"In die IT-Krise hineingeboren"

05.03.2007
Am 1. März 2007 wurde BenQ offiziell fünf Jahre alt. Die Geburt mitten in die IT-Krise hinein sieht Deutschland-Chef Michael Grote, hier im Exklusivinterview mit ChannelPartner-Redakteur Klaus Hauptfleisch, für sein Unternehmen auch als Glücksfall.

Sie sind der Gründungsgeschäftsführer von BenQ in Deutschland. Es gibt wohl kaum eine Marke, die sich so schnell etabliert hat. Wurden Sie von der Entwicklung überrascht?

Michael Grote: Die Ausgliederung von Acer und die Umbenennung sowie der rasche Erfolg der Marke BenQ haben mich sehr wohl überrascht. Bei der Markenumstellung war für uns damals alles möglich, denn niemand von uns hatte Erfahrungen damit. Dem Erfolg stand das Glück zur Seite. Ein Teil dieses Glücks war sicherlich auch, dass BenQ in die IT-Krise hineingeboren wurde. Viele andere Unternehmen hingen damals noch etliche Zeit an den schönen goldenen Jahren und bewegten sich nicht oder zu schwerfällig.

Wie hat sich die Mitarbeiterzahl seit der Gründung verändert?

Grote: Seit 2002 hat sich unsere Mitarbeiterzahl auf jetzt zirka 50 vervierfacht. Wir sind am Standort extrem schlank organisiert, wobei wir Reparaturen, Logistik und die Marketingumsetzung nach außen gegeben haben. Alle Strukturen, die uns mit großen Fixkosten konfrontieren, versuchen wir zu vermeiden.

Der Personalstamm hat sich seither vervierfacht. Wie hat sich der Umsatz entwickelt?

Grote: In diesem Zeitraum hatten wir in Deutschland ungefähr eine Verdreifachung der Umsätze auf rund 180 Millionen Euro.

Was hat BenQ damals von Acer geerbt, und wo trifft BenQ im Markt auf Acer?

Grote: Dieses Ereignis liegt fünf Jahre zurück und ist für uns kein Thema mehr. Wir haben andere Zielwettbewerber als Acer, weil wir von der Positionierung her ganz anders aufgestellt sind. Vielmehr machen wir uns Gedanken über Samsung, Sony und in Teilen auch über LG.

Beschreiben Sie bitte, wo sich BenQ im Markt positioniert.

Grote: Grundsätzlich streben wir eine Positionierung im Midrange - in einzelnen Produktbereichen auch High-End - an. Bei Videoprojektoren haben wir zum Beispiel nur ein Einstiegsprodukt.

Wie viel Marketing-Power, sprich: Geld für Werbung und andere Marketingaktionen, war damals nötig, um BenQ als Marke zu etablieren?

Grote: Ich persönlich glaube mehr an die gute Idee und das Konzept als an das große Budget. Wenn Sie keine gute Idee haben, können Sie das nicht mit einem hohen Budget ausgleichen. Tatsächlich waren, um BenQ als Marke zu etablieren, sehr viel weniger Ausgaben nötig, als man glauben sollte.

Welche Produktbereiche haben sich über die letzten fünf Jahre Jahre gut entwickelt, und bei welchen müssen Sie noch Gas geben?

Grote: Sehr gut entwickelt hat sich das Geschäft mit Displays und Projektoren sowie später auch mit Digitalkameras. In der Reihenfolge liegt auch die Gewichtung, nachdem wir uns Anfang des Jahres von dem komponentenlastigen Geschäft mit Optical Storage in Deutschland getrennt haben. Entwicklungsbedarf besteht im Notebook-Geschäft, in dem wir Parallelen zum Bereich Projektoren sehen. Dort hatten wir eine relativ lange Anlaufphase von rund zweieinhalb Jahren, bevor wir Fuß fassen konnten. Mittelfristiges Ziel ist, den Notebook-Bereich zur Nummer drei bei BenQ Deutschland zu machen.

Wie gehen Sie mit dem Imageschaden durch BenQ Mobile um?

Grote: Seien Sie mir nicht böse, wenn ich darauf nicht eingehen will. Aber das Thema wurde von links nach rechts und von vorne bis hinten erörtert. Wir richten den Blick jetzt nach vorne.

Auf der CeBIT ist BenQ dieses Jahr nicht vertreten. Welche alternativen Aktivitäten planen Sie, um den Fachhandel und die Endkunden zu erreichen?

Grote: Wir führen beispielsweise Roadshows durch und veranstalten Händlerstammtische. Für uns stellt sich die Frage, ob das Konzept einer regionalen Messe, bei der der Kunde zum Hersteller kommen muss, noch tragfähig ist. Umgekehrt wird ein Schuh daraus; wir müssen als Anbieter zu unseren Fachhändlern und Endkunden kommen. Außerdem können wir Neuheiten nicht bis zu einer Messe zurückhalten. Zu guter Letzt sind Messen zeitlich begrenzt, und die Termine finden in einem gehetzten Umfeld statt.

Vor zwei Jahren hatten Sie noch gesagt, dass BenQ als junge Marke vor allem junge Menschen mit LCD-TVs recht schnell erreichen würde. Jetzt sind die meisten der IT-Hersteller, die sich in diesem Markt bewegen, keineswegs zufrieden.

Grote: Ich muss zugeben, dass ich den Mund damals wohl deutlich zu voll genommen habe. Im LCD-TV-Markt haben wir sicherlich Kompetenz und auch technisch einiges zu bieten. In den Köpfen der Verbraucher finden wir aber nicht statt. Als IT-Hersteller - und ich glaube, das geht auch unseren Kollegen so - sind wir konfrontiert mit einem Markt, der von sehr alteingesessenen, bekannten Marken geprägt ist. Dass hier keiner auf uns gewartet hat, war uns klar. Nichtsdestotrotz hatten wir es uns leichter vorgestellt.

Kommen Sie trotzdem voran?

Grote: Ja, aber nur mit Sonderthemen. Zum Beispiel waren wir als einer der Ersten mit HD gemäß 1080i (mit interlaced 1.080 Zeilen, Anm. d. Red.) am Markt. Das ging eine Zeit lang gut, bis auch andere Hersteller nachzogen.

Andere Unternehmen wie etwa LG investieren sehr viel in Werbung. Müsste BenQ nicht dem Vorbild folgen, um mehr im TV-Markt zu bewegen?

Grote: Ja, absolut. Aber wir haben das TV-Thema vorerst auf 2008 vertagt. Das soll allerdings nicht heißen, dass wir uns aus dem Markt zurückziehen. Wir werden nur keinen allzu großen Push machen, weil wir dazu die komplette Supply Chain aufstellen und vom Produktportfolio her noch breiter positioniert sein müssen. Außerdem müssen noch Dinge wie die EU-Besteuerung adressiert werden, bevor wir tatsächlich Geld in die Hand nehmen können, um an dem Thema weiterzuarbeiten.

BenQ sponsort erneut die Fußball-Europameisterschaft. Was hat die EM 2004 gebracht, und was erwarten Sie für 2008?

Grote: Das EM-Sponsoring 2004 hat tatsächlich viel gebracht. 2008 wird insofern spannend, als es eine deutschsprachige EM ist.

Welche Trends sehen Sie derzeit bei Monitoren, und wie antwortet BenQ auf Samsung-Monitore mit Software-Grafikkarte?

Grote: 19-Zöller werden dieses Jahr den Löwenanteil ausmachen, auch wenn vom Umsatz her eine deutliche Verlagerung zu Widescreen-Modellen mit 20 Zoll und mehr stattfindet. Was uns überrascht, ist eine starke Akzeptanz von 22 und 24 Zoll wide bis hin zu 26 Zoll wide. Mit solchen Breitbildgrößen wird auch die Notwendigkeit eines zweiten Monitors hinfällig, worauf die Samsung-Lösung wohl abzielt. Der Markt dafür ist äußerst begrenzt. Abgesehen davon glaube ich nicht, dass eine Software-Grafikkarte die in den High-End-Anwendungen wie DTP und CAD/CAM geforderte Qualität liefert.

Der Widescreen-Anteil lag im dritten Quartal 2006 bei fünf Prozent. Bis Ende 2007 sollen es 14 Prozent sein. Wie sieht Ihre persönliche Prognose aus?

Grote: Von den Stückzahlen her könnten es Ende des Jahres 14 Prozent werden. Der Wertanteil dürfte aber auf 25 bis 30 Prozent steigen, wenn nicht sogar noch mehr.

Wie hat sich der Anteil der Auftragsfertigung, OEM/ODM, in den vergangenen Jahren entwickelt, und wo liegen die Ziele?

Grote: Das Marken- und das OEM-Geschäft stehen derzeit bei etwa 50:50. Je nach Monat können diese Werte auch variieren. Das Problem war bisher, dass das Markengeschäft immer ein Anhängsel eines jeden Warenbereichs auf Produktionsseite war. Dort sitzen in erster Linie Ingenieure, für die Brand-Business praktisch ein artfremdes Element ist. Das hat man auch deutlich gemerkt. Über die Jahre ist der Markenanteil angestiegen, und die internen Spannungen sind stärker geworden.

Wie hat BenQ diese Spannungen entschärft?

Grote: Wir haben im August 2006 die Entscheidung getroffen, unter dem Dach der BenQ Group zwei im Prinzip unabhängige Unternehmen zu gründen. Die Digital Media Group (DMG) auf der einen Seite ist für das Markengeschäft verantwortlich. Auf der anderen Seite haben wir Integrated Manufacturing Services (IMS), das ausschließlich die Produktion betreibt, wobei wir für IMS auch OEM/ ODM-Kunde sind. Ein Schönheitsfehler der vorherigen Konstellation war, dass die Produktion an verschiedene Kunden verkaufen konnte, wir aber nur im eigenen Werk einkaufen konnten. Der Kunde, der nicht weglaufen kann, ist doch immer der arme Hund. Jetzt haben wir die Freiheit, Monitor-Panels zum Beispiel auch bei anderen Herstellern einzukaufen.

Was sind Ihre Ziele und Strategien für 2007?

Grote: Dieses Jahr werden wir intensiv am Channel arbeiten. Im Rahmen unserer Geburtstagsfeier wollen wir uns bei unseren Partnern bedanken und werden das eine oder andere Päckchen für unsere Kunden schnüren. Was wir aus dem Channel hören, ist alles andere als positiv. So mancher Händler bangt um seine Existenz. Denn eines ist klar: Wenn sich die Märkte kontrahieren, trifft das den Händler sicherlich zuerst.

Und dann kommt noch die Konkurrenz aus dem Online-Handel hinzu ...

Grote: Ja, für kleinpreisige Produkte wird das Internet immer mehr zur dominierenden Beschaffungsalternative. Aber wir sehen die Tendenz, dass auch immer mehr höherwertige Produkte im Internet gehandelt werden. Bei 24-Zoll-Monitoren zum Beispiel soll der Online-Anteil gegen zwölf Prozent gehen. Ich persönlich glaube übrigens nicht, dass es ohne den stationären Handel geht. Ohne den Online-Handel geht es aber auch nicht mehr.

Wie wollen Sie in Sachen System-hauspräsenz vorankommen?

Grote: Wir haben das Thema jetzt deutlich intensiviert und gehen es von zwei Seiten an. Auf der einen Seite haben wir das Channel-Team, das Systemhäuser und Fachhändler direkt betreut, auf der anderen Seite seit zwei Jahren die Key-Account-Kollegen, die mit den gewerblichen Kunden sprechen und vor Ort direkt oder zusammen mit den Fachhandelspartnern Geschäfte generieren. Das hat sich mittlerweile gut eingespielt und zeigt auch schon deutliche Effekte.

Vielen Dank, Herr Grote, für das Gespräch.

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