Definition, Unterschiede, Beispiele

Rechtliche Grundlagen der Videoüberwachung

Dr. Eugen Ehmann ist Regierungsvizepräsident von Mittelfranken und Lehrbeauftragter für Recht und Internet. www.regierung.mittelfranken.bayern.de

Beobachtung nicht-öffentlich zugänglicher Räume

Gerade in Unternehmen gibt es zahlreiche nicht-öffentliche Bereiche, bei denen der Zutritt den "eigenen Leuten" vorbehalten ist: Büros, Werkstätten, Lagerräume. Es ist stark umstritten, welche Rechtsvorschriften bei einer Videoüberwachung solcher Bereiche anwendbar sind. Folgende Positionen bestehen:

Position 1: Keine Anwendbarkeit von § 6b BDSG, dafür Rückgriff auf § 28 BDSG (Datenerhebung, -verarbeitung oder Nutzung für eigene Zwecke).
Diese Position hat den Vorteil, dass der Wortlaut des § 6b BDSG ("öffentlich zugängliche Räume) respektiert wird und in Gestalt von § 28 BDSG ein gesetzlicher Maßstab vorhanden ist.

Position 2: Anwendung weder von § 6b BDSG noch von § 28 BDSG
Dies ist die Auffassung des Innenministeriums Baden-Württemberg als Datenschutzaufsichtsbehörde. Die Begründung dieser auf den ersten Blick nicht leicht zu verstehenden Position lautet wie folgt:

§ 6b BDSG gilt für die Überwachung von Arbeitnehmern nur, wenn diese in "öffentlich zugänglichen Räumen" stattfindet. Öffentlich zugänglich sind nur solche Räume, die ihrem Zweck nach dazu bestimmt sind, von einer unbestimmten Zahl oder nach nur allgemeinen Merkmalen bestimmten Personen betreten und genutzt zu werden. Dazu zählen beispielsweise Ausstellungsräume eines Museums, Verkaufsräume oder Schalter hallen. Nicht öffentlich zugänglich sind hingegen Räume, die nur von einem bestimmten Personenkreis betreten werden dürfen.

Werkstätten, Lagerräume etc. Es ist umstritten, welche Rechtsvorschriften bei einer Videoüberwachung solcher Bereiche in Unternehmen anwendbar sind.
Werkstätten, Lagerräume etc. Es ist umstritten, welche Rechtsvorschriften bei einer Videoüberwachung solcher Bereiche in Unternehmen anwendbar sind.
Foto: Sergey Nivens - shutterstock.com

Eine analoge Anwendung des § 6b BDSG auf nicht öffentlich zugängliche Räume scheidet nach dem Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens aus. § 28 BDSG ist auf solche Fälle ebenfalls nicht anwendbar, weil der Gesetzgeber mit § 6b BDSG erkennbar eine eigenständige, anderen Vorschriften des BDSG vorgehende Regelung für die Videoüberwachung schaffen wollte und zwar unabhängig davon, ob es sich um öffentlich zugängliche Räume handelt oder nicht.

Das Ergebnis beider Positionen liegt allerdings nicht so weit auseinander, wie man zunächst vermuten könnte:

Wendet man § 28 BDSG an (so Position 1), dann stellt sich die Frage, mit welchen Kriterien man bei der Interessenabwägung arbeitet, die diese Vorschrift vorsieht.

Wendet man dagegen weder § 6 BDSG noch § 28 BDSG an, muss eine Streitigkeit nach irgendwelchen anderen Maßstäben entschieden werden.

Im Ergebnis greifen beide Meinungen auf Grundsätze zurück, die das Bundesarbeitsgericht aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern entwickelt hat. Sie unterscheiden danach, ob die Videoüberwachung offen oder verdeckt erfolgt.

Dieser Artikel entstammt dem "Lexikon für das IT-Recht 2014/2015". Die fünfte Auflage dieses Buchs richtet sich mit 150 Praxisthemen an Geschäftsführer, Manager und IT-Verantwortliche in Handelsunternehmen ohne eigene Rechtsabteilung.

Rolle von Paragraph 32 BDSG

Angesichts der im Jahr 2009 neu eingeführten Vorschrift des § 32 BDSG (Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses) ist ergänzend für diese Diskussion noch Folgendes zu beachten:

§ 28 BDSG ist seit Einführung des § 32 BDSG auf Beschäftigungsverhältnisse nicht mehr anwendbar; stattdessen ist auf § 32 BDSG zurückzugreifen. Inhaltlich andere Ergebnisse wollte der Gesetzgeber dadurch ausdrücklich nicht herbeiführen. Dennoch muss stets überprüft werden, ob es im konkreten Fall nicht doch zu Abweichungen kommt. Auch bleibt abzuwarten, ob sich wegen der leicht abweichenden Formulierung nicht doch im Einzelfall die Ergebnisse der Rechtsprechung ändern.

Ergänzende strafrechtliche Vorschriften

Strafrechtliche Risiken bestehen, wenn Räume überwacht werden, die gegen Beobachtung von außen besonders geschützt sind. Im betrieblichen Bereich wären dies zum Beispiel Toilettenkabine oder Räume zum Umziehen. In solchen Fällen kommt eine Strafbarkeit nach § 201a StGB (Verletzung des höchstpersönlichen Bereichs durch Bildaufnahmen) in Betracht.

Die Anwendbarkeit dieser Strafvorschrift hängt nicht davon ab, welche datenschutzrechtliche Vorschrift im Übrigen anwendbar ist. Entscheidend ist der in der Strafvorschrift selbst für sie definierte Anwendungsbereich.

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