Hercules-Deal geplatzt - Elsa wieder auf Freiersfüssen

19.11.1998

AACHEN: Die zur Cebit Home angekündigte Übernahme von Hercules durch den Aachener Hersteller Elsa ist geplatzt (siehe Ausgabe 30/98, Seite 1). Zu den Hintergründen - und dazu, wie es bei Elsa weitergeht - nimmt Vorstandsvorsitzender Theo Beisch im Interview mit ComputerPartner-Redakteurin Ute Dorau Stellung.

Nach der Hercules-Übernahme im Sommer schien alles geregelt, sogar der Messeauftritt auf der CeBIT Home war ein gemeinsamer. Was ist dann schief gelaufen?

BEISCH: Letztlich ist es so, daß wir innerhalb einer vorgegebenen Zeit -die naturgemäß in einer Time-to-market-getriebenen Branche sicher drängte - die Verhandlungen nicht zu einem Ergebnis führen konnten.

In Ihrer offiziellen Stellungnahme war die Rede von Erwartungen an Hercules, die Ihren Wirtschaftsprüfern zufolge nicht erfüllt werden konnten. Auf welche Erwartungen bezog sich diese Aussage?

BEISCH: Also ganz allgemein, wenn sie ein Unternehmen erwerben, dann haben Sie gewisse Erwartungen - beispielsweise hinsichtlich des Unternehmenswertes und der letztlich dann zu erzielenden, auch gemeinsamen Resultate.

Würden Sie das bitte konkretisieren?

BEISCH: Das ist schon sehr konkret. Ich meine, Ziel einer Akquisition ist es letztlich ja, irgendwo die Marktposition eines Unternehmens zu stärken. Und das haben wir letztlich nicht bestätigt gefunden.

War das nicht abzusehen, als Sie im Sommer die mögliche Übernahme angekündigt haben?

BEISCH: Wissen Sie, das Verfahren bei einer geplanten Übernahme ist eigentlich anders. Zuerst gibt es erst mal natürlich Annahmen, Darstellungen und Erwartungshaltungen beider Seiten, und da ist das erste Etappenziel, daß man ein vorläufiges Papier oder eine Absichtserklärung zeichnet, die irgendwo die Parteien aneinander bindet. Und dann gehen sie in Klausur und beschäftigen sich wechselseitig mit der Situation. Dabei ist es letztlich die Aufgabe des Käufers, sicherzustellen, auch im Interesse der jeweiligen Aktionäre, daß die erwarteten Ziele erreichbar sind. Und das hat sich eben hier nicht bestätigt, und deshalb muß man in diesem Fall eine vielleicht unpopuläre Entscheidung treffen.

Am Kaufpreis kann das Scheitern kaum gelegen haben - 8,5 Millionen Dollar sind für Sie ja sicher nicht unbezahlbar. Sie wollten allerdings noch diverse Verbindlichkeiten von Hercules übernehmen.

Wie hoch waren die?

BEISCH: Kann ich im Detail nicht so sagen, wir sind da auch durch entsprechende Vertraulichkeitsvereinbarungen gebunden.

War es nicht so, daß diese Verbindlichkeiten sich im Endeffekt als Faß ohne Boden herausgestellt haben und Sie deswegen den Rückzug antraten?

BEISCH: Nein das ist eine Mutmaßung. Also die Verbindlichkeiten, das sind ja alles Dinge, die sind statisch, und über die kann man auch reden mit dem Verhandlungspartner. Aber letztlich war das nicht ausschlaggebend. Es ging wirklich um Fragen, die nicht rechtzeitig positiv beantwortet wurden.

Sie betonen den Faktor Zeit sehr stark. Hätte es sich da nicht gelohnt, noch ein wenig davon zu investieren - denn jetzt müssen Sie sich ja wohl auf die langwierige Suche nach einem neuen Kandidaten machen?

BEISCH: Sie sagen das schon richtig, wir haben eine ganz schöne Zeit investiert. Aber Hercules ist sicher nicht die einzige Möglichkeit die wir diskutieren, ohne daß ich da jetzt genaue Namen nennen könnte. Neben den bereits klar kommunizierten strategischen Unternehmensaktivitäten - wie beispielsweise der Börsengang Mitte des Jahres - haben wir uns eben umgeschaut, wo strategische Synergien erahnbar und Akquisitionen möglich werden. Und das wird natürlich weiter betrieben, auch wenn ein Fall hier eben nicht zum gewünschten Ergebnis geführt hat. Das ist ja nicht das Ende aller Tage.

Wenn Sie keinen Namen eines möglichen Übernahmekandidaten nennen möchten - könnten Sie wenigstens ein Profil eines solchen Unternehmens entwerfen?

BEISCH: Also ich denke es ist klar, daß wir recht dicht an unseren Kernkompetenzen bleiben werden. Ob das nun im Bereich der Vertriebskanäle ist und eine Erweiterung des Portfolios bedeutet, oder ob es im Bereich beherrschter Technologien ist und einen Schritt weiter von dort in eine höhere Wertschöpfungstiefe geht, das sind offene Fragen, die wir hier diskutieren und die sich sicher momentan noch nicht für die Öffentlichkeit eignen. Wir werden aber,

sobald Fakten greifbar sind, in gewohnter Manier an die Öffentlichkeit gehen und unsere Aktionäre rechtzeitig informieren.

Wann sollte ich mich in dieser Richtung mal wieder bei Ihnen melden?

BEISCH: (lacht) Ich kann da derzeit wirklich noch keine Daten nennen.

So eine Übernahme muß man sich ja auch leisten können. Wie steht Elsa denn derzeit im Markt da?

BEISCH: In Deutschland haben wir vier Geschäftsbereiche, die unter den Bezeichnungen Datenkommunikation und Computergrafik dann weiter runtergehen in den professionellen und den Konsumer-Marktbereich. In beiden Konsumersegmenten, Grafik wie auch Datenkommunikation, bekleiden wir in Deutschland führende Marktpositionen, wir sind da in der Top-Dreier-Spitze. Im Bereich der professionellen Grafiksysteme

gehören wir auf Weltmarktniveau bereits zur Spitze.

Verbunden mit der geplanten Übernahme von Hercules hatten Sie ja sicherlich klare Vorstellungen, wie sie gemeinsam die Distribution, den Vertrieb hier in Deutschland organisieren wollten. Ändert sich jetzt irgend etwas an der Vertriebsstruktur?

BEISCH: Nein, ganz klar nicht. Wir sind nach wie vor ganz starker Partner des Fachhandels, den wir über eigentlich alle großen Distrubitoren beliefern. Darüber hinaus gibt es noch ein paar kleinere Distributoren mit sehr viel Know-how. Weit über die Hälfte des Umsatzes läuft nach wie vor durch die indirekten Distributionskanäle.

Und die andere Hälfte?

BEISCH: Die andere, eben nicht ganz die andere, Hälfte läuft zum Teil im OEM-Geschäft. Das dürfte so rund ein Viertel des Umsatzes sein - und der Rest geht im Grunde in Systemintegratorbereiche.

Im ersten Halbjahr 1998 lag der Umsatz bei 137,7 Millionen Mark - und der Verlust, inklusive der Kosten für den Börsengang und so weiter, lag bei 6,3 Millionen Mark. Sie hatten sich aber damals sehr zuversichtlich geäußert, daß Sie das relativ schnell wieder in den Griff bekommen. Wie ist denn so der aktuelle Stand?

BEISCH: Ich kann von hier und heute aus sicherlich keine Prognosen auf das Jahresende abgeben, zumal wir auch das dritte Quartal erst Ende November nach der nächsten Aufsichtsratssitzung feststellen werden. Es läßt sich aber sicher sagen: Der Markt ist länger als ursprünglich erwartet schwierig geblieben. Im Wettbewerbsumfeld, zumindest im Bereich der großen Grafikhersteller in USA, haben ja im dritten Quartal alle Verluste berichtet. Aber wir sehen wohl gegen Ende des dritten Quartales und dann in Richtung viertes Quartal ganz klar, daß wir den erwarteten Turnover wieder erreichen und auch wieder positive Zahlen schreiben.

Ich habe mich im Vorfeld bei Ihren Handelspartnern erkundigt. Einige sind verärgert über Modems und Karten, die man praktisch irgendwo auf Wühltischen bei Retailern findet. Wie strikt trennen Sie da eigentlich zwischen Computerfachhandel und Retailern?

BEISCH: Also Wühltisch muß ich eigentlich energisch von mir weisen. Sie finden ein Elsa-Produkt sicherlich nicht irgendwo am Grabbeltisch. Aber daß wir natürlich einen weitreichenden Absatz anstreben müssen, gerade für unsere Konsumerprodukte, ist auch klar. Und damit sind natürlich die großen Fachmärkte, wie auch eine Vobis-Handelskette beispielsweise, auch Zielkunden. Und da ist natürlich klar, daß der Fachhandel sich in solchen Bereichen nicht leicht tut. Aber für den Fachhandel haben wir darüber hinaus Produkte, die technisch eine ganze Ecke anspruchsvoller und damit beratungsintensiver sind, so daß er in einer Mischkalkulation in Elsa einen sehr guten Partner hat.

Wie Sie sagten, geht es dem Computergrafikmarkt derzeit nicht rosig. Wie stellen Sie sich darauf ein?

BEISCH: Ich denke nicht, daß die Probleme im Grafikkartenmarkt an und für sich verursacht waren, wenngleich natürlich eine gewisse Überverfügbarkeit von Ware im Kanal das ganze Jahr geprägt hat. Ich denke eher, daß schwerpunktmäßig in diesem Jahr mehr die Kombination aus Asienkrise und Schweinezyklus -sprich Überverfügbarkeit der Produkte - im Halbleiterbereich eine große Rolle gespielt hat. Wir hatten einen rapiden und lange anhaltenden Preisverfall, wesentlich länger anhaltend, als wir das in vergangenen Jahren hatten, wenn dieser sogenannte Schweinezyklus im Speicherbereich zuschlug. Normalerweise war er da wie ein Spuk, und der war in drei, vier Monaten vorbei. Dieses Jahr hat er sich über einen viel

längeren Zeitraum gezogen. . .

. . . der Ihrer Ansicht nach aber bald vorüber sein wird?

BEISCH: Der Zyklus selbst und seine Auswirkungen haben länger angehalten, weil wie schon erwähnt, mehrere Faktoren eine Rolle spielten. Dieses Mal ist die Asienkrise mit dem Devisenbedarf der großen Memory-Hersteller da verlängernd reingefahren. Dadurch hielt einfach der Bedarf an dollarbasierender Währung an, und es wurde zur Bedienung der großen Verbindlichkeiten auch dieser Konzerne letztlich nicht mehr primär auf kostendeckendes Arbeiten geachtet. Aber ich gehe fest davon aus, daß das 1999 vorbei ist. Die Memory-Industrie gibt da ein bißchen vorsichtigere Signale ab, die eher in das neue Jahrtausend hineinreichen.

Theo Beisch, Vorstandsvorsitzender der Elsa AG, ist auf der Suche nach einem neuen Übernahmekandidaten.

Zur Startseite