Märchenstunde im Projektorland

30.05.2002

Es klingt gut, was die Anbieter von Projektoren in ihren Datenblättern über die Lebensdauer der Lampen schreiben. 1.500 bis 3.000 Stunden soll sie in den meisten Fällen betragen - bei einigen Modellen sogar bis zu 6.000 Stunden. Soweit die Theorie. Die Praxis sieht leider anders aus.

Fakt ist, dass jede Lampe, unabhängig von der Technologie, einen Alterungsprozess durchmacht. Im Falle der in den Projektoren befindlichen Gasentladungslampen führt dies dazu, dass die Farbtemperatur mit zunehmendem Alter abnimmt. Die Folge: Weiße Flächen in einer Projektion bekommen nach einer gewissen Zeit einen rötlichen oder gelblichen Stich.

Dass die Hersteller der Projektoren - eigentlich die Hersteller der Lampen - lügen, kann man ihnen nicht vorwerfen. Aber dumm sind sie wahrlich auch nicht. Natürlich haben sie bei ihren Lampen eine Lebensdauer von bis zu 6.000 Stunden ermittelt - unter idealen Bedingungen! Im harten, täglichen Einsatz sieht die Sache anders aus. Da sind schon 2.000 Stunden utopisch.

Wahrscheinlich wurden die Lampen im "Freifeldversuch" getestet. Das bedeutet, dass sie ohne Beengung durch ein Gehäuse frei im Raum standen. Auf diese Weise konnte sich die entstandene Wärme wunderbar nach allen Seiten ausbreiten. Doch in einem engen Projektorgehäuse kommt es nach kurzer Betriebszeit zu einer großen Hitzeentwicklung. Eine hohe Umgebungstemperatur beeinträchtigt aber die Lebensdauer der Lampe. Ein langsames Nachlassen der Leuchtkraft merkt der Kunde vielleicht gar nicht - ihm fehlt ein Vergleichsbild.

Gravierender ist ein weiterer Effekt. Man muss davon ausgehen, dass die Lampe im Dauerbetrieb getestet wurde. Wie sinnvoll! Man lässt ja auch den Projektor ständig laufen! Von einem intermittierenden Betrieb (wiederholtes Ein-/Ausschalten) haben die Hersteller wohl noch nichts gehört. Oft genug kommt es vor, dass man zum Beispiel den Projektor kurz nach dem Ausschalten wieder einschalten muss, da man nochmals etwas zeigen will. Ist die Lampe beim Einschalten noch warm, fließt ein starker Strom, der die Elektroden der Gasentladungslampe nachhaltig schädigt. Und das fördert mit Sicherheit auch nicht die Lebensdauer.

Berücksichtigt man beide Faktoren, sind 800 bis 1.000 Betriebsstunden für eine herkömmliche Projektorlampe realistisch.

Was also tun, wenn Ihre Kunden schon nach kurzer Zeit mit "ausgebrannten" Lampen bei Ihnen vorbeischauen? An Ihnen als Händler bleibt es dann wieder hängen, ihnen zu erklären, dass die kurze Garantiezeit für die Lampe (etwa drei Monate) - wenn es überhaupt eine gibt, schließlich handelt es sich um ein Verschleißteil - schon abgelaufen ist. Und dass für eine Neue mal eben 500 Euro fällig sind. Damit Ihre Kunden in so einem Fall ihre Wut nicht an Ihnen auslassen, ist es ratsam, ihnen schon beim Kauf des Projektors reinen Wein einzuschenken. Teilen Sie ihnen ruhig mit, wie hoch die realistische Lebensdauer einer Projektorlampe ist und was der Austausch kostet. Dann kann er sich selbst eine Meinung bilden (Lesen Sie dazu auch die Artikel auf den Seiten 36 bis 41). Christian Töpfer

ctoepfer@computerpartner.de

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