SAPs Partnernetz füllt sich nur langsam

12.09.2002

SAP wird mit seiner Mittelstandsoffensive keinen Erfolg haben. Dieser Meinung stimmten 51,4 Prozent der ComputerPartner-Leser bei einer Online-Befragung zu. Doch immerhin 43,2 Prozent sind vom Triumph der KMU-Lösung "Business One" überzeugt.

Ob die Optimisten oder die Pessimisten Recht behalten werden, hängt von der Anzahl der Vertriebspartner, die die Walldorfer unter Vertrag bekommen, und deren Qualität ab. Bisher gelang es dem ERP-Hersteller nach eigenen Angaben, zwölf Wiederverkäufer von ihrem Mittelstandsprodukt zu überzeugen. Allerdings outete die Software-Schmiede bislang nur drei. Darunter sind zwei, die bereits als Channel-Partner im SAP-Umfeld tätig sind. Nicht gerade viel, auch wenn das mit Hewlett-Packard geschlossene Vertriebsabkommen ein großes Potenzial eröffnet, das jedoch erst erschlossen werden muss. Aber vor allem im Vergleich zu den potenziellen Wettbewerbern Sage KHK und Microsoft Business Solutions bleibt die Zahl verschwindend gering: Ersterer listet allein in Deutschland 1.500 Partner auf, und die aus Great Plains und Navision entstandene Geschäftseinheit der Redmonder stellt hier zu Lande mehrere hundert Wiederverkäufer.

Masse ist nicht gleich Klasse. Aber selbst wenn nur ein Drittel von ihnen die Voraussetzungen für den Vertrieb eines Mittelstandsproduktes wie Business One erfüllen würde, sind das noch immer deutlich mehr, als SAP derzeit aufzuweisen hat.

Zeit genug, einen kraftvollen Channel aufzubauen, hätten die Walldorfer gehabt. Sie kündigten die Mittelstandsoffensive mit der Übernahme des israelischen Softwareherstellers Topmanage, dessen Produkt die Basis für Business One bildet, bereits auf der Cebit an. SAP gab der jüngsten Tochter auch eine stattliche Mitgift für die Partnerwerbung an die Hand: einen Markennamen, der im Geschäft mit betriebswirtschaftlicher Standardsoftware seinesgleichen sucht; einen Migrationspfad, der für wachsende Unternehmen aufwärts über das auf "Mysap" basierende, den gehobenen Mittelstand adressierende Softwarepaket "All-in-one" bis zu "Mysap" selbst, dem Flaggschiff der Walldorfer für Großunternehmen, führt. Umgekehrt weist der Weg zurück zu Installationen für Niederlassungen großer Companies, die ihre Anwendungsstruktur konsolidieren möchten. Dazu enthält Business One integrierte Frontoffice-Features und verfügt über "Drag-and-Relate"-Funktionalität. Die ersten Pilotkunden setzen die KMU-Lösung ein, und eine lokalisierte Version für Deutschland soll zur Systems verfügbar sein.

Dennoch bekennen sich bislang nur drei Vertriebspartner offiziell zu Business One. Woran liegt das? Die Messlatte liegt zu hoch. Eine Einstiegsgebühr von 10.000 Euro, zehn Kunden, eine minimale Preislizenz von ursprünglich 10.000 Euro, die erst jetzt auf zwei Lizenzen herabgesetzt wurde - immerhin noch 5.000 Euro -, und ein Named-User-Konzept lassen viele Aspiranten schon beim Absprung scheitern. Dazu kommt, dass SAP bislang noch nicht entschieden hat, ob die Webservices-Plattform Dotnet des Wettbewerbers Microsoft mit dessen Programmierwerkzeug Visual Studio unterstützt werden soll.

Da wird es schwer, die 250 bis Ende 2003 in Europa angepeilten Partner unter Vertrag zu bekommen. Aber woher nehmen und nicht stehlen? Auf der Sapphire in Lissabon konnte SAP trotz des von Vorstandsmitglied Gerhard Oswald angekündigten Migrationsprogrammes noch keinen von Navision oder Great Plains abgeworbenen Vertriebspartner vorweisen. Und das, obwohl gerade Great-Plains-Wiederverkäufer für das Produkt "Apertum" allen Grund zum Wechseln hätten und SAP einen perfekten Brautschauer hat. Die Leitung des europaweiten Vertriebs für SAP Business One liegt in der Hand von Jürgen Kleinsteuber. Der jetzige SAP-Manager war zuletzt bei Great Plains als Senior Vice President mit Sonderaufgaben in Vertrieb und Marketing und als CEO für Deutschland und die Schweiz tätig.

Eberhard Heins

eheins@computerpartner.de

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