Radikal: Comteam will sich selbst verkaufen

11.09.2000

Die Hauptversammlung der Comteam AG am 28. November in Bremen wird von einem Thema beherrscht werden: Soll der Geschäftsbereich Kooperation verkauft werden oder nicht? Keine leichte Entscheidung für die 80 Comteam-Aktionäre. Denn ein Verkauf der Kooperationsabteilung mit ihren über 500 Mitgliedsfirmen ist nichts anderes als der Verkauf der Wurzel und des Kerns von Comteam. Es ist die wichtigste Entscheidung seit Gründung des Unternehmens. Die Stimmung unter den Aktionären ist tendenziell für einen Verkauf.

Nach Angaben von Comteam-Aufsichtratschef Jürgen Rakow, im Hauptberuf Vorstandsvorsitzender der Vobis AG, kam der Anstoß von außen. Als heißester Anwärter gilt die UE-Kooperation Electronic Partner (EP) in Düsseldorf. Rakow legt allerdings Wert auf die Feststellung, dass auch andere Unternehmen Interesse signalisiert hätten. Namen will er aber nicht nennen. Es sei jedenfalls noch nichts entschieden.

Das Comteam-Management hatte auf diese Anfragen von außen zunächst schockiert reagiert. Doch dann, als langsam die Gehirntätigkeit wieder einsetzte, begannen die ersten, das Unmögliche zu denken. Man stellte die "Pros" und die "Cons" gegenüber, zog einen Strich darunter, und das Resultat sprach für Verkauf.

Es geht, natürlich, ums Geld. Um das Geld der Kommanditisten beziehungsweise Aktionäre, das vielleicht mehr Ertrag abwirft, wenn es nicht dazu dient, eine Kooperation zu finanzieren, sondern, zum Beispiel, eine Beteiligungsgesellschaft. Denn diese Rolle will die Comteam Holding AG in Zukunft verstärkt spielen. Es geht aber auch um das Geld der Kooperationsmitglieder. Denn die Düsseldorfer EP-Gruppe verfügt über andere finanzielle Möglichkeiten als die vergleichsweise kleine Kooperation aus der IT-Branche. So arbeitet EP mit einer eigenen Zentralregulierung und benötigt hierfür nicht die Hilfe eines externen Finanzdienstleisters. Für Aufsichtsratschef Rakow eine gute Voraussetzung zum Beispiel bei Projektfinanzierungen, wo sich die Banken immer sehr schwer tun. Nicht zu vergessen die Einkaufsmacht der Düsseldorfer mit ihren über 3.000 Mitgliedsbetrieben in Deutschland und einem Außenumsatz von mehr als drei Milliarden Mark. Überdies verfügen die Düsseldorfer über drei Zentralläger mit den entsprechenden Vorteilen bei Verfügbarkeit und Lieferfähigkeit.

Es geht aber auch um die Zukunft von Kooperationen. Vor allem in einem Europa mit einheitlicher Währung. Es geht um Internationalisierung und um Größe. In dieser Hinsicht ist Electronic Partner schon sehr weit. In 13 Ländern sind die Düsseldorfer vertreten, rund 2.500 Mitglieder sind außerhalb der deutschen Landesgrenzen angesiedelt. Dass EP über keine nennenswerte Erfahrungen im IT-Systemhausgeschäft verfügt, stellt für Comteam-Chefaufseher Rakow dagegen kein Problem dar. Denn Comteam bleibe als Kooperation erhalten, nur der Eigentümer heißt anders.

Karl-Heinz Hütten, Comteam-Aktionär und ebenfalls Aufsichtsratsmitglied sowie Geschäftsführer des Systemhauses COP GmbH in Krefeld, betont, dass sich kein Comteam-Mitglied bei einem Verkauf verschlechtern würde, darauf habe man Wert gelegt. Das mag so sein. Andererseits hatte Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl auch blühende Landschaften im Osten Deutschlands versprochen.

Damian Sicking

dsicking@computerpartner.de

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