SAP geht aggressiver in den SMB-Markt

21.05.2004
Der Softwarehersteller SAP hat die Produktverantwortung für "Business One" an Shai Agassi übertragen. Der junge Vorstand will jetzt die etablierte Konkurrenz das Fürchten lehren. Von ComputerPartner-Redakteur Eberhard Heins

"Wir werden aggressiver", erklärt Shai Agassi, Vorstandsmitglied bei SAP auf der Firmenveranstaltung SAPphire vergangene Woche in New Orleans. Wer mit Mitte dreißig in der Chefetage eines Weltkonzerns aufrückt, trödelt eben nicht herum. Und der jugendliche SAP-Vortstand lässt auch keinen Zweifel daran, dass er bei "Business One" (B1) auf die Tube drücken wird.

Release-Zyklus für B1 gekürzt

Obwohl Agassi erst seit vier Monaten die Entwicklungsverantwortung für die Mittelstandssoftware vom Vorstandskollegen Gerhard Oswald übernahm, verkürzte er bereits den Release-Zyklus (ComputerPartner 20/Seite 33). Bereits im Januar 2005 soll eine Zwischenversion der Software verfügbar sein. Das Release 8.0 war bisher erst fünf Monate später geplant. Auf das für Juli 2004 bislang als Version 6.7 angekündigte Release müssen B1-Partner und -Kunden jedoch einen Monat länger warten: Es kommt erst im August auf den Markt. Ein Monat Verspätung ist im Softwaregeschäft allerdings so gut wie pünktlich. Auch beim Namen belässt es SAP nicht. Wie ComputerPartner aus gut informierten Kreisen erfuhr, werden die nächsten Versionen die Jahreszahlen im Produktnamen tragen, also beispielsweise Business One 2004.

Umsatzzahlen für Business One will allerdings auch Agassi nicht preisgeben: "Ich bin für das Produkt, nicht für dessen Verkauf verantwortlich." Die Walldorfer haben das ERP-Paket für den unteren Mittelstand von Agassis Vater für einen mehrstelligen Millionen-Dollar-Betrag übernommen. Die bis dahin unter dem Namen "Top-Manage" angebotene Software konnte bislang aber erst an 3.000 Kunden weltweit verkauft werden. Davon befinden sich rund ein Drittel der Installationen in Israel, bestätigte Hans-Jürgen Uhink, Chef der SMB Global Field Operations bei SAP. In Deutschland gelang es den Walldorfern, über ihre Partner Business One nur an 310 Kunden zu verkaufen. Die Erwartungshaltung an das Produkt sei speziell im Heimatmarkt laut Agassi bei dessen Verfügbarkeit allerdings zu hoch gewesen. B1 könne nicht alles können was MySAP kann: "Und das soll es auch nicht." B1 sei ein einfaches Produkt, das sich an kleine Unternehmen richtet. "Wir haben den SMB-Markt nicht von Anfang an verstanden", räumt Agassi jedoch ein, fügt aber hinzu. "In den vergangenen 18 Monaten haben wir deutlich dazugelernt." Stolz ist Agassi wie auch Uhink deshalb auf das vierte Quartal des vorigen Geschäftsjahres: "Wir gewannen mehr als tausend Kunden auf der ganzen Welt."

In dem Tempo soll es jetzt auch in Deutschland weitergehen. Wie ComputerPartner aus internen Kreisen erfuhr, lautet das Lizenzumsatzziel für das neue Geschäftsjahr hier zu Lande neun Millionen Euro. Damit das gelingt, setzt SAP auch weiterhin auf seine Partner: "Sie sind essenziell wichtig, um diese Lösung in den Markt zu bringen", betont Agassi, und fügt hinzu: "Branchenlösungen spielen dabei eine wichtige Rolle."

Business One nicht für Netweaver

Obwohl Agassi auch die Entwicklung für SAPs Integrationsplattform "Netweaver" verantwortet, profitiert das in C++ programmierte Business One von der Plattformhochzeit mit Microsofts "Dotnet" nicht. "B1 ist derzeit nicht dafür vorgesehen", erklärt Henning Kagermann, CEO bei SAP. Nach Agassis Ansicht wäre das, obwohl Netweaver sein Baby ist, auch nicht gut für den Kunden: "Die meisten kleinen Unternehmen nutzen Windows als Plattform". Auch wenn Business One nicht auf Netweaver aufsetzt, lässt sich die Mittelstandssoftware über XI-Technolgie an die Enterprise-Lösungen von SAP anbinden. Dies ist allerdings in erster Linie für Konzerntöchter interessant, die beispielsweise R/3 einsetzten. Die Zurückhaltung der Walldorfer bei B1 für Netweaver könnte neben dem Lizenzpreis und dem für kleine Betriebe hohen Komplexitätsgrad allerdings auch darin begründet sein, dass die beiden Softwaregiganten im Geschäft mit Mittelstandskunden hart konkurrieren. Denn während laut SAP-Chef Kagermann IBMs Web-Services-Plattform "Websphere" weiterhin im Highend das Maß der Dinge für SAP-Anwender ist, richtet sich die Plattformintegration von Dotnet und Netweaver an den Mittelstand. Die Zusammenarbeit kommt nicht überraschend. Mehr als 40.000 SAP-Installationen laufen auf Windows - das ist mehr als auf allen anderen Betriebsystemen zusammen - und fast zwei Drittel aller neuen SAP-Lösungen werden auf Windows implementiert. "Die Partnerschaft garantiert Kunden die Zusammenarbeit unserer Lösungen", erklärt Shai Agassi. Um dies zu gewährleisten, haben die beiden Softwareriesen eine Kooperation auf allen Ebenen vereinbart. Die Einzelheiten dazu finden Sie bei computerpartner.de unter dem Stichwort SAP.

Meinung des Redakteurs

Nachdem das ERP-Paket bereits in 25 Länderversionen verfügbar ist, könnte der mit der Software quasi aufgewachsene Agassi jetzt den Funktionsvorsprung von Wettbewerbern wie Microsoft aufholen.

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