IT-Herbsttreff profitiert von neuem Messegelände

29.10.1998

MÜNCHEN: Das neue Messegelände hat die Systems belebt. Dafür sprechen zumindest die neuen Rekorde bei Ausstellern (2.371 nach 1.775 im Vorjahr) und Besuchern (129.000 gegenüber 110.000). Die Aussteller sind indes unterschiedlicher Ansicht, was den Erfolg der IT-Messe angeht. Ein Highlight aber war auf jeden Fall der Fachhandelstreff "Dealers-only" in Halle C3. Rund 13.000 (1997: 10.000) Händler besuchten die nur für sie reservierte Plattform.Der schleppende Start am Montag ließ Böses ahnen, die Aussteller übten sich in Galgenhumor: "Wenn man hier allen Stand- und Presseleuten ,Stop!' zuruft, bewegt sich gar nichts mehr", unkte man auf dem Oracle-Stand in Halle A2. Und bei Distributor CHS im Dealers-only-Bereich hieß es: "Heute besuchen sich die Aussteller gegenseitig." Ein IBM-Mitarbeiter aus der Druckersparte resümierte frustriert: "Wir hatten den ganzen Montag über nur fünf oder sechs Beratungsgespräche." Da paßte ins Bild, daß am ersten Tag teilweise Telefone ausfielen, am Morgen des zweiten Tages das hochgepriesene Kommunikationsnetz auf dem Messegelände wegen Überlastung zusammenbrach und ein Signalfehler U- und S-Bahnen lahmlegte.

Dann aber nahm die Systems Fahrt auf. Vor allem am Mittwoch und am Donnerstag vernahm man durchweg die frohe Kunde: "Wir sind zufrieden." So zogen denn auch viele Aussteller ein insgesamt positives Fazit des IT-Herbsttreffs. "Wir sind zum ersten Mal mit einem eigenen Stand auf der Systems, und der Aufwand hat sich gelohnt", erklärte Martin Hager, Geschäftsführer der Retarus Networks Services GmbH. IBM-PC-Chef Christian Hildebrandt gab zu Protokoll: "Die Systems bietet für Fachgespräche eine bessere Plattform als die Cebit. Es kommen zwar weniger Leute, dafür sind es die richtigen." Ähnliches verlautete Klaus Elias, Managing Director und Vice-President Corporate Sales bei Fujitsu: "Hier ist nicht soviel Hektik wie auf der Cebit. Außerdem haben wir es mit einem sehr qualifizierten Publikum zu tun." Und Jörg Michael Pläsker, Sprecher der Easy Software AG, resümierte zufrieden: "Von unseren Kunden hat sich alles, was Rang und Namen hat, bei uns eingefunden."

Vorjahres-Abstinenzler bleiben skeptisch

Begeistert aufgenommen wurde das neue Messegelände. Zwar trauerte manch einer dem gemütlichen Charme der alten Gemäuer auf der Theresienhöhe nach und auch der direkten City-Lage, doch alles in allem wurden Übersichtlichkeit, die kurzen Wege, die Helligkeit und auch die bessere Belüftung gelobt. Christoph Michel, Vorsitzender der Geschäftsführung von Sage KHK, brachte es auf den Punkt: "Die neue Messe ist toll. Die Hallen sind schön, das Gelände gefällt mir gut."

Auf den Sondereffekt "Neues Messegelände" hatten gerade die 1998 zurückgekehrten prominenten Abstinenzler gesetzt. Doch fiel ihr Urteil über den Verlauf der Systems eher gedämpft aus. "Das Messegelände ist okay, die Organisation zufriedenstellend, die Besucherqualität besser als auf der Cebit", so Product-Marketing-Manager Michael Schikatis von Computer Associates. Doch bedauernd schob er nach: "Man spricht bayrisch. Die internationale Resonanz ist enttäuschend. Noch nicht einmal aus den angrenzenden Nachbarländern sind Besucher zu verzeichnen." Zum nächsten Jahr befragt, hielt sich Christine Bolbach von der CA-Marketingabteilung bedeckt. "Zwar hatte uns die Messeleitung im Vorfeld der Systems einen Vierjahresvertrag ans Herz gelegt, doch wir haben uns nur für ein Jahr verpflichtet."

Verhaltene Töne schlug auch Norbert Gelse, Leiter Öffentlichkeitsarbeit bei Hewlett-Packard, an. Mit dem neuen Messegelände habe die Systems "einen ansprechenden und professionellen Rahmen" für den HP-Auftritt gegeben, und insgesamt habe man "zusammen mit den Partnern einen guten Messeauftritt gehabt". Doch in den Hallen sei es ersichtlich ruhig zugegangen. Ob sich HP im nächsten Jahr wieder die Ehre geben wird, ist noch genauso ungewiß wie eine Teilnahme des Münchner Systemhauses Ditec. Vorstand Wolfgang Stübich erklärte: "Wir haben uns vorsorglich angemeldet. Doch wir werden in Kürze analysieren, ob es eine Möglichkeit gibt, das Geld produktiver auszugeben." An den Abschluß des von den Systems-Machern zur Stabilisierung des IT-Treffs wie warme Semmeln angebotenen Vierjahresvertrages hat er keinen Gedanken verschwendet. "Aber ich gratuliere allen Mitbewerbern, die das unterschrieben haben", fügte er süffisant hinzu. Laut Messechef Joachim Enßlin haben sich rund 90 Prozent der "Großen" auf vier Jahre an die Systems gebunden.

Dealers-Only-Bereich kam gut an

Unbestrittenes Highlight war der Dealers-only-Bereich, der in diesem Jahr eine ganze Halle für sich hatte. Lobgesänge waren an der Tagesordnung. So konstatierte Stefan Mennecke, Marketingmanager der Iiyama Electric GmbH: "Dealers-only ist eine wirklich gute Sache. Es lohnt sich, hier vertreten zu sein." Uli Meyer, Geschäftsführer des Workstation-Distributors Adiva Computertechnologie und Systems-Neulings, resümierte: "Wir sind sehr zufrieden. Besonders gut gefällt uns der Dealers-only-Bereich. Wir werden im nächsten Jahr bestimmt wiederkommen." Auch Udo Fussbroich von Computer 2000 gab an, mit dem Messeauftritt insgesamt sehr zufrieden zu sein. "Sowohl Quantität als auch Qualität der Kontakte stimmte." Erfreulich sei zudem die Anzahl der Neukundenkontakte gewesen.

Moderater äußerte sich Christian Kryzwicki, Geschäftsführer der Beyond Distribution GmbH: "Von der Anzahl der Händler her sind wir nicht ganz zufrieden, von der Qualität der Händler dagegen sehr. Und was die Kontakte mit Herstellern und anderen Branchenvertretern betrifft, ist diese Messe hervorragend." Allerdings müsse die Messeleitung darauf achten, daß der ursprüngliche Charakter des Dealers-only-Bereichs nicht verlorengehe. "Wenn die Großdistributoren anfangen, in diesem Bereich riesige Paläste zu bauen, werden die kleineren Aussteller an den Rand gedrängt. Dann müßten wir uns fragen, ob sich der Aufwand für uns noch lohnt." (bk)

Am ersten Tag hatte die Systems in punkto Besucher Anlaufschwierigkeiten. Dann aber kam sie in Schwung.

Zur Startseite