Nach vier Jahren 1,4 Millionen Kunden

19.06.2003
Dass die Wahl des Internet-Service-Providers geschäftskritisch ist, beweist die Online-Plattform Beepworld.de. Deren Betreiber entschieden sich nach halbjährigem Intermezzo bei Uunet für den Newcomer auf dem deutschen Markt Verio.

Vor vier Jahren hatte der damals erst 16-jährige David Finkenstädt eine geniale, wenn auch verblüffend einfache Geschäftsidee: "Wie wäre es, wenn man Privatpersonen eine Plattform zum Erstellen und Hosten von eigenen Websites zur Verfügung stellen würde, und das auch noch kostenlos?" Finanzierbar sollte das Ganze über Werbebanner auf diesen Sites sein. Gedacht, getan: Im August 1999 rief Finkenstädt die Domain Beepworld.de ins Leben.

Damals war er noch Schüler und in geschäftlichen Angelegenheiten unerfahren, doch sein Vater Thomas half ihm tatkräftig bei seinen ersten Schritten. Finkenstädt senior war für diese Aufgabe prädestiniert - als langjähriger leitender Angestellter bei der Schering AG. Gleichzeitig ist er Mitbegründer des Deutschen Innovationsforums und dort derzeit als Finanzvorstand tätig. Der Verein hilf dabei, Forschungsergebnisse möglichst rasch in marktfähige Technologien umzusetzen.

Ausgehend vom Wohnort der Finkenstädts, Herdecke im Ruhrgebiet, wandten sie sich zuallererst an den damals größten Internet-Service-Provider der Region Uunet. "Doch diese waren auf Kunden wie uns gar nicht vorbereitet", erinnert sich Thomas Finkenstädt. "Wir mussten horrende Mietzahlungen an die Dortmunder leisten", so der Familienvater, der damals seinen Sohn finanziell massiv unterstützen musste.

Nach einem halben Jahr fanden die beiden aber mit Verio einen Internet-Service-Provider, der ihnen weitaus bessere Konditionen liefern konnte. Seit Anfang 2000 wird also die Website beepworld.de im Frankfurter Rechenzentrum des ISPs gehostet. Dieser Internet-Service-Provider entstand nach der Übernahme der WWW Service AG durch die kalifornische Verio Inc. im Oktober 1998. Die Anfänge der WWW Service AG reichen noch weiter zurück - bis ins Jahr 1995. Damals ging sie als GmbH aus einer Abteilung des heutigen Online-Buchhändlers Amazon.de hervor.

Mittlerweile ist Verio Teil des NTT-Konzerns. Die weltweit größte Telefon-Company aus Japan übernahm den Hosting-Spezialisten vor knapp drei Jahren. Insoweit hat Beepworld mit seiner Wahl des ISPs auf die richtige Karte gesetzt. Denkt man an das unrühmliche Ende der Uunet-Mutter MCI Worldcom, kann man die Finkentstädts zu ihrer damaligen Entscheidung nur beglückwünschen.

Zu Beginn der Zusammenarbeit mit Verio genügte Beepworld noch ein einziger dezidierter Intel-basierender Server. Auf diesem liefen sowohl der Apache-Webserver als auch die Open-Source-Datenbank My SQL. Als Betriebssystem kam für den Schüler von Anfang an nur Linux in Frage. Da Verio ihren Ursprung in den USA hat, entschieden sich die dortigen Verantwortlichen für die Red-Hat-Variante 7.2 des Open-Source-Betriebssystems. Im Laufe der Zeit konnte aber dieser einzelne Server mit der steigenden Anzahl an Privatkunden, die dort ihre Websites unterbringen wollten, nicht mehr mithalten. So einigte sich Finkenstädt mit Verio darauf, Anfang 2002 einen Load Balancer in Betrieb zu nehmen. Dieser sollte die Last der HTTP-Anfragen zwischen drei Maschinen verteilen.

Bei diesen handelte es sich um IBMs x330er-Modelle mit Dual-Pentium-III-Prozessoren, die mit 1,13 GHz getaktet waren und jeweils auf einen Arbeitsspeicher von 2 GB zurückgreifen konnten. Zusätzlich waren diese Intel-Server mit je zwei 18-GB-Raid-1-Platten ausgestattet.

Ein vierter, baugleicher Rechner dient nun als Arbeitstier für die My-SQL-Datenbank. Hinzu kommt noch ein Chat-Server, der als Einziger nicht unter Linux, sondern unter Windows 2000 arbeitet. Da-rauf läuft die Java-basierende Chat-Software von Digi Chat.

"Auf diesen Servern waren aber nie die Daten der einzelnen Betreiber der privaten Websites gespeichert", erinnert sich der für das Projekt bei Verio verantwortliche Manager Marco Mehl. Jegliche HTML- und Flash-Inhalte sowie das gesamte Bildmaterial wanderten auf ein dezidiertes Storage-Device - im vorliegenden Fall war dies der "Netapp F87 Filer" von Network Appliances. Obwohl er auf seinen Platten Platz für 432 GB Daten bot, war dieses Reservoir ein Jahr später fast ausgeschöpft.

Dies ist nicht verwunderlich, da Beepworld bereits mehr als 1,4 Millionen User zu seinen Mitgliedern zählt. Anfang dieses Jahres war es dann schließlich so weit; der ausgelastete F87 Filer wurde durch das nächsthöhere Modell ersetzt - den NAS Filer (Network Attached Storage) F810. Dieses Gerät bietet immerhin fast ein Terabyte an Speicherplatz. Die Migration der Daten auf dieses Speichergerät nahm insgesamt etwa zwei Wochen in Anspruch.

Zum jetzigen Zeitpunkt plant Finkenstädt junior noch zwei weitere Intel-Maschinen in Betrieb zu nehmen. Auf diesen soll je ein weiterer Webserver installiert werden, um die drei bestehenden Maschinen zu entlasten. All diese Hardware verbleibt im Besitz der Verio GmbH, die Betreiber von Beepworld.de mieten sich jeweils die benötigten Kapazitäten. Dementsprechend steigen natürlich die monatlichen Zahlungen an den ISP, aber laut Verio-Manager Mehl können diese auch heruntergefahren werden, sollte sich mal das Interesse der Endkunden an Beepworld verringern.

Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt sieht es nicht danach aus. Über 1,4 Millionen Mitglieder, davon 60 Prozent unter 20 Jahre alt, sind derzeit registriert. "Jeden Abend tummeln sich mehrere Hundert von ihnen in diversen Foren und Chat-Räumem", so Thomas Finkenstädt. Dennoch benötigt der Dienstleister nicht allzu viel Personal, um all dies zu steuern. Vier angestellte und weitere freiberufliche Mitarbeiter genügen hierfür. Da auch Finkenstädts zweiter Sohn Tim in der Firma tätig ist, kann man hier von einem Familienbetrieb sprechen.

Außerdem gibt es schon konkrete Absichten, mit Beepworld in die USA zu expandieren. "In Deutschland sind wir mit der Mitgliederanzahl an unsere Grenzen gestoßen, deshalb wollen wir auch im Ausland unsere Plattform anbieten", gibt sich Thomas Finkenstädt optimistisch. Alle Inhalte stünden bereits in Englisch bereit, schon nächsten Monat könnte man online gehen. Zu diesem Zweck habe sich der Beepworld.de-Betreiber die Domain beep.com in den USA gesichert: "Dafür mussten wir einiges auf den Tisch legen."

Während der bisher vierjährigen Geschäftstätigkeit hat der Firmengründer David Finkenstädt seine Ausbildung keinesfalls vernachlässigt. Vergangenes Jahr legte er sein Abitur mit einem Notendurchschnitt von 1,8 ab und leistet derzeit seinen Zivildienst im Krankentransport des Rettungsdienstes in Hagen. Da "vertritt" ihn sein Vater als Geschäftsführer natürlich gern.

www-de.netapp.com, www.mysql.de

www.redhat.de; www.digichat.com

ComputerPartner-Meinung

Kommt man als ISP dem Kunden entgegen und erfüllt seine Wünsche, sofern diese realisierbar sind, kann man auch mit ihm gemeinsam wachsen. Setzt man auch noch auf quelloffene Software, wie bei Beepworld geschehen, verringern sich die Lizenzkosten, und man kann das eingesparte Geld in neue Hardware investieren. Dies funktioniert aber nur, wenn wirkliche Fachleute am Werk sind. (rw)

Solution Snapshot

Kunde: Beepworld GmbH, Am Hegede 6a, 58313 Herdecke, www.beepworld.de; Ansprechpartner: Thomas Finkenstädt, Geschäftsführer; Tel. 172 9106045, Fax: 02330 973655, E-Mail: marketing@beepworld.de

Problemstellung: Beepworld hostet rund 1,4 Millionen Privatkunden über so genanntes Freehosting. Um einen reibungslosen Betrieb der Umgebung zu gewährleisten und dem enormen Wachstum gerecht zu werden, war eine stabile und hochskalierbare Lösung notwendig. Diese musste in der Lage sein, die hohe Anzahl der Zugriffe zu verarbeiten, die entsprechenden Kunden-Homepages zu speichern und diese auf Abruf schnellstmöglich bereitzustellen.

Lösung: Die von Beepworld verwendete Linux-Plattform nutzt für die Speicherung der Kunden-Homepages eine My-SQL-Datenbank, die anfangs die Daten auf einem dezidierten Datenbanksystem vorhielt. Im Laufe der Zeit waren sowohl der Web- als auch der Datenbankserver nicht mehr in der Lage, die ständig steigenden Datenmengen zu verarbeiten. Zu Beginn der Zusammenarbeit mit Verio wurde die Lösung mit einem Load Balancer und mehreren Webservern skaliert. Darauf folgte ein Storage-System, Netapp F87. Zum jetzigen Zeitpunkt besteht die Lösung aus einem Load Balancer, fünf Webservern, einer Datenbank und einem Chat-Server sowie einem NAS Filer Netapp F810.

Dienstleister: Verio Deutschland GmbH, Neugablonzer Straße 1, 93073 Neutraubling; www.verio.de; Technischer Ansprechpartner: Marco Mehl, Product-Support-Manager; Tel. 09401 784-121, Fax: 09401 784-201; E-Mail: mmehl@verio.de

Kontaktaufnahme: ging vom Kunden aus, nach schlechten Erfahrungen mit Uunet

größte Herausforderung: Speicherung und Zugriff auf rund 50 Millionen Dateien

unerwartete Schwierigkeiten: Die erste Lösung war mit dem NAS F87 schnell an den Kapazitätsgrenzen angelangt, insbesondere was die Zugriffszeiten auf die einzelnen Files angeht.

Länger in Anspruch genommen als vorgesehen hat: Finden einer adäquaten und kosteneffizienten Lösung für das enorme Wachstum der User-Dateien

Implementierungsdauer: zwei Wochen (für den Netapp F810)

Verhältnis Hardware/Software/Dienstleistung: 30:10:60

Service- und Wartungsverträge: Vertragslaufzeit 36 Monate; Vertragsbestandteil sind Verios Solution SLAs (Service Level Agreements) für die komplette Lösung unter Definition von Eskalation, Wartung und Verfügbarkeit.

Benefit für Kunden: Optimale Kostensituation mit leistungsstarker und flexibler, auch nach unten offener Skalierungsoption

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