Reorganisation: nach Chaos soll Handel jetzt profitieren

08.03.2001
Die Reorganisation für die Eigenmarke Videoseven (V7) ging bei Ingram Macrotron nicht unbemerkt über die Bühne: Durch den Wechsel des PC-Werks und interne Umstellungen musste der Handel zeitweise mit chaotischen Zuständen leben.

Direkt zum Jahresanfang herrschte bei Ingram Macrotron in der reorganisierten V7-Abteilung erst mal Tumult: Keine Ware auf Lager, Probleme bei Bestellungen sowie Verzögerungen bei der Auslieferung kamen beim Handel nicht gut an. "Derzeit geht es drunter und drüber: Es werden sogar PCs ohne Label rausgeschickt", wettert ein Wiederverkäufer aus Baden-Württemberg verärgert.

Gehapert hat es in erster Linie bei den V7-Rechnern. Der Grund: Seit Jahresanfang werden die PCs der Eigenmarke nicht mehr von PLG in Augsburg assembliert, sondern bei der niederländischen Frameworks, die die US-Mutter Ingram Micro 1998 von Tulip übernommen hatte.

"Es ist einiges schiefgegangen. Die Umstellung hat nicht reibungslos geklappt", gibt dann auch Robert Beck, Geschäftsführer der Ingram Macrotron Distribution GmbH und seit dem 1. Januar auch verantwortlich für die Eigenmarke V7, direkt zu (zur internen Neuaufstellung siehe Grafik).

"Die Schwierigkeiten lagen vor allem in Holland: Die SAP-Anpassung ging leider nicht ohne Schmerzen über die Bühne", erklärt Beck weiter. "Außerdem standen wir rund zehn Tage ohne Ware da, weil Intel die Preise senkte: Unsere PCs waren schneller ausverkauft als gedacht", ergänzt der Manager.

Jetzt aber sollen die Anfangsprobleme aus dem Weg geschafft sein, und der Handel von dem Wechsel der Produktionsstätte profitieren. "In Holland liegt das jährliche Volumen wesentlich höher als bei PLG in Augsburg: Frameworks produziert derzeit 300.000 Rechner im Jahr (Kapazität: eine Million PCs im Jahr). Dadurch profitieren wir auch von besseren Einkaufskonditionen, wenn es zum Beispiel um Komponentenpreise geht", erklärt Beck den Wechsel gegenüber ComputerPartner. "Die Kostenreduzierung bei Einkauf und Produktion können wir auch an unsere Partner weitergeben: Ein V7-Rechner liegt jetzt im Preis durchschnittlich zwischen zehn und 20 Prozent unter den A-Brands - damit könnten beim Händler rund 15 Prozent Marge rausspringen", ergänzt Alexander Brandl, als Senior Director verantwortlich für Computer-Systeme, Displays und den V7-Bereich. Der Broadliner hatte im vergangenen Jahr das Problem, dass die PCs der Eigenmarke im Vergleich zum Wettbewerb einfach zu teuer waren. Am jährlichen Absatz von 40.000 bis 50.000 V7-Rechnern soll sich derzeit nichts ändern. Server und Notebooks werden aber weiterhin von der PLG assembliert. "Diese beiden Bereiche sind längst nicht so preissensitiv wie das PC-Segment", sagt Beck.

Spezielle PC-Konfigurationen für Videoseven-Rechner kann der Handel auch weiterhin bestellen, allerdings ist er hier jetzt eingeschränkter als vorher. "Bei den Komponenten sichern wir zwar die verlangte technische Leistung zu, aber nicht mehr ein bestimmtes Hersteller-Produkt. Einzige Ausnahme sind weiterhin Projekte", erklärt Beck. Am 15. März soll die interne Testphase für die Configure-to-Order-Bestellungen abgeschlossen sein. "Die größten Probleme haben wir bereits im Griff", meint Brandl.

Von der Neuorientierung ist auch die Strategie für die V7-Monitore betroffen. "Unsere Displays bleiben keine reine Fachhandelsmarke mehr, wir werden jetzt auch den Retail-Kanal wie die Media-Markt-Saturn-Gruppe, Karstadt, Promarkt oder Vobis angehen. Denn nur durch die Etablierung der Marke beim Endkunden generieren wir auch Nachfrage beim Fachhändler", erklärt Beck die Neuausrichtung. Mit Wettbewerber Actebis, der diesen Schritt für seine Eigenmarke Targa bereits im vergangenen Jahr vollzog, habe das aber nichts zu tun, beteuert der Manager.

www.videoseven.de

ComputerPartner-Meinung:

Bei dem Standort-Wechsel der PC-Assemblierung von Augsburg nach Holland geht es für Ingram Macrotron vor allem um eins: wettbewerbsfähige Preisgestaltung im hartumkämpften deutschen Markt. Und das war überfällig: Als B-Brand mit Kontrahenten wie Maxdata, Peacock oder Targa waren die Produkte aus Dornach bisher einfach zu teuer. Wie der Handel nach dem Ärger im Januar und Februar die Neuausrichtung aufnimmt, bleibt abzuwarten. (ch)

Ingram Micro

USA-Markt in der Krise

Die amerikanische Mutter von Ingram Macrotron, Ingram Micro, musste ihre Gewinnerwartungen für das erste Quartal dieses Jahres kräftig herunterschrauben. Betrug das letzte Quartalsergebnis 2000 noch knappe 60 Millionen Dollar, sollen es Ende März gerade mal 22 bis 27 Millionen werden.

"Der im Dezember begonnene Rückgang der Nachfrage hat sich in den ersten zwei Monaten dieses Jahres verstärkt", begründet Ingram Micros CEO, Kent B. Foster die mageren Gewinnaussichten des Distributors. "In dieser Höhe hätte ich eine Ergebnisminderung nicht erwartet", entgegnet dem Brian Alexander von der New Yorker Investment-Firma Raymond James & Associates. So fiel der Aktienkurs des Distributors gleich um 40 Cents auf 13,80 Dollar, aber der Analyst hält nach wie vor große Stücke auf das Papier: "Es ist jetzt schon äußerst billig, viel tiefer wird es nicht herunter fallen." Seine Empfehlung lautet: kaufen. (rw)

www.ingrammicro.com;

www.raymondjames.com

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