Mit freundlichen Grüßen ...

09.08.2001

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Toshiba Europe GmbH

General Manager Computersysteme

Herrn Michael Fassbender

Hammfelddamm 8

41460 Neuss

München, 06.08.01

Toshiba gegen Gericom, das ist wie Mercedes gegen Hyundai

Sehr geehrter Herr Fassbender,

nach den Recherchen meiner Kollegin Cornelia Hefer wird der Media-markt in der 35. Kalenderwoche (27.8. bis 2.9.) ein Toshiba-Notebook zum Kampfpreis von 2.999 Mark anbieten. Dafür erhält der Kunde ein mobiles Kraftpaket unter anderem mit 1 Gigahertz Prozessorgeschwindigkeit, einem 14-Zoll-TFT, einem Hauptspeicher mit 256 MB, einer 20-GB-Festplatte und einem DVD-Laufwerk. Möglich wird dieses Durchbrechen der Preisschallmauer durch Toshiba dadurch, dass Sie erstmals eine Desktop-CPU in das Notebook einbauen.

Damit folgt Toshiba dem Beispiel von Gericom. Der österreichische Newcomer hatte im ersten Quartal die gesamte Konkurrenz geschockt, indem er mit 13,7 Prozent Marktanteil nur knapp hinter Toshiba (14,9 Prozent) auf den zweiten Platz der Rangliste sprang. Entsetzt soll auch das Top-Management in der japanischen Toshiba-Zentrale reagiert haben. In der Branche erzählt man sich, dass die Japaner Sie aufgefordert haben, etwas gegen den Emporkömmling Gericom zu unternehmen und dass sie Ihnen dafür auch den nötigen finanziellen Spielraum bewilligten. Dazu passen Meldungen, dass das kommende Media-Markt-Angebot von Ihnen kräftig "gesponsert" wird.

Leider konnte oder wollte sich bisher niemand in Ihrem Hause zu diesem Thema äußern. Dafür erfuhr Frau Hefer, dass Gericom in derselben 35. KW mit einem Gegenschlag bei Lidl kontern werde: Für 2.499 Mark soll dort ebenfalls ein 1-Gigahertz-Notebook angeboten werden, allerdings "nur" mit 128 MB-Hauptspeicher und einer billigeren Grafikkarte. Auch in diesem Gerät dürfte wieder eine Desktop-CPU zum Einsatz kommen. Für Gericom-Chef Oberlehner ist die Verwendung von Desktop-CPUs in Notebooks kein Problem (Interview auf Seite 16 dieser Ausgabe). Bei den Recherchen meines Kollegen Hans-Jürgen Humbert zu den Auswirkungen dieser eigentlich nur für den Einbau in Desktops und Towern vorgesehenen CPUs haben sich indes gravierende Nachteile für den Anwender herausgestellt (Artikel auf Seite 68).

Aus diesem Grunde halte ich den Plan von Toshiba, ein Notebook mit Desktop-CPU auf den Markt zu bringen, für äußerst riskant. Denn das gute Image als Premiummarke könnte ernsthaft Schaden nehmen, wenn die Notebooks nicht die hohen Qualitätsansprüche erfüllen, die man an ein Toshiba-Produkt hat.

Toshiba ist eine Premium-Marke genauso wie Mercedes. Wenn Sie einen Mercedes kaufen, dann erwarten Sie auch Premium-Qualität, unabhängig davon, ob es sich um ein Modell der S- oder der A-Klasse handelt. Es ist immer ein Mercedes. Und können Sie sich ernsthaft vorstellen, sehr geehrter Herr Fassbender, dass Daimler-Chrysler-Chef Schrempp dieses Image als Premium-Marke aufs Spiel setzen würde, indem er einen Hyundai mit Mercedesstern auf den Markt bringt, nur weil Hyundai im Billigsegment gerade viele Autos verkauft? Das wird Schrempp sicher nicht tun, weil die Besetzung des Billigsegmentes nicht der Mercedes-Strategie entspricht. Nicht nur aus Imagegründen nicht, sondern auch aus dem Grunde, dass Mercedes nur zu denselben Bedingungen ein Billigauto auf den Markt bringen könnte wie die Lowend-Hersteller: durch Preisgabe des hohen Qualitätsanspruchs. Zumindest wenn man nicht draufzahlen will.

Sicher stehen Sie unter Druck, nach vorläufigen IDC-Angaben lag der Notebook-Absatz von Toshiba im zweiten Quartal um 25 Prozent unter dem Vorjahresquartal. Mit dem Media-Markt-Angebot werden Sie ebenso sicher kurzfristig einen Erfolg bei den Marktanteilen erzielen. Ich halte die Entscheidung dennoch für falsch - wenn sie denn getroffen ist -, ein Modell direkt gegen die Gericoms dieser Welt zu stellen. Auch Mercedes verkauft nicht die meisten Autos.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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