Psion: Rückzug auf Raten?

20.09.2001

Mit Handhelds für den Industriebedarf ist Psion groß geworden. Dann wagte Psion den Sprung in den Consumer-Markt. Und auch hier war das Unternehmen erfolgreich.

Doch seit Ende vergangenen Jahres sind die Umsatzzahlen nicht nur im PC-Markt rückläufig. Auch das Handheldsegment musste deutliche Umsatzeinbußen hinnehmen. Handheldhersteller versuchen nun, mit immer neuen Features den Markt wieder anzukurbeln. Selbst Palm, ein Unternehmen, das immer auf ein rein funktionelles Design seiner Geräte achtete, will nun auch die ersten Organizer mit Multimediafähigkeiten auf den Markt bringen. Das sind alles Fremdwörter für den englischen Hersteller Psion. Seine Geräte leiden zudem noch unter dem "Alt-Herren-Image", wie mir ein Distributor zuflüsterte. Der Trend heute geht eindeutig hin zu den kleinen, superflachen Organizern mit Farbdisplay. Die bisherigen Markenzeichen der Psion-Handhelds - eigenes Betriebssystem und Minitastatur - sind out.

Die fallenden Umsätze zwangen Psion zu Reaktionen. Besser spät als zu spät, dachten sich die Verantwortlichen und besannen sich auf ihre Wurzeln. Die Consumer-Schiene wird geschlossen und fortan nur noch für den Industriemarkt gefertigt.

Hat Psion denn eine Zukunft? Oder läutet der Rückzug aus dem Consumer-Markt nur den Anfang vom Ende ein? Ist das ein Abschied auf Raten? Fest steht jedenfalls: Die Geschäftspartner für Endkonsumenten hat Psion ordentlich verprellt. (Lesen Sie dazu auch den Artikel "Neuer Fokus bei Psion - Partner fühlen sich im Stich gelassen" auf Seite 12.)

Ob sich Psion mit der Strategie, erst alle Geräte - natürlich zum Listenpreis - auszuliefern und dann den Rückzug aus dem Consumer-Markt anzukündigen, einen Gefallen getan hat, darf bezweifelt werden. Dieses Verhalten fördert die Zusammenarbeit in keiner Weise. Denn auch die Partner, die jetzt Industrie-Handhelds verkaufen müssen, werden der Kooperation mit Psion äußerst misstrauisch gegenüberstehen.

Die Entscheidung, den Consumer-Markt komplett zu verlasssen, mag für das Unternehmen richtig gewesen sein. Denn auch Psion muss Geld verdienen. Und wenn es auf der ConsumerSchiene nicht mehr klappt, dann verkauft man eben wieder nur Industrie-Handhelds. Psion hat in dieser Situation noch Glück gegenüber anderen Organizer-Produzenten, die nicht auf eine etablierte Firma wie Teklogix zurückgreifen können.

Aber die Verunsicherung draußen im Markt ist jetzt sehr groß. Der Einzige, der hier Klarheit schaffen kann, ist Psion. Nur das Unternehmen selbst kennt die Richtung, in die es steuern will. Psion muss jetzt die Karten auf den Tisch legen und konkret sagen, wie es in Zukunft weitergehen soll. Die Partner haben ein Recht darauf zu erfahren, wie Psion seine Zukunft sieht. Denn sonst entscheiden sie für sich selbst, und in diese Entscheidung muss Psion nicht unbedingt mit einbezogen werden. Auch ein Absturz auf Raten geht manchmal schneller, als man denkt.

Hans-Jürgen Humbert

jhumbert@computerpartner.de

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