Microsoft-Händler-Ausstattung fällt weg - Partner sind verunsichert

29.11.2001
Statt wie bisher vor jedem Software-Launch eine Händler-Produkt-Ausstattung (HPA) zu bestellen, sollen Microsofts Fachhandelspartner am Software-Evaluierungs-Abonnement (SEA) teilnehmen. Trotz Marketing-Kampagne zeigen sich Händler über das Angebot nur wenig informiert.

Wir Händler sind Microsoft ausgeliefert. Wenn sich der Billy in Amerika beim Frühstück mal wieder was Neues überlegt, dann müssen wir sehen, wie wir damit zurechtkommen", empört sich ein norddeutscher Fachhandelspartner von Microsoft, der anonym bleiben möchte.

Der Grund seines Ärgers: Am Morgen kam ein Fax in sein Büro geflattert, in dem Microsoft ihm anbietet, er könne zu einem Jahrespreis von 320 Euro ein Software-Evaluierung-Abonnement erwerben. Was für den nordischen Partner auf den ersten Blick nach zusätzlichen Ausgaben aussieht, ist jedoch als Ersatz für die bisher bekannten Händler-Produkt-Ausstattungen (HPA) gedacht. Statt diese wie bisher zu bestellen, wenn neue Software auf den Markt kommt, erhält der Händler mit dem Abonnement ein Basispaket (siehe Kasten) und anschließend in jedem Quartal die aktuellen Softwareversionen, Partnerratgeber und Projektleitfäden zugesandt.

"Die Händler haben uns nach einer Grundausstattung gefragt, und mit dem europaweiten Angebot des Software-Evaluierungs-Abonnements bieten wir das an", erklärt Gabriella Spindler, die als Marketingmanagerin bei Microsoft für die Aktion verantwortlich zeichnet.

Nach eingehender Lektüre der Mic-rosoft-Offerte scheint sie auch dem Händler aus dem hohen Norden eine recht gute Sache zu sein. Obwohl er die Meinung vertritt, Hersteller sollten Programme zu Testzwecken kostenlos an den Handel abgeben, kann er sich vorstellen, "dass alle Händler an einer Grundausstattung interessiert sind".

Das Abonnement ersetzt ab sofort alle HPAs

Dennoch wirft das Angebot eine ganze Reihe an Fragen und Problemen auf. Obwohl Microsoft versucht hat, das Software-Evaluierungs-Abonnement durch Artikel in der Kunden-Zeitung "Monatsspiegel", in Faxaktionen, Mailings und im Internet publik zu machen, ist beispielsweise wenig bekannt, dass es in Zukunft keine HPAs mehr geben wird. "Ich habe durch den Monatsspiegel von dem Abonnement erfahren und im Internet danach gesucht. Damals waren die Seiten noch nicht aktiv, und so ist die Sache erst mal wieder im Sand verlaufen. Dass die HPAs wegfallen, habe ich nirgends gelesen, und es war mir bis jetzt auch nicht bewusst", sagt der Geschäftsführer der Rosenheimer Ronet GmbH Johannes Zwirner.

Er begrüßt die automatische Belieferung per Abo, da es in der Vergangenheit schon mal vorkam, dass ein HPA bereits ausverkauft war, als er davon erfuhr. Allerdings wünscht sich Zwirner die Möglichkeit, "die Produkte schon vor der Einführung am Markt zu testen, was früher mit HPAs nicht besonders gut funktionierte, da diese teilweise erst Wochen später geliefert wurden".

Wer Software verkaufen will, muss sie vorher testen

Ein anderes Problem hat ein Stuttgarter Händler, der namentlich nicht genannt werden möchte. Er hat sich auf das Betriebssystem Mac OS spezialisiert und wartet seit Wochen darauf, eine HPA für das neue Office-Paket unter Mac OS von Microsoft bestellen zu können. "Die Software soll Ende November bereits im Handel sein. Man kann ein Produkt nur dann besonders gut verkaufen, wenn man es dem Kunden professionell präsentiert und vorher schon selbst damit gearbeitet hat", so der Mac-Spezialist.

Er weiß aus Erfahrung, dass die wenigsten Kunden bei der Microsoft-Hotline anrufen, wenn ein Problem auftaucht, sondern erst einmal beim zuständigen Fachhändler anfragen. Dort setzen Kunden aber ein bestimmtes Wissen voraus, und deshalb braucht der Vertriebspartner schon vorher die Software. Die hat er sich bisher über die HPA beschafft.

Für den Schwaben ist das Abonnement nur bedingt interessant, da er nur Mac-taugliche Produkte benötigt. Von denen ist jedoch - wenn es um die Software-Evaluierung geht - nirgendwo die Rede.

Manche wollen weder HPA noch Abo

Gar kein Problem mit dem Abonnement hat Christop Nelles von der Update Data GmbH aus München. Er hat zwar von dem Programm erfahren, hat aber früher auch nie HPAs bestellt: "Wir unterstützen es generell nicht, wenn Hersteller Marketing-Material verkaufen wollen. Dann sollen sie das lieber behalten", ist seine Meinung zu dem Thema. Ganz anderer Ansicht ist der Ronet-Geschäftsführer Zwirner. Er beabsichtigt das Abo zu bestellen: "Ich glaube die 320 Euro sind erst einmal gut investiert. Ich habe ja dann ein Jahr lang Gelegenheit, Erfahrungen mit dem Angebot zu sammeln".

www.microsoft.com/germany/partner

ComputerPartner-Meinung:

Für jeden Microsoft-Fachhandelspartner, der bisher mehr als eine Händler-Produkt-Ausstattung im Jahr gekauft hat, ist das Software-Evaluierungs-Abonnement sicher günstiger. Lästige Bestellvorgänge fallen weg, und zusätzlich erhält der Wiederverkäufer eine Ba-sisausstattung ins Büro geliefert. Partner, die nur an wenigen Produkten aus dem Hause Microsoft interessiert sind, bekommen jedoch eine Menge Programme, die sie gar nicht gebrauchen können. Das neue Angebot ist sicher für viele Händler eine gute Sache. Würde es allerdings weiterhin parallel dazu HPAs geben, wäre es noch besser.

Könnte sich Microsoft dazu entschließen, auch nur mit einem Satz zu erwähnen, dass es in Zukunft keine HPAs mehr geben wird, würde das Abo noch mehr Zuspruch in der Handelslandschaft finden. Da dies aber nirgends ausdrücklich erwähnt ist, werden beim Launch der nächsten Software bestimmt viele Partner wieder Produkt-Ausstattungen bestellen wollen. (ce)

Zur Startseite