Service oder Kernkompetenz: Was will der Kunde wirklich?

Bernhard Kuntz ist Inhaber der Marketing- und PR-Agentur Die PRofilBerater.

Serviceerwartung variiert

Doch wann bietet ein Unternehmen einem Kunden mehr Leistung als erwartet? Vinzenz Baldus schildert dies an einem Beispiel: Eine junge Mutter kommt nach dem Einkauf mit ihren drei Kindern in eine McDonald´s-Filiale. Sie geht zur Theke und bestellt mehrere Portionen Pommes, zwei Junior-Tüten, drei Cheeseburger und vier Getränke. Deutlich sieht man der Mutter beim Bezahlen an, dass sie überlegt: Wie soll ich die Einkaufstüten, meine Kinder und das Tablett gleichzeitig zu einem der Tische bringen? Doch Rettung naht. Eine McDonald´s-Mitarbeiterin bietet der Frau an: "Ich trage Ihnen das Tablett zum Tisch." Das ist für die junge Mutter ein "guter" Service. Warum? Kein Kunde erwartet in einem Fastfood-Restaurant, dass ihm ein Mitarbeiter das Essen an den Tisch trägt.

Anders wäre dies laut Baldus in einem normalen Restaurant. Dort hätte die junge Frau es nicht als Service empfunden, wenn der Kellner ihr das Essen zum Tisch getragen hätte. Dort wäre dieselbe Handlung für sie ein Bestandteil der offerierten Leistung gewesen. Das heißt: Was Kunden als guten Service empfinden, hängt davon ab, was sie als Kernprodukt/-leistung eines Unternehmens betrachten und welche Erwartungen sie an die Produkte und Leistungen haben.

Was folgt daraus für das Thema Serviceorientierung? Laut Sven Wulf, Geschäftsführer des IT-Dienstleisters Schneider & Wulf in Babenhausen bei Darmstadt, ist ein Unternehmen serviceorientiert, "wenn es die Erwartungen seiner Kunden nicht einmalig, sondern regelmäßig übertrifft." Das setzt voraus, dass die Verantwortlichen zunächst genau analysieren: Wer sind unsere Kunden, und welche Erwartungen haben sie an uns und unsere Leistung? Denn erst dann können sie laut Wulf alle Abläufe und Prozesse so gestalten, dass sämtliche Erwartungen ihrer Kunden erfüllt werden. Sie können darüber hinaus die Abläufe und Prozesse so gestalten, dass regelmäßig das "Mehr" produziert wird, das aus Kundensicht einen sehr guten von einem guten Dienstleister unterscheidet. Die Qualität des Services darf also laut Wulf zum Beispiel nicht abhängig davon schwanken,

- wann ein Kunde den IT-Dienstleister Schneider & Wulf kontaktiert und
- von welchem Mitarbeiter er betreut wird.

Die Servicequalität muss sozusagen garantiert sein - "selbst wenn sie in keinem Vertrag zugesichert wurde".

Auch aus folgendem Grund: Kunden gewöhnen sich schnell an jeden Service. Er wird für sie selbstverständlich - also erwarten sie ihn. Deshalb sollten Unternehmen, mahnt Wulf, regelmäßig überprüfen, ob sich die Serviceerwartungen ihrer Kunden eventuell verändert haben und ihre Abläufe und Prozesse gegebenenfalls optimieren. Sonst erlebt sich das Unternehmen irgendwann noch als serviceorientiert, obwohl es dies in der Augen seiner Kunden schon lange nicht mehr ist.

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