IT-Security: Aktien haben bisher enttäuscht

11.10.2001
Der Terrorakt lenkt das Interesse auf Aktien der Anbieter von IT-Sicherheitslösungen. Jedoch verdienen nur wenige Unternehmen der Branche derzeit tatsächlich Geld - trotz stattlichen Umsatzwachstums.

Zwei Wochen nach dem Anschlag war die Kursrallye schon wieder vorüber. Bei den IT-Security-Aktien kehrte der Alltag ein, die durch den Anschlag verursachten Profite von bis zu 30 Prozent gingen teilweise verloren. Denn die Firmen befassen sich vor allem mit Verschlüsselungstechniken. Sie hätten die Daten im World Trade Center auch nicht retten können.

Es gibt kaum einen Zusammenhang zwischen den Ereignissen in Amerika und den Produkten, erklärten Analysten. Doch der Anschlag verändert die Bewusstseinslage der Öffentlichkeit. Das Thema IT-Security ist brandaktuell, das stützt die Aktienkurse.

Viele Firmen in Handel und Indus-trie verfügen über keinerlei Ansatz für Schutzmaßnahmen. Nur die Hälfte beschäftigte sich bis vor kurzem mit Projekten für mehr Websicherheit, Hacker-, Virenschutz und Verschlüsselung. Ihre Bedeutung wird unterschätzt, meinen Aktienanalysten seit Jahr und Tag. Schließlich sei die IT-Sicherheit in letzter Instanz der entscheidende Antriebsmotor, der den elektronischen Geschäften zum großen Durchbruch verhelfe.

Gekürzte Investitionen treffen Anbieter hart

Jedoch haben die am Neuen Markt gelisteten IT-Sicherheitsfirmen trotz der vorhandenen Perspektiven nicht überzeugt. Das Umsatzplus ist mit hohen, teils zwei- oder gar dreistelligen prozentualen Steigerungen pro Jahr beachtlich, die Ertragssituation weniger. In konjunkturell schwächeren Zeiten wie derzeit führen Verschiebungen von Aufträgen zu großen Umsatz- und Ergebnisschwankungen. Die Projekte hängen oft an zögernden Großkunden. Die mehrfach gekürzten IT-Investitionen treffen den Bereich Security hart. Dazu kommen hausgemachte Probleme. Schnelles Wachstum nutzt auf Dauer nichts, solange die Verluste ebenfalls zunehmen.

Nur Biodata wird von den am Neuen Markt notierten Firmen das Jahr voraussichtlich positiv abschließen. Die direkten Konkurrenten Norcom, Secunet, Utimaco sowie Articon (Netzwerksicherheit), Brokat (Software für Electronic Banking, E-Brokerage, E-Payment), Trintech und Data-Design (Multi-Channel-Banking, Sicherheit Home/Online-Banking) werden nach derzeitigem Kenntnisstand rote Zahlen schreiben. Im nächs-ten Jahr dürften kleine Gewinne herausspringen, ausgenommen bei Brokat. Jedoch sind alle Vorhersagen mit einer hohen Fehlerquote behaftet. Die Sprachregelung der Analysten lautet jetzt: mehr Aufträge bei Datensicherern möglich - aber die Aktien sind nicht ohne Risiko.

Selbst die Kurse der relativ gut verdienenden US-Börsenfavoriten Checkpoint, RSA Security, Symantec und Verisign gingen drastisch zurück. Kaum ein Unterschied besteht zu den Aktien der Unternehmen, die aktuell Verluste machen wie Entrust, Network Associates, Sonicwall (USA), Bindview, Baltimore Technologies (beide Großbritannien) und Trend Micro (Japan).

Die Verisign-Aktie notierte vor einem Jahr bei umgerechnet 233 und fiel dann auf 32 Euro, bevor sie sich kürzlich auf 43 Euro erholte. Checkpoint-Aktien standen im August 2000 auf 203 und letzte Woche bei 27 Euro. Der Kursverfall kommt jedoch nicht gar so überraschend, denn auch diese Papiere waren trotz beachtlicher Umsatz- und Ertragszunahmen enorm überbewertet. Erst in jüngster Zeit sind die Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) in vertretbaren Regionen angelangt.

Eine Faustregel besagt, dass die KGVs so hoch sein dürfen, wie das prozentuale Wachstum der Unternehmen ist. Bei Checkpoint und Verisign dürften das an die 35 Prozent sein. Das KGV auf Basis des 2002er-Ergebnisses beläuft sich jetzt auf 38. Vor einem Jahr lag es bei 340.

Aktuell wird Verisign von vielen Seiten zum Kauf empfohlen. Grund: dynamisches Wachstum beim Umsatz und Ertrag gegen den unsicheren Markttrend. Bei Webadressen beantwortet der führende Anbieter über sein Netz täglich mehr als 1,5 Milliarden Erkundigungen sowie 100 Millionen Datenbankanfragen. Und pro Tag ermöglicht er Millionen sicherer elektronischer Kommerz- und Kommunikationstransaktionen.

Ergiebig für Verisign ist der Sektor E-Security. Positiv auch die Übernahme von Illuminet, das es Telefon- und Mobilfunkfirmen ermöglicht, ihre separaten Netze miteinander zu verbinden.

Checkpoint überzeugte mit Quartalszahlen

Dauerfavorit Checkpoint arbeitet mit hohen Gewinnmargen und ist im Bereich der Virtual Private Networks (VPN) bestens positioniert. Frische Kursphantasie entsteht durch neue Produkte. Aber es tauchen auch Zweifel auf, ob angesichts der starken Konkurrenz das Wachstum gehalten werden kann. Die jüngsten Quartalszahlen haben überzeugt.

Nicht zu unterschätzen ist die Rolle der etablierten Computer-Hardware- und Softwarekonzerne. Nicht nur deutsche Firmen treffen auf ehrgeizige Wettbewerber mit großer Finanzkraft. Cisco Systems erzielt fünf Prozent des Umsatzes mit Sicherheitsprodukten. Für Computer Associates ist IT-Security ebenfalls "sehr interessant". Mit von der Partie sind Fujitsu Siemens und die Branchenersten IBM und Hewlett-Packard, weil der Netz- und Serverschutz an Bedeutung gewinnt.

Alle bieten Intrusion-Detection-Lösungen an, die verdächtigen Aktivitäten auflauern. Gestiegen seit dem Mail-Virus "Love Letter" ist die Nachfrage nach Produkten des Content-Security-Managements (CSM). Bis 2007 werden Unternehmen mehr Geld für Content-Filtering und Verschlüsselungstechno-logien investieren als für reine Antivirensoftware, meint Frost & Sullivan.

Symantec ("Norton Antivirus", "Internet Security") verdient aktuell weniger als voriges Jahr. Jedoch sollen 2002 um rund 30 Prozent bessere Ergebnisse möglich sein. Ex-Favorit Trend Micro möchte mit der Antivirensoftware, die besonders bei größeren Serversystemen zum Einsatz kommt, auch vom zukunftsträchtigen chinesischen Markt profitieren. Spekulativ interessant sind die Aktien derjenigen Unternehmen, die gegenwärtig Verluste machen, aber nächstes Jahr Gewinne erzielen wollen. (kk)

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