Notebook-Riesen kaufen in Taiwan LCD-Produktion leer

02.10.2003
15-Zoll-TFT-Panels werden zunehmend Mangelware, entsprechend stark ist der Preisauftrieb. Wenn eine ganze Produktion aufgekauft wird, wie unlängst in Taiwan passiert, dürfte sich die Situation noch verschlimmern. Sicherungskäufe kommen beide Seiten teuer. Was läge also näher, als ein Joint Venture einzugehen? So die neuesten Pläne von Samsung und Sony.

Zwei große, international agierende Notebook-Hersteller sollen in Taiwan die komplette Produktion einer bestimmten TFT-Panel-Linie für sich reserviert haben, berichtete Mitte vergangener Woche ein asiatischer Online-News-Service. Oliver Ahrens zufolge, Geschäftsführer von Acer Deutschland und Europa-Verantwortlicher für Displays und Peripherie, kann es sich dabei nur um 15-Zöller handeln. Ob einer der beiden nicht genannten Notebook-Hersteller Acer ist, will und kann Ahrens weder "bestätigen noch dementieren". Seinen Informationen nach habe man sich im Notebook-Bereich aber seine "Charge gesichert". Auch Gericom hat die Panel-Lieferung für das vierte Quartal "in trockenen Tüchern", wie Unternehmenssprecher Ingo Middelmenne erklärt.

Als mögliche Kandidaten für die Sicherungskäufe kommen praktisch auch die Top Five in Frage. Denn so ziemlich alle lassen in Taiwan oder über OEM-Partner auf der Insel in Festland-China produzieren. Taiwans Panel-Industrie ist zwar noch jung, mit Acer-Sprössling AU Optronics und Chi Mei Optoelectronics (CMO) an der Spitze aber auch nicht unbedeutend (siehe Tabelle).

Wie sich die Sicherungskäufe auf die LCD-Preise mittelfristig auswirken werden, ist noch ungewiss. Christoph Dassau zufolge, Senior Manager Display bei Ingram Micro, sind 15-Zoll-Monitore schon heute kaum mehr in größeren Stückzahlen verfügbar. Bereits im Einstiegssegment fangen die HEKs bei etwa 230 Euro an, Tendenz steigend. Einen enormen Preisanstieg bei 15- und 17-Zoll-Panels beklagt auch sein Kollege Nils Bischoff von Videoseven (siehe ComputerPartner 36/03, Seite 40). Ein Grund dafür sei die über Erwarten hohe Nachfrage nach Notebooks, deren Hersteller bereit sind, in der Regel 10 bis 20 Dollar mehr zu bezahlen als für Monitor-Panels, wo die Margen eh schon äußerst dünn sind. In diesem Szenario hätten daher nur Monitor-Hersteller eine Chance, die genügend hohe Chargen abnehmen oder über sehr gute, historisch gewachsene Beziehungen verfügen, die Bischoff glaubt, mit CMO zu haben.

Bei sinkenden Margen setzt sich die Konsolidierung fort

Eben aufgrund der dünnen Margen bei Monitor-Panels rechnen Marktbeobachter wie Bischoff in Zukunft mit verschärfter Konsolidierung, der vor allem einige kleinere Hersteller in Taiwan zum Opfer fallen dürften. Konsolidierung findet aber auch im Großen statt. Denn nach dem Beispiel von LG Philips gibt es nun auch bei Samsung und Sony Pläne für ein Display-Joint-Venture. "Ausgerechnet zwischen einem japanischen und einem koreanischen Unternehmen!", fasst sich Dassau an den Kopf, hat aber aus Sony-Sicht auch Verständnis für den geplanten Deal. Denn im LCD-Segment hat der einstige Marktführer bei Unterhaltungselektronik vor allem im Fernsehbereich den Anschluss an den Zug verpasst, wie manche Marktbeobachter feststellen. Ein Zusammengehen mit Samsung bei TFTs und insbesondere LCD-TV-Geräten als Hoffnungsträger der gesamten Branche wäre für Sony also die Chance, Versäumtes wieder wettzumachen, zumal das japanische Unternehmen ohnehin schon darauf angewiesen ist, einen Großteil der Panels bei dem koreanischen Kontrahenten einzukaufen.

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ComputerPartner-Meinung

Ob künstlich oder nicht, mutet die Verknappung bei 15- und 17-Zoll-Panels schon etwas seltsam an. Denn gleichzeitig pumpen die Hersteller wie Samsung und Co. enorme Geldmittel in neue Produktionsanlagen, die den Ausstoß beträchtlich verbessern könnten, in Wirklichkeit aber auf den wesentlich lukrativeren Zukunftsmarkt LCD-TV zielen. Die Erfahrungen in den anderen Segmenten zeigen aber, dass im Display-Business keine noch so schönen Margen langfristig gesichert sind. (kh)

Glänzende Aussichten für LCD-Panels

Panel-Analyst Displaysearch zufolge wurden im zweiten Quartal mit 23,1 Millionen Stück 15 Prozent mehr große TFT-LCDs (ab zehn Zoll) verkauft als in den ersten drei Monaten und 31 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Industrie war auf Quartalsbasis lediglich von 13 Prozent Wachstum ausgegangen. Die Panel-Verkäufe für LCD-TVs lagen um vier Prozent über Plansoll, die für Notebooks um drei Prozent und die für Monitore um ein Prozent. Trotz oder gerade wegen der Panel-Verknappung sind die Umsätze der Hersteller um 23 Prozent auf ein Rekordniveau von 5,2 Milliarden Dollar angestiegen, wobei sie nach 99 Millionen Dollar minus im ersten Quartal drei Monate später zusammen auf ein Plus von 243 Millionen Dollar kamen.

Für das dritte Quartal rechnet Displaysearch bei Notebook-Panels mit einem Quartalszuwachs von 20 Prozent, bei LCD-TVs sogar von 61 Prozent. Nach Stückzahlen soll der Markt im dritten Quartal um 13 Prozent wachsen, nach Umsätzen um 22 Prozent auf 6,35 Milliarden Dollar. Im vierten Quartal soll sich das Wachstum wegen der Verknappung bei 15- und 17-Zöllern auf sechs Prozent verlangsamen. Gleichzeitig sagen die Marktforscher einen Preisanstieg von sieben Prozent voraus. Für das Gesamtjahr rechnet Displaysearch mit einem Absatzplus von 42 Prozent auf 97,2 Millionen Stück und ein Umsatzplus von 32 Prozent auf 23 Milliarden Dollar. LCD-TV-Panels sollen um 216 Prozent auf 4,9 Millionen Stück wachsen, Monitor-Panels um 48 Prozent auf 52,5 Milliarden Stück und Notebook-Panels um 26 Prozent auf 37,5 Millionen Stück. Der durchschnittliche Preisanstieg zwischen Q1 und Q4 soll bei drei Prozent liegen. (kh)

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