Mit "Virtual IP" und Distributoren-Konzentration aus der Krise

03.07.1997
MÜNCHEN: Der in letzter Zeit ins Trudeln geratene Connectivity-Experte ftp Software konzentriert sich wieder auf seine Kernkompetenz Gateways für heterogene Netze und legt als Trumpfkarte für die Zukunft Virtual IP aus. IBM hat schon angebissen. Und im Zuge der Neuordnung wird auch das ausgedehnte Distributorennetz gestrafft.Seit wenigen Tagen ist es offiziell: IBMs Networking-Abteilung wird mit dem amerikanischen Softwarehersteller ftp bei Internet-Produkten zusammenarbeiten. Dabei geht es laut Vincent James, Marketingdirektor EMEA bei der ftp Software in München, trotz der Gefahr, von einem Bären umarmt zu werden, um eine "dauerhafte Allianz". Überzeugen konnte ftp den Softwareriesen durch "firmeneigenen Kundenbefragungen. "Sie haben ergeben, daß Kunden mit heterogenen Netzen unser VIP-Konzept für eine zentrale Software-Innovation halten", erklärt er.

MÜNCHEN: Der in letzter Zeit ins Trudeln geratene Connectivity-Experte ftp Software konzentriert sich wieder auf seine Kernkompetenz Gateways für heterogene Netze und legt als Trumpfkarte für die Zukunft Virtual IP aus. IBM hat schon angebissen. Und im Zuge der Neuordnung wird auch das ausgedehnte Distributorennetz gestrafft.Seit wenigen Tagen ist es offiziell: IBMs Networking-Abteilung wird mit dem amerikanischen Softwarehersteller ftp bei Internet-Produkten zusammenarbeiten. Dabei geht es laut Vincent James, Marketingdirektor EMEA bei der ftp Software in München, trotz der Gefahr, von einem Bären umarmt zu werden, um eine "dauerhafte Allianz". Überzeugen konnte ftp den Softwareriesen durch "firmeneigenen Kundenbefragungen. "Sie haben ergeben, daß Kunden mit heterogenen Netzen unser VIP-Konzept für eine zentrale Software-Innovation halten", erklärt er.

Konsolidierung statt wucherndes Wachstum

Kurzfristig hingegen geht es für beide Seiten vor allem um die Zusammenarbeit mit der SNA-Abteilung (siehe Kasten). Hier rechnet sich ftp gute Chancen aus: "Wir haben die Technologie, aber nicht die Marketingmöglichkeiten", begründet James die Zusammenarbeit. Sie wurde bereits im vorigen Jahr in die Wege geleitet. Damals brachte ftp seine javabasierenden "Intelligent Agents", also Software, die in LANs Aufgaben wie Softwareverteilung erledigen sollen und zwischen heterogenen Netzen etwa für E-Mail-Kommunikation sorgen, auf den IBM AIX- und OS/2-Plattformen unter. Doch für James steht die neue Allianz auch im Zeichen der Konsolidierung seines Unternehmens. "Unsere Strategie ist jetzt wieder klar", zeigt er sich überzeugt. Dazu zählt er die "Rückkehr zur IP-Kernkompetenz", womit

"VIP" mitsamt den Agenten gemeint ist, und Gateway-Technologien für heterogene Netze.

Die bis Mitte 1996 zugekauften und wenig erfolgreichen Groupware-, Browser- und Dokumentenmanagement-Produkte dagegen werden aus dem Portfolio gestrichen beziehungsweise laufen aus. Entsprechend dünner ist die Preisliste der Münchener geworden: Statt sieben Seiten nurmehr vier Seiten.

Konsequenterweise schneidet sich ftp auch sein auf zehn ausgeweitetes Distributorennetz wieder auf sechs Distributoren zurecht. "Wir haben zu viele Distributoren gehabt. Bei erklärungsbedürftigen Produkten führt das dazu, daß leichter zu erklärende Produkte verkauft werden", will der Manager festgestellt haben. Auf der Distributorenseite will man allerdings eine andere Beobachtung gemacht haben: "Wenn man Boxmoving betreiben will, braucht man viele Verteiler. Allerdings muß man auch Support und Service anbieten", war von einem Distributor zu hören. Und an diesem mangelte es ftp zumindest im letzten Jahr.

Daß die umstrittene Distributionsstrategie und Supportprobleme mit den Akquisitionen von ftp in den letzten zwei Jahren zu tun hat, ist für einen ungenannt bleiben wollenden Branchenkenner offensichtlich. "Die Kapitaldecke wurde bei der Kaufstrategie arg strapaziert. Als Kompensationsstrategie versucht man dann über Volumen und niedrigere Preise Umsätze zu machen. Support und Service blieben dabei auf der Strecke", zeigt er auf.

Hier sollte eine Zwischenüberschrift stehen

Diese konnte die - mittlerweile ausgetauschte - vertriebslastige ftp-Mannschaft nicht leisten. "Bei Problemen mußten wir in den USA anrufen", erinnert sich ein Münchener Händler. Allerdings orderte er ftp-Software ohne den kostenpflichtigen Servicevertrag. "Ohne den sind Händler auf eigenes Verständnis angewiesen. Und das ist oft weniger umfassend, als der Händler glaubt", kommentiert ein Distributor diesen seiner Meinung nach "recht häufigen Fall".

Hinzu kam, daß TCP/IP-Software zunehmend zum normalen Funktionsumfang von Betriebssystemen gehörte. So wurde aus dem einstigen Highflyer der Softwarebranche ein Verlustbringer. An der Börse quittierte man diese Entwicklung mit einem 73prozentigen Kursverlust im letzten Jahr.

Kernkompetenz: VIP-Strategie

Doch laut Marketier James sollen diese Probleme der Vergangenheit angehören. So will das Unternehmen auf der CeBIT erste Module ihrer "Virtual IP"-Strategie (VIP) präsentieren. Diese "pur softwarebasierende Netzwerktechnologie für virtuelle Netzwerke", (James) soll Unternehmen ermöglichen, über IP-Gateways beliebige, kundennahe Netzwerke einzurichten. Hardwarerestriktionen, wie sie für die tatsächliche Topologie der hochgehandelten IP-Netze an der Tagesordnung sind, und Unternehmen dazu zwingen, die einmal getroffenen Wahl des Hardware-Herstellers fortzusetzen, gelten laut dem Hersteller für die hauseigene, alle Protokolle simultan ansprechende Software nicht.

Einen Vorgeschmack auf die VIP-Produktstrategie, die "innerhalb der nächsten drei Monate vorgestellt werden soll", so James, sollen "Secure Client" und "Network Application Suite" liefern. Erstere Software ermöglicht die Anbindung von Windows 95-Clients an IP-Netze.

Access- und Software-Management leicht gemacht

Mit der Suite können Desktops, gleich ob PCs oder etwa Terminals, verwaltet und virtuelle Netzwerke eingerichtet werden.

Doch ohne interagierende Managementsoftware auf dem Server bleibt der Client stumm. Folglich ist für ftp dringend notwendig, VIP-Serverprodukte und die Agenten möglichst schnell auf den Markt zu bringen. Dabei sollen die Agenten anders als normale Java-Applets dafür sorgen, daß Clients etwa mit Zugriffsrechten, Software-Updates oder Mailings unabhängig von der individuellen Anforderung oder Einlogrechten versorgt werden. Das erledigen die Agenten zusammen mit der Serversoftware, die das Management in heterogenen Netzen protokollunabhängig besorgt. "Wenn wir den Zeitplan einhalten, haben wir eine Lösung, auf die Kunden seit langem warten", wirbt James. (wl)

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