"Ich werde einen 20-seitigen englischen Vertrag nicht durchlesen!"

08.08.2002
Mit einem neuen Channel-Programm hofft Apple Deutschland, die akuten Probleme der Partner - Verdrängungswettbewerb und unklare Margen-Konditionen - zu lösen. Doch die erste Präsentation des 20-seitigen Vertrags ging nach hinten los. Die Partner fühlen sich düpiert: Apple hat ihnen nur eine englische Version vorgelegt.

Was soll man dazu noch sagen?" fragt Richard Kleinofen, Geschäftsführer des Düsseldorfer Prepress-Dienstleisters Kleinofen GmbH. Er empfindet es als Hohn, dass ihm die Feldkirchener Führungsmannschaft einen 20-seitigen englischen Vertrag (mit dem irischen Ort Cork als Gerichtsort) zur Unterschrift zugeschickt hat: "Mein Anwalt hat mir nach drei Seiten Lektüre von der Unterschrift abgeraten. Einen hundertprozentigen Knebelvertrag unterschreibe man nicht." Kleinofen, seit 20 Jahren Apple-Partner, kann nicht glauben, dass Apple mit diesem Vertrag "rund 200 Händler", so Apple-Geschäftsführer Frank Steinhoff gegenüber ComputerPartner, fes-ter als bisher an sich binden könnte.

Mit seiner Kritik steht Kleinofen nicht alleine da. Kaum ein Partner der deutschen Apple-Filiale versteht, weshalb man es in Feldkirchen bis heute für überflüssig befand, den künftigen Partnern eine rechtssichere deutsche Vertragsversion zugeschickt zu haben.

Immerhin soll dieser Vertrag ab 1. Oktober für alle Apple-Händler und -Distributoren gelten; seine beiden Ziele sind laut Steinhoff, den andauernden Verdrängungswettbewerb unter Apple-Partnern zu beenden, und mit klarer vertikaler Strategie die Marktanteile von Apple samt Partnern zu steigern.

Stattdessen müssen die Feldkirchener, die hierzulande auf gerade mal rund zwei Prozent des Rechnermarktes kommen, befürchten, dass "man als Partner lediglich den Eindruck hat, sie wollen einen über den Tisch ziehen", fasst ein ungenannt bleiben wollender Händler seinen Eindruck zusammen.

"Ich billige Steinhoff gute Absichten zu"

Dabei hatte Steinhoff sich anlässlich der Präsentation des neuen Vertrages optimistisch wie noch nie seit seinem Antritt als Geschäftsführer vor 18 Monaten gezeigt: "Mit diesem Vertrag bekommen unsere Partner klar gesagt: So sehen wird dich! Das kannst du von uns erwarten."

Doch als es bei der Umsetzung des europäischen Vertrags an die Tagesarbeit ging, musste Steinhoff, so vermutet ein weiterer Apple-Händler, sich wie so oft an die Vorgaben der Pariser Europazentrale halten. Und diese wolle, so der Händler, Marktanteile um jeden Preis zugewinnen. "Apple Europa ist es vollkommen gleichgültig, was in den einzelnen Ländern passiert. Sie sehen auf ihre Zahlen - alles andere ist ihnen egal", verzweifelt der Händler.

So ähnlich sieht auch Kleinofen den Fall Apple. "Klar", befindet er, "ich billige Steinhoff gute Absichten zu". Aber auch bei dem neuen Vertrag habe es Apple unterlassen, zu sagen, wie man den "täglichen Konditionenmissbrauch" abzuschaffen gedenke und ferner, wie die Company "Markt generieren wolle". "Diese Punkte müssen geklärt werden", verlangt er.

Genau das habe man, erwidert Steinhoff. Dazu sei das neue Bewertungssystem mit seinen Eckpunkten "Standort", "Mitarbeiterqualifikation", "Softwarelösungen" und "Endkundenangebot" für Apple-Partner geschaffen worden. "Um möglichst viele Händler so nah wie möglich an die Kunden heranzubringen", so der Geschäftsführer.

Doch diese (mit Schulnoten versehene) Neubewertung ihres Apple-Status halten die meisten Apple-Partner für überflüssig. "Ein Notensystem von Apples Gnaden zielt am Problem vorbei", sagt der Kölner Apple-Händler Andreas Kaj-ba. "Wir brauchen keine Pflichten, sondern ein vernünftiges Marketing und Preisstabilität." Und endlich einen deutschen Vertrag.

www.apple.com/de

ComputerPartner-Meinung:

Eine der garantiert sicheren Methoden, den Partner effektiv und nachhaltig zu verunsichern, ist, ihm Rechtssicherheit bei Verträgen zu verweigern. Das tut Apple Deutschland derzeit. Statt eines deutschen Vertragswerkes verschickte man an die Partner einen englischen Vertrag. Wohlgemerkt: Mit diesem Vertrag soll die künftige Geschäftsbeziehung der Partner mit Apple festgelegt werden.

Ein verkorksterer Auftakt des neuen Partnerprogramms ist kaum denkbar. Zu retten ist es nur durch entschlossenes Handeln von Apple-Chef Steinhoff. Sonst kippt das Programm - und mit ihm Steinhoff. (wl)

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