I-Mode sagt: Versprich nur, was du auch halten kannst

11.10.2001
Mobiles Internet soll in erster Linie Spaß machen. Doch vom Fun-Faktor sind die deutschen Telekommunikationsgesellschaften noch meilenweit entfernt. Wie soll es weitergehen?

In Japan ist alles besser," seufzen viele Verantwortliche in Deutschland, wenn die Rede auf WAP und UMTS kommt. WAP wird kaum genutzt, und nach dem Finanzdesaster bei der Versteigerung der UMTS-Lizenzen ist es fraglich, wann das System in Deutschland eingesetzt wird. Es reicht nämlich nicht aus, nur eine Technik anzubieten. Ohne Content und ohne Bereitschaft der Kunden, diesen auch zu nutzen, läuft nichts.

Aus Sicht der Marktforscher hängt der Erfolg von UMTS weniger von technischen Details als vielmehr vom Aufbau und der Vermarktung der Services ab. Eine bundesweite Befragung von Experten des Electronic Commerce Forums (Eco) Köln hat ergeben, dass aus heutiger Sicht drei "Killerapplikationen" gefragt sind.

Dazu gehören: eine Navigationshilfe mit "intelligenten" Stadtplänen, Übertragung von Videoclips und der Videochat mit Freunden. 71 Prozent der Befragten halten die Übertragung von persönlichen Bildern und das Verschicken von SMS für die wichtigsten UMTS-Anwendungen. 63 Prozent dagegen präferieren intelligente Stadtpläne als Nummer eins. Gut die Hälfte der Befragten wollen UMTS für Videoclips nutzen.

Insgesamt glauben etwa 75 Prozent der Befragten, dass UMTS ab 2005 richtig in Schwung kommen wird. Das restliche Viertel bezeichnet UMTS heute als Flop. Zu hohe Lizenzgebühren und mangelnde Verfügbarkeit verbraucherfreundlicher Endgeräte werden als Gründe genannt. Sollte UMTS tatsächlich scheitern, haben 75 Prozent der Befragten auch gleich die Erklärung parat: "Kein Bedarf beim Verbraucher."

Neidisch schielen die Verantwortlichen nach Japan, wo sich I-Mode zur Killerapplikation gemausert hat. Deutsche Verantwortliche von Telekommmunikationsgesellschaften können von diesem Erfolg nur träumen. Doch woran krankt das deutsche System?

I-Mode in Japan in Mode

Zuerst einmal ist der japanische Markt vom deutschen komplett verschieden. Während sich hierzulande mehrere, fast gleich starke Konkurrenten um die Kunden schlagen, beherrscht in Japan der Telekommikationsriese NTT Docomo mit rund 60 Prozent unangefochten den Mobilfunkmarkt. Zum Zweiten wurde der Start von IMode nicht von vollmundigen Versprechen begleitet, sondern war eher sachlich. Nie war die Rede vom mobilen Internet, die Anbieter sprachen nur von mobilen Diens-ten für das Handy. Und dieses Versprechen konnte der Anbieter auch halten. Heute nutzen rund 27 Millionen Japaner diese Dienste.

I-Mode basiert auf einem recht simplen Geschäftsmodell: Auf einer offenen Plattform, die heute mehr als 40.000 I-Mode-Seiten bietet, offerieren mehr als 800 Partner ihre Angebote. NTT Docomo verdient an jeder getätigten Transaktion und übernimmt zusätzlich die Abrechnung für den jeweiligen Anbieter. Die Gebühren dabei sind überschaubar: NTT Docomo verlangt als Grundgebühr rund fünf Mark pro Monat, dafür dürfen die Nutzer aber ständig online sein. Die Abrechnung der Anwender richtet sich nach der Menge der übertragenen Daten.

Mit I-Mode lassen sich kurze E-Mails versenden, Klingeltöne herunterladen, Fahrpläne einsehen sowie Tickets buchen. Außerdem gestattet I-Mode einigen Kunden, das eigene Bankkonto zu verwalten und Aktien zu ordern. Informationsangebote, Comics und kleine Spiele runden das Angebot ab. Bereits zum Start konnte NTT auf ein ausreichendes Angebot an Mobiltelefonen für I-Mode setzen. Die Bedienung der Geräte ist kinderleicht, und außerdem hat der Telekommunikationsspezialist ein Mitspracherecht beim Gerätedesign. Er achtet zum Beispiel peinlich genau darauf, dass alle Angebote für das I-Mode-Netz auf den Geräten funktionieren.

Mit einer maximalen Transferrate von 9.600 Bit pro Sekunde ist IMode zurzeit noch recht langsam. Erst im kommenden Frühjahr will der japanische Telekomspezialist die Übertragungsrate auf 28.800 Bit/s anheben. Damit sollen dann die kleinen Musik- und Videosequenzen flüssiger übertragen werden.

Technik oder Content - das ist hier die Frage

Deutsche Mobilfunkanbieter setzen mehr auf Technik und weniger auf Inhalt. Hier soll alles gleich viel flüssiger und schneller ablaufen. Die Hersteller sollten besser auf den Inhalt setzen, als sich über Standards zu streiten. Auch das Abrechnungsmodell muss noch viel transparenter werden. Denn wenn der Kunde nicht "durchblickt" wird er die vielfältigen Möglichkeiten des mobilen "Internet" nicht nutzen wollen. Man denke nur an die Vorschusslorbeeren, welche die ersten WAP-Handys erhielten. Auch heute wissen die meisten Besitzer eines WAP-Handys kaum, wie man dessen Funktionen aktiviert. Und diejenigen, die es probiert haben, schrecken vor der umständlichen Bedienung und den hohen Kosten zurück.

Mit der heutigen Technik lassen sich "normale" Internetseiten auf mobilen Geräten nur selten betrachten. Der kleine Bildschirm erlaubt keine Ganzseitendarstellung wie auf dem heimischen oder dem Büro-PC. Und wegen der Werbebanner und integrierten FlashTools steigen die meisten mobilen Geräte schon beim Aufruf der Seite aus.

Um dem mobilen Internet eine Chance zu geben, muss erst der Content da sein. Speziell für UMTS programmierte Seiten sind notwendig um dieser Technik zum Durchbruch zu verhelfen. In Deutschland will E-Plus I-Mode zum Jahresende einführen und zum Erfolg bringen. Markus Gehmeyr, Unternehmenssprecher bei E-Plus, ist zuversichtlich: "I-Mode bietet mobiles Internet, wie die Kunden es wünschen: schnell, farbig und mit stets aktuellen Inhalten. Kurz: präzise Information in kleinen schnell gelieferten Häppchen, die Spaß machen." I-Mode soll sich einfach bedienen lassen, ein transparentes Abrechnungsmodell bieten und preiswert sein.

ComputerPartner-Meinung:

Ob sich der Erfolg eines Geschäftsmodells so einfach von Japan auf Deutschland übertragen lässt, bleibt abzuwarten. Schließlich spielt auch die Mentalität der Anwender eine große Rolle. Japaner sind es zum Beispiel gewohnt, lange Anfahrten zum Arbeitsplatz mit Bahn oder Bus zurückzulegen. Hier haben sie Zeit und Muße, mit dem Handy im Angebot von I-Mode zu surfen. In den meisten U-Bahnen in Deutschland funktionieren Handys nicht einmal. Und in Münchens Bussen ist der Betrieb von Handys sogar verboten. Zu Hause oder im Büro steht dagegen ein PC für Internetsurfer zur Verfügung - ohne Wartezeiten oder wenig transparente Kosten. (jh)

Zur Startseite