Microsoft-Händler lassen kaum ein gutes Haar an ihrem Lieferanten

07.11.1997

MÜNCHEN Der EDV-Handel hat so seine Crux mit Microsoft-Software: Er mag nicht mit, kann aber nicht ohne sein. Der Kunde will die Produkte des Marktführers in den Regalen sehen, dafür muß der Handel sich mit unqualifizierten Ansprechpartnern und einer katastrophalen Hotline herumplagen.

Als ob sie sich abgesprochen hätten: Gleich eine ganze Reihe von EDV-Händlern machte ihrem Unmut mit dem Satz Luft: "Die Endkunden werden bei Microsoft-Produkten immer mehr zu Beta-Testern - und wir müssen deren Probleme mit den Bugs und der mangelnden Stabilität dann ausbaden".

Ebenfalls sehr häufig tauchte die Klage auf: "Microsoft ist Marktführer, hat so gut wie eine Monopolstellung inne. Das ist zuviel Macht für ein Unternehmen - und Microsoft nutzt sie auch nach Kräften aus." Ganz deutlich würde das im täglichen Geschäft, wenn sich wieder einmal ein Kunde über einen Bug in einer neuen MS-Software beklage: "Dann ist bei denen niemand an die Strippe zu bekommen - und wenn, dann kennt er sich mit Sicherheit nicht aus", faßt ein Microsoft-Partner zusammen. Das, so sein schon reichlich fatalistisches Resümee, sei schon fast Routine.

Die von uns befragten Händler gingen auch in anderen Bereichen mit ihrem Lieferanten hart ins Gericht. Das Ergebnis war so kritisch, daß das von uns beauftragte Marktforschungsunternehmen, die TechConsult in Kassel, den Auswertungen folgenden Satz vorausstellte: "Die Teilnehmer des IT-Handelspanels nutzten diesmal - beinahe erwartungsgemäß - die Gelegenheit, mit dem großen "Monopolisten" abzurechnen. Dieses in der Marktforschung bekannte Phänomen, die vermeintliche "Machtlosigkeit" durch oft überzeichnete Kritik zu kompensieren, sollte sicherlich bei der Bewertung der folgenden Ergebnisse vor Augen gehalten werden."

Wie auch immer: Die Händlerschaft ist zutiefst unzufrieden mit der Gates-Company. Besonders die eingangs erwähnten Bugs und die Unzuverlässigkeit der Software - allen voran Windows 95, das von "mysteriösen Systemabstürzen geplagt" sei, ständen im krassen Gegensatz zu den zu hohen Preisen, so das allgemeine Urteil der Panelteilnehmer.

Ein weiteres Defizit: die mäßige Geschwindigkeit der MS-Anwendungen, die, so einer der Befragten, "vor dem Hintergrund der wachsenden Konkurrenz durchaus ernst zu nehmen" sei. Nur das Lizenzierungsverfahren und der modulare Aufbau der Systeme stellen die Händler weitgehend zufrieden, allerdings räumen sie diesen Kriterien nicht viel Bedeutung bei der Produktbewertung ein.

In seiner Funktion als Lieferant steht der Hersteller zwar in vielen Bereichen ebenfalls unter Beschuß seiner Handelspartner - bei der Vermarktung der Produkte und in seiner Position als Technologieführer macht er aber einigen Partnerfrust wieder wett. Für die Kritik an den fehlenden Rabatten und die schlechte Lieferpolitik zeichnet Microsoft nicht verantwortlich - das, so sehen die meisten der Befragten ein, ist eher ein Problem der jeweiligen Distributoren.

Microsofts Ambitionen im Direktvertrieb sowie teure Updates honoriert der Handel mit saftiger Kritik. Noch viel deutlicher zeigt sich die Unzufriedenheit der Partner mit den persönlichen Kontakten: Ansprechpartner? Hotline? - Hier muß Microsoft seinen Händlern offenbar noch viel weiter entgegenkommen. (du)

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