erfolge zeigen. Die Mitarbeiter sollten spüren, dass sie von ihren Vorgesetzten unterstützt werden, wenn sie danach streben, neue und damit oft schwierigere als die gewohnten Wege zu gehen.

Gilt das besonders für die Nachwuchskräfte, die vermutlich in einigen Jahren eine Schlüsselfunktion im Unternehmen innehaben?

Kraus: Ja, denn sie prägen die Kultur von morgen. Mich erschreckt immer wieder, wie obrigkeitsbezogen und konsenskonform, überspitzt formuliert, das Denken und Verhalten vieler High Potentials ist; des Weiteren, wie schnell sich Nachwuchskräfte, die das Potential zum Quer- und Umdenken haben, meist dem herrschenden Firmengeist unterwerfen. An diesem Punkt sollten Unternehmen einmal ihre Personalauswahl und -entwicklung hinterfragen. Sie sollten zudem erwägen, in ihrer Organisation Kreativ-Inseln zu schaffen, in denen sich High Potentials als Unternehmer betätigen können. Kleine Start-ups generieren manchmal großartige Ideen und Business-Modelle.

Was könnten weitere Maßnahmen zur Förderung von Innovation sein?

Kraus: Zum Beispiel das Betriebliche Vorschlagswesen einzustampfen und stattdessen ein "Unternehmer-Budget" zu installieren, das Mitarbeitern die erforderlichen Mittel zum Ausarbeiten und Umsetzen neuer Ideen zur Verfügung stellt. So könnten Unternehmen zum Beispiel festlegen: Jedem Mitarbeiter werden ohne Prüfung bis zu 3000 Euro zugestanden, um die Tragfähigkeit neuer Ideen auszuprobieren. Und wenn Mitarbeiter ihre Einzelbudgets zusammenlegen, können sie auch größere Ideen realisieren. Möglichkeiten, die Innovationskraft von Unternehmen zu erhöhen, gibt es viele, entscheidend ist der Wille, einen solchen Geist oder eine entsprechende Kultur im Unternehmen zu schaffen. Denn eines ist auch klar: Das Top-Management allein kann nicht alle erforderlichen zukunftsweisenden Ideen generieren. Also muss es sich mit Menschen umgeben, die die nötigen Trendscout-Fähigkeiten haben, um Marktentwicklungen und Technologiesprünge zu antizipieren.

Herr Dr. Kraus, danke für das Gespräch. (oe)

Das Interview führte Bernhard Kuntz, Büro für Bildung und Kommunikation.

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