Mit freundlichen Grüßen ...

15.08.2002

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Benq Deutschland GmbH

Geschäftsführung

Herrn Michael Grote

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München, 12.08.02

Warum es wichtig ist, den Sportteil zu lesen

Sehr geehrter Herr Grote,

am 30. 7. überraschte das "Handelsblatt" seine Leser mit einer guten Nachricht. "IT-Branche hat die Flaute überwunden", lautete die Schlagzeile über einem langen zweispaltigen Artikel. Wer Zeit hatte, den Beitrag zu lesen, erfuhr dort unter anderem, dass die ITK-Branche "offenbar das Schlimmste hinter sich hat" und die Aussichten "gut" seien.

Ich weiß ja nicht, in welcher Welt die geschätzten Kollegen vom Düsseldorfer "Handelsblatt" leben, aber es handelt sich definitiv nicht um die Welt, mit der ich es zu tun habe. Denn von einer Überwindung der Flaute kann überhaupt keine Rede sein. Ich würde den "Handelsblatt"-Artikel gar nicht erwähnen, wenn es sich bei dieser Zeitung nicht um das Amtsblatt für die deutsche Wirtschaft handelte, das auch im Ausland aufmerksam gelesen wird. So kann ich mir vorstellen, dass Ihr Boss, nachdem ihm jemand den besagten Artikel übersetzt hat, den Befehl an die Fabriken gibt: "Jungs, in Deutschland geht es wieder aufwärts, schmeißt mal das zweite Band an, wir verdoppeln die Produktion." Und am nächsten Tag erhalten Sie aus dem Headquarter eine E-Mail: "Michael, bitte überarbeiten Sie Ihr Budget, neues Umsatzziel: + 50 Prozent." Da kommt Freude auf, nicht wahr?

In einer solchen Situation ist es wichtig, ein paar Fakten bereitzuhaben, um die Dinge wieder zurechtzurücken. Diese Fakten liefert häufig nicht der Wirtschaftsteil der Zeitungen, sondern zum Beispiel der Sportteil meiner Frühstückszeitung, der "Münchner Merkur" vom 7.8. Der brachte nämlich eine Übersicht über das Budget der Fußballvereine der Zweiten Bundesliga in der Saison 2002/03. (Ich habe die Tabelle diesem Schreiben beigelegt.) 12 von 18 Vereinen - also exakt zwei Drittel - haben ihr Budget für die neue Saison heruntergefahren. Und zwar zum Teil drastisch. Der 1. FC Köln, Eintracht Frankfurt und der FC St. Pauli wollen sogar nur noch halb so viel ausgeben wie im Vorjahr. Lediglich vier Zweitligaklubs planen mit höheren Ausgaben als im Vorjahr.

Diese Tabelle spiegelt die konjunkturelle Situation Deutschlands und die Investitionsbereitschaft der Unternehmen zutreffender wider als 100 Artikel in den Wirtschaftsteilen der Zeitungen. Diese Fußballvereine sind Wirtschaftsunternehmen, und sie planen wie Wirtschaftsunternehmen. Deutschlands Firmenchefs stehen nach wie vor mindestens mit einem Fuß auf der Kostenbremse. Wer daher behauptet, die Flaute sei überwunden, der ist genauso ernst zu nehmen wie der, der vorhersagt, dass Wacker Burghausen im kommenden Jahr in die Erste Bundesliga aufsteigt.

Ich empfehle Ihnen, sehr geehrter Herr Grote, eine Kopie der beiliegenden Tabelle in die Benq-Kommandozentrale nach Taipeh zu senden, damit dort keine falschen Hoffnungen entstehen, unter denen Sie und Ihre Mitarbeiter anschließend zu leiden haben. Ich würde mich freuen, Ihnen geholfen zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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