Intel gibt Dial-Access auf - Wettbewerber springen ein

22.02.2001
Im Herbst 1998 übernahm Intel den Remote-Access-Spezialisten Shiva. Doch - wie sich jetzt herausstellt - interessierte sich der Prozessorkrösus lediglich für Shivas VPN-Technologie. Für deren Fernzugriffs-Hardware findet Intel keine Verwendung mehr.

Ende Januar stellte Intel die Lieferung von Dial-Access-Servern der Shiva-Port- und Shiva-Lanrover-Reihe ein. Begründung des Hardware-Herstellers: Die klassische Ferneinwahl ins Unternehmensnetz über eine Wählleitung ist nicht mehr zeitgemäß, kostengünstiger und sicherer ist der Remote-Zugriff über eine VPN-Leitung. Lösungen für derartige virtuelle private Netze wird Intel weiterhin anbieten und parallel dazu versuchen, bisherige Shiva-Kunden aus dem klassischen Remote-Access-Umfeld in Richtung VPN zu bewegen.

Partner in Schwierigkeiten

Eine völlig andere Strategie verfolgt dagegen der Netzwerk-Hardware-Produzent Perle Systems. Dieser ist der festen Überzeugung, dass Intels Entscheidung ehemalige Shiva-Wiederverkäufer in ernste Schwierigkeiten bringt. "Sie müssen nun ihre RAS-Dienste einstellen", behauptet etwa Perles Marketier Sean O’Donovan.

Nun, ganz so schlimm wird es schon nicht werden, denn Perle springt hier mit eigenen Produkten der 833er Reihe ein. Außerdem bietet der Hersteller wechselwilligen Shiva/Intel-Partnern gezielte Marketing- und Schulungsprogramme. Sie beginnen mit Online-Seminaren zu Perles Produkt-Spektrum und hören mit der garantierten Unterstützung seitens des Herstellers auf.

In den USA, aber auch in Großbritannien, Australien und in Neuseeland haben bereits acht Intel-Partner den Schwenk zu Perle vollzogen. Es dürfte nur noch eine Angelegenheit von Wochen sein, bis auch deutsche Remote-Access-Wiederverkäufer auf Lösungen von Intel-Wettbewerbern umsteigen. Bei Hartmut Werre, Key-Account-Manager Netzwerke bei dem Stuttgarter Distributor ELD Datentechnik GmbH, stößt der Entschluss von Intel, die Shiva-RAS-Produktreihe komplett aufzugeben, auf Unverständnis: "Das Ganze kam für uns und den gesamten Markt völlig überraschend. Unsere Partner sind maßlos enttäuscht. Einige von ihren Kunden haben erst vor wenigen Wochen teure Lanrover-Acces-Switches erworben, und nun müssen sie erfahren, dass ab sofort keine Produkte mehr aus dieser Reihe ausgeliefert werden."

Zwar will Intel den Support für diese RAS-Lösungen noch für zwei Jahre aufrecht erhalten, aber das stellt keinen all zu großen Trost für die Shiva-Partner dar. ELD Datentechnik steht jedenfalls schon mal Gewehr bei Fuß und will mit Re-mote-Acccess-Servern von Cyclades für gleichwertigen Ersatz sorgen. Ebenso wenig teilt der schwäbische Distributor Intels Begeisterung für VPN: "Der Markt ist noch nicht so weit", so Werre weiter.

Doch auch bei Intel waren nicht alle Mitarbeiter mit dem Aus für die Shiva-Produktreihe einverstanden: "Viele Kunden wollen noch gar nicht auf die VPN-Technologie umsteigen, denen ist das Internet nach wie vor zu unsicher", so ein Firmenangehöriger. Und weiter: "Banken und Versicherungen werden auf keinen Fall VPN über das Internet nutzen." Deswegen hätte man in der Dial-Access-Abteilung von Intel gern gesehen, wenn die erfolgreiche Shiva-Produktreihe weiterhin ausgeliefert würde. Dafür hätte man auch ein reduziertes Marketing-Budget für diese Geräte in Kauf genommen. Intels weltweit zuständiger Acces-Produkt-Manager David Wait hat jedenfalls die Konsequenzen gezogen und das Unternehmen verlassen.

www.shiva.com

www.perle.com

www.eld.de

ComputerPartner-Meinung:

Intels Rückzug aus der Shiva-Produktreihe für den klassischen Remote Access stellt für alle Beteiligten eine Win-Win-Win-Angelegenheit dar: Der Prozessorkrösus muss sich nicht mehr um die "veralteten" klassischen Fernzugriffs-Server kümmern und kann sich statt dessen auf die "moderne" VPN-Technik konzentrieren.

Perle oder Cyclades wiederum erhalten die einmalige Gelegenheit, eine Vielzahl an neuen Partnern dazu zu gewinnen und sie auf die eigenen Produkte einzuschwören. Ehemalige Shiva-Wiederverkäufer haben schließlich die Qual der Wahl: Sie können sich entweder für virtuelle private Netze von Intel oder für die Remote-Access-Server von Perle beziehungsweise Cyclades entscheiden. Alternativ dazu steht ihnen immer noch frei, beide Wege zu gehen oder aber Shiva die Treue zu halten. Ist das nicht toll? (rw)

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